Sehr mirakulös – weniger Arbeit, höherer Gewinn oder zumindest schönere Bilanz

19.03.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Corona ist mittlerweile beim letzten Menschen verhasst. Stimmt’s, liebe Leserinnen und Leser? 

Wer sich im Zusammenhang mit Corona aber ein wenig für Zahlen interessiert, könnte zu einem völlig anderen Befund kommen. Überspitzt: Langzeit-Corona (bitte nicht mit Long-Covid verwechseln) führt für einige geradezu Richtung Vorhof des Paradieses.

Oh je, jetzt ist der Schuller dem Schwachsinn anheimgefallen…

Nein, ich lese, höre, sehe einfach bloß, was sich um mich herum zuträgt. 

Noch ein Hinweis: Wenn Sie heute bis zum Schluss durchhalten, verspreche ich Ihnen schon jetzt ein derart intensives Kopfschütteln, dass Sie  – falls vorhanden – ihre Perücke festhalten müssen. 100 Pro!

Zunächst frage ich mich aber: Wie kann es sein, dass VW im vergangenen Jahr rund 600.000 Autos weniger verkauft hat („nur“ noch 8,6 Millionen), der Umsatz indes um 12 Prozent auf 250 Milliarden Euro und der ausgewiesene Gewinn (nach Steuern) um sagenhafte 75 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro stieg. Da jubelt zwar der Aktionär, doch der arglose Bürger gerät ins Wundern.

Das gleiche Phänomen bei Mercedes: 5 Prozent weniger Autos verkauft, Gewinn verdoppelt. Mit absoluten Zahlen halte ich mich hier zurück, da die Bus- und Lkw-Sparte abgetrennt wurde.

Sind dort und in anderen Unternehmen etwa Teufelskerle (und, sorry, natürlich -kerlinnen) am Werk? Oder wie geht das?

Selbst vor Bremen macht diese merkwürdige Entwicklung nicht Halt. Hier gibt’s Bilanzen, die – hex, hex – plötzlich zumindest  freundlicher aussehen. Nehmen wir die BTAG. Kennen Sie besser als Weser-Kurier. Dort wies die Betriebs-Gesellschaft Bremer Tageszeitungen AG über viele Jahre stets bis zu zweistellige Millionen-Defizite aus. Defizit in 2019: 12,37 Millionen Euro. 2018: – 13,7 Mio. 2013: -11,37 Mio. Zum Glück gibt’s da noch die Eigentümer der BTAG – Hackmack, Meyer, KG heißt die Erbengemeinschaft. Die hat jährlich – großzügig – den Verlust übernommen. Die beiden Eigentümer-Familien Hackmack und Meyer-Nachfahren lebten und leben gleichwohl ganz gut und, wie ich höre, gerne. Zur Erklärung: Die KG (muss leider keine Zahlen veröffentlichen) „verpachtet“ offenbar die Titel Weser-Kurier und Bremer Nachrichten sowie die Immobilien (Pressehäuser) und stellte der BTAG dem Vernehmen nach auch Betriebsmittel (bislang Papier) zur Verfügung. Allerdings wurde die eigene Druckerei Ende 2020 geschlossen. 

Dies alles muss für die Zufriedenheit der Eigentümer-Familien ausgereicht haben. Für viele Jahre, sogar. Denn, mit dem Klammerbeutel gepudert sind die ja nicht – und füttern unter dem Strich defizitäre Blätter als gesellschaftliche Wohltat über Jahre durch.

Im Jahr 2020 – erstes Corona-Jahr – schrumpft das Defizit der BTAG plötzlich auf nur noch zwei Millionen Euro. Im Geschäftsbericht heißt es unter anderem: Der um 3,38 Millionen Euro geringere Personalaufwand „liegt im Wesentlichen begründet in der pandemiebedingten Kurzarbeit“. Zur Erinnerung: Die Zeitung ist auch während der Pandemie (meist dünner) erschienen, das Personal wurde offenbar gruppenweise eingesetzt und erhielt demnach zeitweise Geld auch von der Agentur für Arbeit. Also: Pandemie gleich bessere Bilanz?

Arbeitsminister Hubertus Heil hatte bekanntlich die Kurzarbeitergeld-Kanone mehrfach nachgeladen. Und der Ex-Bundesfinanzminister (und heutige Kanzler) Olaf Scholz hatte sogar seine vielzitierte „Bazooka“ (Zuschüsse, Überbrückungshilfen, Umsatz-Ausfall-Zahlungen) aus der Finanz-Kaserne geholt.

Liebe Leserinnen und Leser, ich bin froh, dass unser Staat und unsere Sozialsysteme über soviel Power verfügen, um fast alle durch die schwierige Zeit zu bringen. Wo der Spaß für mich allerdings aufhören würde, wäre dort, wo Geld „mitgenommen“ würde.

Da, wo mehr Ausgleichszahlungen flossen als eigentlich gebraucht, müssten die nach meiner (vermutlich zu altmodischen) Auffassung zurückgezahlt werden. Erinnern wir uns: VW und Mercedes (nur als Beispiele), haben zigtausend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Corona-Zeit in Kurzarbeit oder sogar ganz nach Hause geschickt. Das ganze wiederholt sich aktuell auf dramatische Weise, weil der Automobilindustrie Chips, Halbleiter und Kabelbäume fehlen. Und gemeinsam zittern Industrie und Dienstleister, dass – wer auch immer – den Energiefluss aus Russland von jetzt auf sofort stoppt.

Sind Sie noch bei mir, also: Lesen Sie noch, oder vergnügen Sie sich bereits wochenend-technisch anderweitig?

Man muss vermutlich Bilanz-Buchhalter sein, um in den Büchern betroffener Firmen Belege für meine Vermutung zu finden.

Deshalb stand ich kurzfristig in Gefahr, lauthals zu jauchzen, als ich im Rahmen meiner Recherche zum Thema Jahresbericht des Landesrechnungshofes die Kreiszeitung anschaute. Dort las ich Erstaunliches. Die Kollegen der Bremer-Kreiszeitungs-Redaktion listeten fein säuberlich auf, dass das Theater Bremen – also das große am Goetheplatz – aufgrund einer beinharten Intervention des Rechnungshofes mehrere Millionen Euro an die Stadt Bremen zurückzahlen muss. Begründung der Rechnungshof-Präsidentin: Staats-Knete und Kurzarbeitergeld zusammen gehe nicht.

Die Zeitung zitiert den Intendanten in indirekter Rede: „Demnach habe das Theater durch Kurzarbeitergeld und durch Minderausgaben (wegen Einstellung…des Spielbetriebs aufgrund der Pandemie) einen Überschuss von 8,9 Millionen Euro für die Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 erwirtschaftet. Davon seien bereits 5,1 Millionen Euro zurückgeflossen.“

So deutlich hatte ich den Zusammenhang zwischen Nicht-Arbeiten und besserer Kassenlage bislang noch nicht wahrgenommen . 

Leider sind die Rechnungshöfe der Länder nur für den öffentlichen Dienst sowie staatlich dominierte Einrichtungen zuständig. Um privatwirtschaftliche Unternehmen müsste sich Scholz’ Bazooka-Polizei kümmern. Gibt es so etwas eigentlich?

Zurück nach Bremen: Corona hält uns ja selbst noch im laufenden Jahr 2022 in Schach. Ich würde mich nicht wundern, wenn der Weser Kurier (die Betriebsgesellschaft BTAG) in 2021 nach den vielen Jahren der Dürre  – Hosianna – endlich mal wieder schwarze Zahlen ausweisen würde.

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Jetzt zum bereits von mir vollmundig angekündigten Kopfschütteln

Falls Sie noch Lust und ein wenig Zeit haben: als Goddie ein ganz anderer, echt abseitiger  Brüller aus Schilda, äh, Bremen. Dem Weser-Kurier konnte man am Freitag entnehmen, dass die Innenbehörde vom ollen Haudegen Ulrich Mäurer die Anti-Verkehrsbehörde der inzwischen offenbar unbelehrbaren Senatorin Maike Schaefer nur mit Mühe und Not von einem komplett irren Vorgehen abbringen konnte. Der Anti-Verkehrsladen wollte den Wall beim leider nun tatsächlich anstehenden Bau von Bremens überflüssigsten Radweg in Höhe des Polizeihauses für sechs Wochen lahmlegen. Mit der Folge, dass die Polizisten ihre Einsatzfahrzeuge vor dem Theatro am Goetheplatz hätten parken sollen.

Jetzt mal ganz ehrlich: Ist das noch Gaga, oder doch schon Ballaballa? Sollten sich die Vordenker der Anti-Verkehrsbehörde vielleicht mal behandeln lassen? Ich mach mir allmählich ernsthaft Sorgen!

Bleiben Sie bitte trotzdem munter!

Herzlichst

Ihr as

Axel Schuller