Heizen bis der Notarzt kommt – Arbeitsverweigerung der Behörde

15.09.2022 Aus Von Axel Schuller

Dürfen Empfänger von Hilfsleistungen (Hartz IV sowie Arbeitslosengeld) widerstandslos heizen „bis der Notarzt kommt“ – ohne Rücksicht auf die Kosten? Äußerungen der Bremer Sozialbehörde erwecken diesen Eindruck. Und Stellungnahmen von den Linken und der SPD zu diesem Thema lassen nicht nur Schlimmes befürchten. Sondern darin blitzt eine unglaubliche Sozialromantik auf. Lesen Sie weiter.

Ich will mich ja nicht zu häufig empören. Aber die Lektüre der Tageszeitung (WK) ließ mich jüngst einmal mehr rat- und fassungslos zurück. Da beschrieb der Kollege ein Thema von größter sozialer Sprengkraft. Doch für die Einordnung – Kommentar genannt – fehlten ihm Zeit, Kraft, eigene Sicht. Ich weiß es nicht.

Die Fakten sind ziemlich schnell erzählt. Kommt die Sozialbehörde für Miete und Nebenkosten von Arbeits- und Mittellosen auf, dann gibt es aktuell keine Restriktionen, ob und wie diese Menschen mit dem zunehmend knappen und teuren Gut „Wärme“ umgehen sollten/müssten. Die Sozialbehörde meldet sich bei diesen Leistungsempfängern nicht einmal.

Laut Sozialgesetzbuch trägt der Staat Heizkosten Bedürftiger „soweit diese angemessen sind“. Für diese Definition wird ein bundesweiter „Heizspiegel“ herangezogen, wonach der Gasverbrauch für Heizung und Warmwasser bei 231 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche liegt. Dies würde bei einer 30-Quadratmeter-Unterkunft im Jahr bis zu sage und schreibe 6.930 Kilowattstunden Energie bedeuten. Der bundesweit durchschnittliche Verbrauch aller Wohnungen liegt (auf 30 qm umgerechnet) bei 4.200 KW/h.

Die „Mörder-Differenz“ können Sie, liebe Leserinnen und Leser selbst leicht ausrechnen. Das für mich Empörende: Die Sozialbehörde schickt „Vielverbrauchern“ laut WK k e i n e „Senkungsaufforderungen“ zu.

Ich empfinde dies als Arbeitsverweigerung der Behörde!

Unterstützt wird das Sozialressort von Anja Stahmann (Grüne) in dieser „Haltung“ von den Regierungsparteien Linken und SPD.

Die sozialpolitische Sprecherin der SPD erklärte dem WK: „Wir werden jetzt ganz bestimmt nicht bei denjenigen, die jeden Tag jeden Cent dreimal umdrehen müssen, anfangen, mit Sanktionen daherzukommen.“

Den Vogel schießt die Linken-Fraktionsvorsitzende ab. „Jetzt bei diesen Leistungsbeziehern die Daumenschrauben anzuziehen, ist der falsche Weg.“ Diese Menschen müssten schließlich „in schlecht gedämmten Wohnungen mit veralteten Heizungen leben“ (zitiert der WK die Politikerin). Und hätten es deshalb schwer, beim Heizen zu sparen.

Leute, mir kommen die Tränen. Allerdings ob dieser sozialromantischen Anwandlungen. Ich mache mich auf die Suche nach Fakten.

Das Problem: Es gibt keinen Vermieter, der mir a) sagt, wie groß der Anteil der Stützebezieher an den Mietern ist. Und b) will sich erst recht niemand öffentlich zu dem brisanten Thema äußern. Schließlich schiebt die Sprachpolizei einen ja fix in die rechte Ecke.

Meine Fakten-Sammlung: Gewoba (42.400 Wohnungen im Bestand), Vonovia (11.100) und Brebau (5.800) verfügen zusammen über 59.300 Wohnungen. Kenner der Bremer Wohnungsszene rechnen mir vor, dass mindestens 25 Prozent an Menschen vermietet sind, die Hartz IV (demnächst Bürgergeld) beziehen. Die Zahl ist Vermietern bekannt, weil Miete und Heizkosten in diesen Fälle direkt vom Staat überwiesen werden. Dazu kommen Bezieher von Niedrigsteinkommen, die Miete und Nebenkosten nach Erhalt von der Behörde selbst überweisen. Kenner schätzen diesen Anteil nochmal auf rund 25 Prozent der Kunden jener drei Groß-Vermieter.

Addieren wir also die Hälfte der Wohnungen der drei „Großen“, kommen wir auf fast 30.000 Wohnungen. Zum Vergleich: In Bremen gibt es 17.700 Langzeitarbeitslose.

Und wohnen diese Menschen tatsächlich – wie von den Linken behauptet – in „schlecht gedämmten Wohnungen mit alten Heizungen“ Ernsthaft?

Die Gewoba erklärt auf Nachfrage: „81 Prozent unseres Bestandes ist vollständig gedämmt.“ Brebau und Vonovia haben keine Zahlen parat. Branchenkenner schätzen, dass aber auch diese beiden in Richtung 80 Prozent marschieren.

Noch einmal: Wie können die Linken da etwas von den Armen der Ärmsten vorheulen, die in ungedämmten Wohnungen leben müssen?

Ja, es gibt auch Privatvermieter, die nahezu jedes Loch an „Leistungsbezieher“ vermieten. Regelrecht ein Geschäft daraus machen, die Ärmsten (am Ende aber: uns Beitrags- und Steuerzahler) abzocken.

Die Gewoba schickt in diesen Tagen Briefe an a l l e Mieter, doch bitte mit der Energie hauszuhalten. Und sie bietet zugleich kostenlose Energieberatung durch Experten an. Mein Fazit: Die städtische Wohnungsgesellschaft macht ihren Job gut. Die Sozialbehörde nicht!

Dabei werden sich speziell die Heizkosten noch zum gesellschaftlichen Sprengstoff entwickeln. „Heizfreudige“ Leistungsbezieher werden in Bremen offensichtlich nicht behelligt. Die Kosten müssen Beitrags- und Steuerzahler tragen. Darunter vermutlich auch Menschen, die z.B. im Alter allein in ihren zu großen und auch älteren Häusern leben. Also Eigentum, aber nicht unbedingt liquide Mittel haben, um im kommenden Jahr ihre Heizkosten zu bezahlen.

Wie werden die Sozialpolitiker der rot-grün-roten Landesregierung diesen Selbstzahlern, die in Not geraten werden, begegnen? Auch mit Heidschi-Bum-Beitschi?

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller