Vernichtender Rechnungshofbericht – dürfen wir Bürger uns jetzt auch schludrig verhalten?

13.04.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Liebe Leserinnen und Leser, ja ich weiß, einige von Ihnen befinden sich – neudeutsch ausgedrückt – im Urlaubsmodus. Mal sehen, ob es mir trotzdem gelingt, Ihre Aufmerksamkeit zu erheischen. Es geht um ein Thema, bei dem viele möglicherweise denken: Na ja, ist schon krass, heftig, unterirdisch – oder was auch immer – letzten Endes geht es um den Umgang mit unser aller Geld. Und um das wichtige Thema Gerechtigkeit.

Damit Sie trotz möglichen Urlaubs bei mir bleiben, drehe ich das Thema mal um:

Denken Sie ungeachtet des – natürlich – „guten Buches“, das Sie gerade am Wickel haben, mal ans Finanzamt.

Hab ich’s doch gewusst: Bei dem Wort mit dem großen F am Anfang kommt bei Ihnen Schwung in die Bude. Ja, das liebe Finanzamt. Es sammelt letztlich für den Staat (also uns alle) die vom Gesetzgeber beschlossenen Steuern ein. 

Dabei geht die Behörde zuweilen auch ruppig vor. Wehe man vergisst, Einnahmen zu versteuern oder die Vorauszahlung pünktlich zu leisten. Zack, dann hagelt’s Mahngebühren, Strafen, bei Verzug auch noch Zinsen, die wir Normalbürger bei der Sparkasse für Guthaben nie kriegen würden.

Geht’s sogar um eine Betriebsprüfung, dann oje, dann treten die Damen und Herren teilweise erbarmungslos auf. Wenn man da nicht jeden einzelnen Euro-Betrag fürs Geschäft als unabdingbare Ausgabe  nachweisen kann, wird’s ungemütlich.

Was haben wir miteinander bloß für ein Glück, dass ich kostenfrei für Sie, liebe Leserinnen und Leser, schreibe. Erstens für Sie, zweitens aber auch für mich. So muss ich dem Finanzamt nullkommanull melden. :-))

So, den langen Arm des Finanzamtes mit dem manchmal gnadenlosen und festen Griff habe ich wohl hinreichend beschrieben. Schon etwas anders sieht die Welt aus, wenn das Finanzamt zu viel eingezogen hat und Geld herausrücken muss. Das kann schon mal Monate dauern und Zinsen – so gut wie Pustekuchen.

Nun – selbst nach dem zweiten Caipi aufgepasst – begeben wir uns gedanklich mal auf die Ebene des Staates. Wie der so mit unserem Geld umgeht. Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, das genauer wissen wollen, schauen Sie mal – als Bremer beispielsweise – in die Jahresberichte des Landesrechnungshofes. Ich verspreche Ihnen: Da können Sie alles empfinden – von Fassungslosigkeit über Ungläubigkeit bis hin zu Anwandlungen von Wut.

Rechnungshofpräsidentin Bettina Sokol und ihr Team tragen jährlich Missetaten und Missstände der öffentlichen Verwaltung in unglaublicher Fülle zusammen. Jüngst stellte Frau Sokol fest, ich zitiere aus Original-Unterlagen der obersten Kontrollbehörde:

„Die festzustellenden Fehler und Rechtsverstöße bei der Leistung öffentlicher Fördermittel werden nicht weniger, sie nehmen Jahr für Jahr leider eher noch zu.“ 

Erklärend fügte sie hinzu: „Vorschriften einzuhalten ist kein Selbstzweck, sondern der Garant für einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Haushaltsmitteln.“ Gut gebrüllt, „Löwin“. 

Und weiter heißt es: „Bremen gibt jährlich mehr als 500 Millionen Euro aus, um Einrichtungen und Projekte finanziell zu fördern. … Um der Verantwortung dafür gerecht zu werden, ist es umso notwendiger, dass die Verwaltung sorgfältig auf eine ordnungsgemäße Mittelvergabe und Mittelverwendung achtet. Daran mangelt es aber bedauerlicherweise viel zu oft.“ 

Bettina Sokol wird noch deutlicher: „So werden Anträge ohne vollständige Unterlagen bewilligt und Zuwendungen trotz vorhandener Eigenmittel über den eigentlichen Bedarf gewährt oder es kommt sogar zu einer Doppelförderung. Auf die Vorlage schriftlicher Unterlagen wird teilweise ebenso verzichtet wie auf vollständige Nachweise der zweckentsprechenden Mittelverwendung.“ …  „Mehr oder weniger schwerwiegende Mängel sind grundsätzlich bei so gut wie allen Ressorts zu verzeichnen…“

Wow. Stellen Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich einmal – nur ganz kurz – vor, Sie würden in ihrer Firma so arbeiten, wie der Rechnungshof zunehmende Behörden-Praxis des rot-grün-roten Senats beschreibt…

Vermutlich könnten Sie gar nicht lange drüber nachdenken, weil Sie zumindest eine fette Abmahnung auf Ihrem Platz vorfänden.

Wenn die Politik eine derartige schludrige Arbeit der ihr unterstellten Verwaltung und Eigenbetrieben der Stadt und des Landes duldetverwundert es umso mehr, dass wir vom Staat ganz anders, nämlich konsequent rangenommen werden. Ein Wort fällt mir im Zusammenhang mit diesem Vergleich von einerseits Forderungen des Staates an uns und andererseits Ansprüchen der Exekutive an die Verwaltung grad nicht ein… Ach ja, doch – das lautet Gerechtigkeit.  

Und was geschieht jetzt mit dem Grusel-Katalog des Rechnungshofes, herausgegeben am 10. März 2022? Der parlamentarische Rechnungsprüfungsausschuss wird sich vermutlich erst im November dieses Jahres damit beschäftigen. Irre, ne? Das brisante Papier wird erst einmal geschlagene acht Monate lang im Parlament beguckt, getätschelt und gegossen – was? Im November endlich wird es dann im zuständigen Ausschuss beraten. Mal sehen, ob dann bloß die Opposition Konsequenzen aus den Feststellungen der obersten Rechnungsprüfer verlangt. Oder ob die Koalitionsfraktionen von SPD, Grüne und Linken daraus Folgen ableiten, um die von ihnen zu verantwortende Verwaltung auf Vordermann zu bringen.

Offen gesagt, liebe Leserinnen und Leser, meine Vorahnung sagt mir: Die Parlamentarier werden darüber sprechen. Und anschließend wandert der besorgniserregende Bericht vermutlich zu den vielen Vorgänger-Papieren der vergangenen -zig Jahre ins Archiv. Und nix wird sich ändern. 

Leider! Dieses Herumschludern der Verwaltungen kostet nämlich unser aller (Steuer-)Geld.

Bleiben Sie (trotzdem) munter!

Herzlichst

Ihr as

Axel Schuller