Schlecht verwaltet und regiert, Teil 7: Häfen, Wissenschaft, Dr. Claudia Schilling

31.10.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Vorab ein Geständnis: Die Häfensenatorin hat bei mir ein kleines Steinchen im Brett. Ihr gehört schon deshalb ein gewisses Maß an Sympathie, weil ihr eigener SPD-Ortsverein in Bremerhaven sie bei der Kandidatenaufstellung hat durchfallen lassen. „Gewichtiges“ Argument ihrer Genossen m/w/d: Sie habe sich nicht häufig genug bei ihnen im Ortsverein blicken lassen. Ich finde: Hammer-starkes „Argument“. So ticken eben beleidigte (selbstgedachte) „Arbeitgeber“ einer Senatorin. Oder aber Strippenzieher mit Eigeninteresse waren am Werk… Übrigens: Die Frau ist aus meiner Sicht besser als ihr Ruf.

Senatorin für Wissenschaft und Häfen sowie Senatorin für Justiz und Verfassung: Dr. Claudia Schilling (54, SPD). Relativ stille, aber emsige Arbeiterin.

Hier der Versuch, Licht- und Schattenseiten aufzuzeigen. Im Sommer hat sie ein Hafen-Entwicklungskonzept 2035 vorgelegt. Finanzvolumen: 500 Millionen Euro. Die CDU findet, das sei zu wenig. Kann sein, ich vermute jedoch, dass wie in der Vergangenheit weitere Millionen durch die Privatwirtschaft dazu kommen werden.

In Schillings Zeit fallen unter anderem: Bremerhavens Containerkaje Teil 1 wird „ertüchtigt“, damit schwerere Kräne die immer größeren Schiffe abfertigen können. Der erste Kajenabschnitt ist rund 50 Jahre alt, ergo hin. Die bessere Statik wird Millionen verschlingen. Insider rechnen am Schluss aller Kajenarbeiten mit bis zu einem dreistelligen Mio-Betrag. Das Bremerhavener Columbus-Kreuzfahrt-Terminal wird erneuert und erweitert – gegen die von Schilling ausgeräumten Widerstände der Grünen.

Schilling hat jedoch auch mit Schatten zu kämpfen, für die sie freilich wenig bis nix kann. So ist das BLG-Auto-Terminal Bremerhaven „notleidend“. Dort werden aktuell bloß 1,6 statt 2,2 Millionen Autos umgeschlagen. Auffällig ist dort der ungewöhnlich hohe Krankenstand von angeblich bis zu 20 Prozent – außer an den mit Zuschlägen bezahlten Wochenenden. Nachtigall, ich hör dir trapsen.

Die Produktivität des Autoumschlags ist im Vergleich zu anderen europäischen Standorten deutlich schlechter. Kann die Senatorin aber kaum etwas machen, ist Sache der BLG. Die hat inzwischen das zuständige Vorstandsmitglied vor die Tür gesetzt. Wie immer: Im gegenseitigen Einvernehmen. Und wie immer: Solch eine Malaise wird schnell dem für den Politikbereich Verantwortlichen zugerechnet. So ungerecht sind wir Bürger.

Allerdings: Claudia Schilling sitzt (wie auch Finanzsenator Dietmar Strehl) im BLG-Aufsichtsrat. Dieses Gremium müsste dem Vorstand und dessen Vorsitzenden Frank Dreeke deutlich mehr Druck machen. Viele Probleme des Auto-Terminals sind seit dem Abschmelzen der besten Führungskräfte im wirtschaftlichen Chaos gemündet. Allein 11 Millionen Euro Verlust dieser Sparte in 2021! Vom AR-Chef (immerhin ein versierter Manager) ist dazu öffentlich ebenfalls nix wahrzunehmen.

Claudia Schilling weiter im Unglück. Ganz ohne ihr Zutun. Da sackt (dank jahrelanger Ignoranz) unter bundesweiter Bobachtung so nen oller Mohlen-Leuchtturm an der Geeste-Mündung (ist auch in Bremerhaven) in Zeitlupe weg. Zuvor gluckerte die „Seute Deern“ vor dem Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven ab. Zum Glück scheiterte das Schwachsinnsprojekt des Wiederaufbaus am Bundesrechnungshof. Die weiter bereitstehenden Bundesgelder in Höhe von rund 45 Millionen sind leider zweckgebunden, dürfen nicht — beipielsweise – in die mangelhafte Bildung umgelenkt werden.

So wird aktuell immer noch überlegt, einen Frachtseegler von „anno tobak“ für Wahnsinns-Kohle nachzubauen.

Auch wenn gedankliche Einkehr und Zurückhaltung vielleicht nicht zu Bremerhavener Standard-Tugenden gehören mag: Leute, verzichtet endlich auf die Bundeskohle! Ihr habt als neuen Besucher-Magneten die „Schulschiff Deutschland“ aus Bremen erhalten!

Ebenfalls vor Schillings Zeit wurde die Bremerhavener Drehbrücke zum Werfthafen so marode, dass sie inzwischen schlapp gemacht hat.

Als aktuell zuständige Häfensenatorin ist Schilling damit befasst, dass die bremischen Häfen (Bremerhaven und Bremen) auf dem Feld der Digitalisierung 5 bis 10 Jahre hinter dem Standard von Rotterdam und Antwerpen hinterherhinken. Dieser gutachterliche Brutal-Befund betrifft sowohl öffentliche als auch private Hafen-Anlagen. Da muss man als zuständige Ressortchefin schon über ein ordentliches Tapferkeits-Polster verfügen.

Die Häfensenatorin ist für ein weiteres Mammut-Arbeitsfeld, die Wissenschaft zuständig. Dort kann sie nur eines: verlieren. Dieser extrem teure Bereich mit Universität, Hochschulen, Forschungseinrichtungen – und jüngst bis zum Verkauf die Jacobs-Uni – kostet soviel (jährlich weit über 400 Millionen Euro), dass bei jeder Sparrunde des Senats zwangsläufig der „Rasenmäher“ des Finanzsenators vorbeikommt. Obgleich alle wissen: Dort zu sparen, ist (eigentlich) verkehrt. Weil: Wissenschaft ist mittel- und langfristig für die Zukunft der Gesellschaft entscheidend. Übrigens auch für die technologische Entwicklung der Häfen.

Für Claudia Schilling (und erst recht für Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard) bald noch schlimmer: Bremens Uni muss dringend um eine Medizinische Fakultät erweitert werden. Sonst können wir irgendwann die medizinische Versorgung wegen Fachkräftemangels (nicht nur Ärzte) hier knicken. Wegen des „gut“ angesehenen Schulwesens wird medizinischer Nachwuchs aus München, Frankfurt oder Göttingen eher nicht an die Weser streben. Sorry, ist aber so!

By the way: Leider kostet allein die Einrichtung solch eines medizinischen Studienganges mal eben schlappe 25 Millionen Euro. Später können sich die Kosten angeblich bis zu verfünffachen.

Als Justizsenatorin stand sie im Mai 2022 im Rampenlicht, als das Oberlandesgericht drei Mordverdächtige aus der U-Haft entließ, weil das Landgericht mit der Eröffnung des Verfahrens die gesetzliche Frist überschritten hatte. Schilling beugte sich nicht der Kritik des Richterbundes, es fehle an Personal. Weder LG noch OLG hätten sich vorab an die Behörde gewendet.

Liebe Leserinnen und Leser, können Sie noch, oder sind Sie ob der Aufgabenfülle des Bremerhavener Senatorin erschöpft?

Die Frau muss zusätzlich noch damit fertigwerden, dass ihr Stellvertreter im Amt (für Häfen und Wissenschaft) seit der Heirat mit der frischgebackenen Bremer Staatsministerin im Kanzleramt Sarah Ryglewski offenbar manchmal nicht so recht weiß, wohin mit seinem ganzen Selbstbewusstsein

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller