“Übergewinnsteuer” – unglaublich viel Wind und vermutlich keine Folgen in der Realität

16.06.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Herrgottsack noch ä mol“ – liebe norddeutsche Leserinnen und Leser, keine Bange! Es geht heute nicht badisch weiter, aber: Gerade noch ein paar Stunden in Deutsch-Süd-West, wie ich immer die badische Heimat meiner Frau verulke, und ich denke: Das kann doch nicht wahr sein. Auf Antrag von SPD, Grünen und Linken hat sich die Bremische Bürgerschaft jetzt  ernsthaft mit der Übergewinnsteuer für – ja für wen eigentlich? – beschäftigt. Und das, nachdem der Senat bereits vorige Woche eine entsprechende Initiative im Bundesrat gestartet hatte (Wofür bitte die Aktuelle Stunde in der Bürgerschaft, wenn die Regierung bereits aktiv geworden ist?). Welche Sonder-Profiteure sollen denn neben der Mineralölindustrie mit der Sondersteuer erfasst werden? Waffen-Hersteller, Übergewinnler wie zurzeit Siemens, oder wer? 

Was ist von alledem zu halten? Ich hoffe, ich kann Ihnen im Folgenden ein paar Fakten an die Hand geben, damit Sie nicht umgehend der Bremer Populär-Politik der rot-grün-roten Regierung erliegen.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) war kürzlich als Ideengeber der sogenannten Übergewinnsteuer an die Bühnenrampe getreten. Geniale Aktion: Bundesweit sprangen alle Medien und viele Politiker auf das Thema an. Ist ja auch riesig ungerecht: Die Bundesregierung beschließt, den Mineralölkonzernen drei Monate lang 30 Cent pro Liter verkauftem Sprit von der anfallenden Steuer zu erlassen, damit die Autofahrer in der Folge beim Tanken um genau diese Beträge entlastet werden. Das haben die üblen Konzerne aber nicht gemacht. Die Bösen haben an den meisten bisherigen Geltungstagen weniger als die 30 Cent pro Liter erlassen.

Vorab: Wie naiv kann sich eine Bundesregierung eigentlich noch anstellen? Selbst wenn die Konzerne jetzt die vollen Beträge erlassen (und sich vom Bund erstatten!) ließen, wäre es noch immer ein blendendes Geschäft für sie. Die Multis hatten früh von den Regierungsüberlegungen Wind bekommen und ihre Preise bereits frühzeitig in die Höhe geschraubt. Das sehr lesenswerte Portal „Media Pioneer“ hat beobachtet: Die Spritpreise waren von 1,70 Euro zu Jahresanfang bis auf 2,50 Euro kurz vor Beginn des „Tankrabatts“ am 1. Juni gestiegen. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem das Bundeskartellamt bereits feststellte: „Wir sehen seit Monaten eine Entkopplung von Rohölpreis und Raffinerie- beziehungsweise Tankstellenpreis.“

Man kann es auch anders sagen: Die Multis haben bereits seit Jahresbeginn Sonderprofite eingefahren und sich ein Riesen-Polster angelegt.

So, dies zur Ausgangsbasis. Und dann kam unsere Bundesregierung vermutlich aufgrund göttlicher Eingebung auf die Idee, die Bürger drei Monate lang um 30 Cent pro Liter zu „entlasten“. Die Kosten in Höhe von etwa DREI MILLIARDEN Euro tragen die Regierenden. Haha! Nein, die Zeche übernehmen alle Steuerzahler und Steuerzahlerinnen.

Und unsere Bremer Rot-Grün-Roten verfielen jetzt auf die wunderbare Idee, die Multis mit einer Sondersteuer zu bestrafen. Die müssten für ihre „Übergewinne“ zahlen.

Wie werden diese Übergewinne rechtssicher berechnet? Und wo? In Deutschland, wo die Multis einen Mini-Bruchteil ihrer Umsätze und Gewinne versteuern? Große Konzerne wie Esso machen in Germanien keine übermäßigen Gewinne, weil die in Deutschland registrierten Vertriebsfirmen teuer bei der Mutter in Ami-Land einkaufen müssen. Ein großer Batzen – wie von Shell – wird im EU-Ausland, jedenfalls nicht in Deutschland „versteuert“. Und was machen die Finanzämter, wenn Konzerne wie Shell ihre Verluste in Höhe von angeblich fünf Milliarden Euro durch aktuelle Abschreibungen in Russland dagegenrechnen? Ist der deutsche Fiskus dann auch für eine „Untergewinnsteuer“ zuständig?

Das ganze Übel ist aus meiner Sicht durch zwei Maßnahmen zu bekämpfen: Das Kartellamt muss in derart konzentrierten Branchen wie der Mineralölkonzerne in die Lage versetzt werden, preis-“bewachend” tätig zu sein. 

Außerdem haben wir wahrlich eine Bundesregierung verdient, die auf einen solchen Unsinn wie Tankrabatte (übrigens von der FDP angezettelt) verzichtet. Wenn die Regierung die Menschen schon von den irre gestiegenen Energie-Preisen für Gas, Öl, Sprit und Strom entlasten will, dann bitte so, dass alle etwas davon haben. Zum Beispiel auch Rentner und Studies. Die schauen beim Energiegeld nämlich noch immer in die (leere) Röhre. Ach ja, um den Kampf gegen die Inflation könnten sich die Herrschaften allmählich auch gerne mal kümmern – und der EZB Beine machen.

Der Tankrabatt jedenfalls gehört wegen Naivität der Regierenden zu verboten

Bürgermeister Andreas Bovenschulte kann sich den Coup ans Revers heften, eine bundesweite Debatte entfesselt zu haben. Inhaltlich wird die Initiative meiner Ansicht nach nix bringen. Selbst wenn die „Übergewinnsteuer“ eingeführt würde, gäben sich die jetzt schon frech-dreist agierenden Multis damit bestimmt nicht zufrieden. Deren Juristen fänden garantiert einen Weg, sich das vom Staat eingezogene Geld notfalls auf Umwegen in zeitlichem Abstand wieder bei uns, den Verbrauchern, zurückholen.

Liebe Leserinnen und Leser, sorry dass ich mich jetzt doch mal wieder ein Stück weit auf Bundesterrain begeben habe. Aber die staatliche Heuchelei und vor allem die Unbeholfenheit geht mir einfach auf den Zeiger!

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Und nun muss ich noch ein Stück weit Abbitte leisten: Im vorigen Blog-Stück hatte ich Bremen zu Posemuckel erklärt und Bürgermeister Andreas Bovenschulte vorgehalten, er hätte endlich mal Führungskraft beweisen sollen. Durch ein „Ja“ zum „Bundeswehr-Sondervermögen“ im Bundesrat. Notfalls auch gegen seine Linken-Koalitionäre. Dies hätte, so haben mich Juristen aufgeklärt, keine Bremer Ja-Stimmen für das „Sondervermögen“ gebracht, sondern einfach – keine

Offen gesagt: Ich trage das Grundgesetz nicht ständig um den Hals. Dieses sieht aber – laut Auslegung des Bundesverfassungsgerichtes – eine gesplittete Stimmabgabe eines Landes  nicht vor. Soweit das Rechtliche.

Politisch, meine ich freilich weiterhin, hätte es schon gelohnt, die Linken vorab in Bremen in die Schranken zu weisen. Auch, wenn der Koa-Vertrag das am Ende gewählte Verfahren vorsieht, dass alle mit Enthaltung kuschen, sobald einer der Partner sein Veto einlegt. Bremen hat die Enthaltung in der bundesweiten Wahrnehmung nicht zum Ruhm gereicht.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr as

Axel Schuller