Schlecht verwaltet und regiert, Teil 5: Finanzen, Dietmar Strehl

25.10.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Vorab heute mal ein Quiz: Welches Bundesland beschäftigt prozentual die meisten öffentlich Bediensteten? Knallharte Zahlen dazu später im Text. Zunächst das „Pflichtprogramm“: Der Skandal um die Neu-Erhebung der Grundsteuer sprengt allmählich jede Vorstellungskraft: Nicht nur, dass die Bevölkerung die Arbeit der zuständigen Finanzbeamten m/w/d bei der Erfassung der Daten übernehmen soll. Nein, jetzt erschlägt die handwerkliche Umsetzung durch die deutsche Bürokratie den letzten Glauben an sinnvoll arbeitende Behörden.

Die ersten Bürgerinnen und Bürger, welche die Grundsteuer-Formulare ausgefüllt hatten, erhalten jetzt Bescheide mit auf den ersten Blick völlig irren Zahlen.

Heute in der Serie: Senator für Finanzen, Ressortchef Dietmar Strehl (66, Grüne).

Strehl ist ein gemütlich wirkender Mann. Sein Job ist es, zu versuchen, fast jeden von rot-grün-rot erdachten Unsinn haushaltsrechtlich in gutem Licht erscheinen zu lassen. Und manchmal abzublocken.

Dietmar Strehl war von 2011 bis 2019 als Staatsrat zweiter Mann hinter Finanzsenatorin Karoline Linnert. Als Linnert bei der Grünen Kandidaten-Aufstellung 2018 den Machtkampf gegen Maike Schaefer verlor und nach der Bürgerschaftswahl zurücktrat, nominierten ihn die Grünen als Ressortchef. Mit Zahlen hat der Mann schon länger zu tun. Unter anderem von 1996 bis 2011 als hauptamtlicher Bundesschatzmeister der Grünen. Doch Verwaltung muss(te) er lernen.

Strehl agiert überwiegend unauffällig. Furore machte er 2021, als er seinen Haushaltsentwurf für 2022/2023 mit einer Finanzierungslücke in Höhe von insgesamt 170 Millionen Euro vorlegte und empfahl, diese Lücke durch „Minderausgaben“ zu schließen. Diese Praxis wird in Bremen bereits lange geübt, aber bislang nie in diesem Umfang.

Strehl macht nahezu alles möglich, was rot-grün-rot von ihm wünscht. So den Bremen-Fonds zum Ausgleich der Corona-Auswirkungen. Mit diesem Geld (1,2 Milliarden Euro auf Pump) wurden und werden freilich auch Vorhaben finanziert, die – freundlich formuliert – mit Corona nicht zwingend zu tun hatten.

Jetzt will die Koalition Bremen erneut massiv verschulden. Bis zu sieben Milliarden Euro seien nötig, um der Klima-Katastrophe an der Weser zu entrinnen. Von einer „nachhaltigen“ Gegenwehr Strehls ist nichts bekannt. Zinsen und Tilgung – darum können sich ja mehrere künftige Generationen kümmern.

Als nächstes möchten die Linken (sind in der Koalition) happige Kredite in Höhe von 500 Millionen Euro aufnehmen, um schädliche Auswirkungen der Energiekrise auf die Bevölkerung abzuwenden. Wenigsten dort hält Strehl dagegen.

Die Schuldenmacherei der amtierenden Koalition aus SPD, Grünen und Linken ist mittlerweile so maßlos, dass Ex-Finanzsenatorin Karoline Linnert öffentlich dazu aufforderte, die Schuldenbremse nicht aus dem Blick zu verlieren. Linnert brach damit ihr sich selbst verhängtes „Schweige-Gelübde“ zu aktuellen politischen Themen.

Strehl ist als Finanzsenator auch für die Personalsteuerung des öffentlichen Dienstes zuständig. Aus nahezu allen Amtsstuben hört man ständig, dass Personalmangel herrsche. Deshalb könnten Behörden ihre Arbeit nicht oder bloß extrem zeitverzögert leisten.

Dazu ein paar Infos der Deutschen Bundesbank. Diese vergleicht regelmäßig alle Bundesländer. Im letzt verfügbaren „Monatsbericht 10/2021“ wird aufgelistet, wieviele öffentlich Bedienstete (umgerechnet in Vollzeit-Äquivalente) sich um jeweils 1.000 Bewohner der Bundesländer kümmern.

Ich zitiere (heute nur auszugsweise; später einmal ausführlicher). Demnach beschäftigt Mecklenburg-Vorpommern mit 31,9 Bediensteten pro 1.000 Einwohner die geringste Beamten-, Angestellten- und Arbeiterschar. Im Durchschnitt aller 16 Bundesländer sind es 34,7 Menschen m/w/d.

In den Stadtstaaten sind es immer mehr. Hier die Zahlen: Hamburg benötigt 39,2 Mitarbeiter je 1.000 Einwohner. In Berlin sind es bereits 41,9. Und in unserem schönen, besonderen Bremen? Wir leisten uns sage und schreibe 44,5 öffentlich Bedienstete je 1.000 Einwohner.

Da ist man als Bürger doch irgendwie überrascht, dass Bremens Verwaltung ihre Aufgaben aufgrund „Personalmangels“ nicht ordentlich wahrnehmen „kann“.

Das wirft Fragen auf: Liegt es vielleicht an mangelhafter Arbeitsorganisation? Oder an unzureichender Digitalisierung der Arbeitsabläufe? Oder an der „allumfassenden“ Mitsprache von Personalräten?

Das Thema Digitalisierung gehört ebenfalls zu Strehls Reich. Darüber müssen wir zu einem anderen Zeitpunkt schnacken. Weil a) zu umfangreich und b) zu wichtig, um hier an dieser Stelle untergepflügt zu werden.

Ja, und dann ist da aktuell die Datenerhebung zur Festsetzung der neuen Grundsteuer. Ich muss sagen, ein solch skandalöser Fall ist mir in meiner über 45-jährigen Tätigkeit als Journalist noch nicht untergekommen.

Als erstes sollten wir die Arbeit der Finanzbeamten übernehmen und alles fein säuberlich ausfüllen. Die ersten Antwortbriefe enthalten jetzt einen „Grundsteuerwert“ (basierend auf einer ominösen „Listenmiete“) von 12,46 Euro. Dieser Wert ist für alle Wohnhäuser in Bremen gleich. Egal, ob die vier Wände in Walle, Ostertor oder Oberneuland stehen.

Achtung: Die Neu-Festsetzung ist mehr-geteilt. Als erstes erfahren wir den Grundsteuerwert. Später wird man uns eine „Messzahl“ (je nach Bebauung) mitteilen; und in einem dritten Schritt einen Hebesatz. Den wird die Bürgerschaft vermutlich erst 2024 festlegen. Aus allem wird sich die neue, individuelle Grundsteuer errechnen.

Auf solch ein wahnsinniges Verfahren kann bloß die deutsche Bürokratie kommen. Das dollste: Man muss – wenn man fristgerecht agieren will – j e t z t Widerspruch gegen den Grundsteuerwert einlegen. Später geht nicht. Und das, obwohl heute aufgrund fehlendem Hebesatz kein Mensch sagen kann, wie hoch die Grundsteuer jeweils sein wird.

Noch eine „Baustelle“ des Finanzressorts: Wer auf einen Steuerbescheid (Firmen, Lohn- oder Einkommenssteuerzahler) wartet, benötigt ne Menge Geduld. Aktuell bearbeitet die Steuerbehörde Anträge von Gehaltsempfängern, die bereits im Mai/Juni abgegeben wurden.

Seltsam: Fordert die Behörde im Gegenzug Geld, werden uns „ratzfatz“ Säumniszuschläge übergedeubelt… Die Welt ist eben ungerecht.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller