Schlecht verwaltet und regiert, Teil 2: Soziales, Anja Stahmann

13.10.2022 Aus Von Axel Schuller

So, heute geht’s in der Kurz-Serie „schlecht verwaltet und regiert“ um die Behörde von Anja Stahmann. In diesem Ressort „brennt“ es ebenfalls an allen Ecken und Enden. Die Stichwörter: Minderjährige Flüchtlinge, selbstgemachtes Führungschaos im Martinshof, Personal-Flucht bei der Bäder-Gesellschaft, Asyl für alle Klima-Flüchtlinge.

Senatsressort für Soziales und Sport, Senatorin Anja Stahmann (55, Grüne): Die Bremerhavenerin Stahmann macht gerne auf “Landesmuddi”, genießt in ihrer Behörde den sagenhaften Ruf der empathischen, zugewandten Chefin. Ja, sie ist wirklich eine freundliche Frau, die sich gerne in kleinen Zeichnungen mitteilt. Und Menschen auf ihrem Facebook-Account auch an Persönlichem und ihrer Katzen-Liebe teilhaben lässt.

Aber: Anja Stahmann (übrigens seit bereits elf Jahren Ressortchefin Soziales) brockt Bremen leider auch selbstgemachte Krisen ein. Dass wir im September mehrere hundert unbegleitete jugendliche Flüchtlinge in der Stadt haben, ist auch auf die Senatorin persönlich zurückzuführen. Sie hat in 2020 mal einfach verfügt, dass minderjährige Flüchtlinge nicht gegen deren Willen nach dem bundesweit geltenden Schlüssel auf andere Bundesländer verteilt werden. Sondern „wegen Corona“ hier blieben dürfen. Obwohl für diese ganz speziellen Flüchtlinge weder ausreichend Räume geschweige denn Betreuungspersonal vorhanden sind. Und die Schulen mit Kindern nicht klarkommen, die teilweise nicht lesen und schreiben können.

Ende September 2022, hat Stahmann gemerkt, dass dieses Chaos Bremen über den Kopf wächst. Jetzt mietet sie bis 2027 mal wieder ein Hotel für zwei Millionen Euro an, um die Kinder von der Straße zu kriegen. Betreuer hat sie deshalb aber immer noch nicht.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Leserbrief des Ex-Sozialstaatsrates Dr. Hans-Christoph Hoppensack (SPD). Er schrieb im Weser-Kurier, Bremen betreue etwa 800 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit einem Kostenaufwand von rund 40 Millionen Euro. Damit versorge Bremen 550 dieser Kinder über sein Soll. Für diesen, so Hoppensack, Mehr-Aufwand von 27,5 Millionen Euro gebe es „keine rechtliche Verpflichtung“ – während hingegen an „anderen Stellen Geld auch für Pflichtprogramme fehlt“.

Hoppensack wundert sich darüber, dass sich der Staatsanwalt dafür offenbar nicht interessiere. Nach Auffassung des Ex-Sozialstaatsrates droht Amtspersonen, die von Steuerzahlern anvertraute Vermögenswerte (wie Steuergelder) nicht pflichtgemäß betreuen, „Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren“.

Hammer, oder!?

Stahmanns „Schuld-Kataster“ reicht bis zu den Sportvereinen, für die sie auch zuständig ist. Denen hat sie in der Vergangenheit Sporthallen für die Flüchtlings-Unterbringung weggenommen – und dies droht im weiteren Verlauf des Jahres erneut.

Die „liebe Anja“ – wie sie von Politikern und Mitarbeitern gern genannt wird – ist bestimmt ein guter Mensch mit vermutlich vielen guten Absichten. Aber – das reicht nicht. Ihre Mitarbeiter m/w versuchen, alle Flüchtlinge bestmöglich zu behandeln, verlieren dabei aber offenbar die Interessen der Bremer Ureinwohner aus dem Blick. Davor hat jetzt sogar der Weser-Kurier gewarnt.

Völlig unverständlich ist Stahmanns Appell in der Integrationsministerkonferenz, künftig doch allen vor der Klimakrise Flüchtenden Asyl zu gewähren. Und das ohne Rückkoppelung im Senat. Seltsam: Darüber regte sich in Bremen niemand auf. Ach ja, die Anja hat halt ein großes Herz… hörte ich im März ’22 häufiger. Kann sein, kostet ja auch nicht ihr eigenes Geld

Anja Stahmann kann nicht froh darüber sein, dass Bremen seit vielen Jahren als „Hochburg“ der Armut gilt. Was unternimmt ihr Ressort dagegen?

Arbeiten (beispielsweise) das Sozial-, das Arbeits-, das Bildungsressort ausreichend zusammen, um diesen für die Allgemeinheit unglaublich teuren Zustand zu ändern? Ich fürchte: Nein.

Unentwegt finden ganz viele und ganz wichtige Konferenzen vieler Ressortvertreter statt. Die nehmen sich dabei ganz viel vor. Und anschließend muddelt jeder weiter vor sich hin.

Fakt ist: Das Sozialressort ist beim Kampf speziell gegen die Kinderarmut nicht weiter gekommen. Auch zementiert sich in Bremen eine Gruppe von rund 17.000 Langzeitarbeitslosen.

Wann, endlich, setzt das Sozialressort auf fördern und fordern? Wer Geld vom Staat erhält, sollte dafür auch etwas zurückgeben – sofern er/sie dazu körperlich in der Lage ist.

Der Weggang des neuen Chefs vom – nach einer Durstphase – wieder erfolgreichen Martinshof (Werkstatt Bremen) geht ebenfalls auf das Konto von Stahmanns Behörde. Den personellen Aderlass ihrer städtischen Bremer Bäder GmbH will sie jetzt endlich nach jahrelangem Zuwarten extern begutachten lassen.

Und wenn es um Hartz-4-Empfänger geht, dann, ja dann stolpert ihre Behörde über die eigene Ideologie.

Nein, die Ärmsten der Armen könne man, auch in Zeiten brutal steigender Energiepreise, nicht auffordern, beim Heizen zu sparen.

Was ist das bloß für eine seltsame, für Otto-Normal nicht nachvollziehbare, Sichtweise?

Vermutlich muss die Zahl der Nicht- und/oder Extrem-Wähler im Mai 2023 erst heftig ansteigen, damit bei Soziales das Großreinemachen im eigenen Kopf beginnt.

Anja Stahmann ist seit 2019 auch für den Sport zuständig. Die Reibungsflächen mit den Vereinen haben sie und ihr Staatsrat verkleinert. Speziell die offenbar unkomplizierte Hilfe in der Corona-Pandemie und auch jetzt in der Energiekrise hat Stahmanns Ansehen in Vereinen gesteigert.

Fazit: Die im Sozialressort Beschäftigten sind wahrscheinlich täglich mit knallharten Realitäten gesellschaftlicher Mängel konfrontiert – und dennoch ist dort noch viel – provokant formuliert – Sozialromantik anzutreffen. Das hängt auch mit der Ressortchefin zusammen, die ja die Richtung vorgibt.

Liebe Leserinnen und Leser, die Serie wird fortgesetzt. Das Thema „Bildung“ – oder was man in Bremen dafür hält – ist voraussichtlich der dritte „Brennpunkt“.

Munter bleiben!

Herzlichst Ihr

Axel Schuller