Klimakrise – Kirche ins Dorf zurückholen – Teil 1

29.12.2021 Aus Von ED-as_Blog-17

Gestern musste ich an mich halten. Ehrlich. Fiel mir auch ein bisschen schwer. 

Vorweg: Ja, auch ich bin dafür, dass der Klimawandel bekämpft wird. Also, dass wir alle mehr darauf achten, was wir tun. 

Man muss nicht mit dem Auto zum Bäcker kutschieren, kann auch mal ohne Flugzeug in den Urlaub und mit dem Fahrrad in die Stadt fahren. Außerdem müssen Häuser gedämmt und Heizungen erneuert werden. Okay. Vorausgesetzt, man kann’s sich leisten

 

Als ich die Beilage des „Energiekonsens“ – gefördert von der Grünen  Umweltschutzsenatorin Dr. Maike Schaefer (Weser-Kurier vom 28.Dezember 2021) in den Händen hielt, dachte ich zunächst: Dafür sind Bäume gefällt worden, vermutlich war’s arg teuer, dient im Zweifel der Selbstbeweihräucherung der Bremer Klimapolitik. 

In diese Richtung ging es auch. Zunächst wurde ich als Leser euphorisch „begrüßt“: „Bis 2038 sollen die Treibhausgas-Emissionen Bremens im Vergleich zu 1990 um 95 Prozent gesunken sein…. Damit setzt sich Bremen an die Spitze der Klimaschutzbemühungen in Deutschland.“ 

In der bezahlten Werbe-Beilage werde ich dann unter anderem „aufgeklärt“, dass im Land Bremen jährlich aktuell nahezu 11 Millionen Tonnen Kohlendioxyd (CO2) ausgestoßen werden. Und wenn man einen Radiowecker rund um die Uhr am Stromnetz hängen lasse (ihn aber bloß morgens eine halbe Stunde lang nutze), verursache dies 22 Gramm CO2. Sowie: Wenn man die elektrische Zahnbürste nutzt, „erzeugt“ man „knapp“ 48 Gramm CO2. 

Nur so nebenbei: Der „Energiekonsens“ befindet sich mehrheitlich in städtischer Hand, also zahlen wir alle für den gedruckten Erkenntnisgewinn. Die Beilage im WK fußt auf dem Abschlussbericht der Enquetekommission der Bremischen Bürgerschaft. Darin wird nicht nur gefordert, dass wir alle bis 2030 (ab jetzt gerechnet in acht Jahren) 50 Prozent weniger Fleisch essen sollen/dürfen. Bis dahin müssen bei öffentlichen Veranstaltungen 25 Prozent alle Speisen vegan/rein vegetarisch sein. Wir lernen: Der Grundsatz Nachfrage bestimmt das Angebot wird umgedreht – sofern wir uns das wirklich gefallen lassen. 

Wer sich mehr für die Fortbewegung interessiert, wird auf den 370 Seiten (nachlesbar auf www.bremische-buergerschaft.de, Abschlussbericht der Klima-Enquete-Kommission) auch fündig. Und wie! Die Zahl der Autos soll von jetzt 437 pro 1.000 Bremer Einwohner auf 300 in 2030 sinken, und 2038 dürfen’s nur noch 150 sein. 

Um das hinzukriegen werden Bewohner-Parkplätze für 365 Euro/Jahr in 2030 eingerichtet. Hey, Dauer-Parkplatz-Suchende nicht zu früh gefreut: Man zahlt, erhält aber keine Parkplatzgarantie. Eine Citymaut ist auch im Gespräch. 

Die Enquete-Kommission (Bremer Politiker aller Parteien und Wissenschaftler) empfiehlt, alle Pkw-Fahrten um 50 Prozent zu reduzieren. 

Darauf, dass dies nur eines, nämlich unrealistisch, ist, hat dankenswerterweise die SPD in einem Sondervotum hingewiesen. Denn, 72 Prozent aller Einpendler nach Bremen (die hier überwiegend arbeiten, mithin Bruttosozialprodukt schaffen) kommen mit dem Auto

Und bevor jetzt Grüne, Linke und neuerdings offenbar auch CDU und FDP auf Amsterdam und Kopenhagen hinweisen, wo „alle“ Rad fahren, ein klitzekleiner Hinweis: Die Stadt Bremen ist nahezu (rd.) 60 Kilometer lang

 

Wer jetzt noch ein paar Zahlen vertragen kann: Das Land Bremen will bis 2038 den größten Teil von nahezu 11 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Bremens Haupt-CO2-Quellen sind: Stromerzeugung (42 Prozent), Stahlwerk (34 %), Verkehr (9%), Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (9%) – laut vorliegender Statistik aus 2018. 

Da kann man Bremen mit veganer Kost und Halbierung des Autoverkehrs klimatisch tüchtig auf Vordermann bringen. 

Die angestrebte Umstellung des Stahlwerks auf Wasserstoff bringt über ein Drittel Ersparnis, die geplante Abschaltung der swb-Kohlekraftwerke in Bremen noch mehr

 

Immer noch nicht genug erfahren, um die Kirche ins Dorf zurück zu holen? 

China hat in 2019 rund 11.535 Millionen Tonnen CO2 in (also schlappe 11,5 Milliarden Tonnen) in die Umwelt geblasen. Das sind 30,3 Prozenaller CO2-Emissionen auf der Welt – und 380 Prozent mehr als 1990. 

Danach folgen die USA mit 13,4 % aller CO2-Emissionen, Indien (6,8 %)Russland (4,7 %) und Japan (3,0 %)

Dann erscheint eine der größten Industrie-Nationen der WeltDeutschland, auf der Statistik-Bildfläche1,8 Prozent aller CO2-Emissionen weltweit. Das sind 702 Millionen Tonnen. Übrigens 31 Prozent weniger als noch im Jahr 1990. 

 

Ich gelobe, den Bremer Energiekonsens ab sofort nach Kräften zu unterstützen. Ich nutze keine elektrische Zahnbürste mehr. Das spart morgens und abends jeweils „knapp“ 48 Gramm CO2 – mein Zahnarzt wird sich vermutlich freuen…