Zwischenruf: Chef der deutschen Zeitungsverleger fordert „faire Presseförderung“

20.04.2025 6 Von ED-as_Blog-17

Achtung, schon wieder eine Neuerung im Blog: Heute wirbt Matthias Ditzen-Blanke (50) für die Förderung von Zeitungen und für den Erhalt der freien Presse. Ditzen-Blanke ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie Verleger der Bremerhavener Nordsee-Zeitung. Liebe Leserschaft, hier schreibt ein Mann, der die Branche und deren Probleme aus dem Effeff kennt. Man muss ihm nicht zustimmen, aber man sollte ihm „zuhören“.

Matthias Ditzen-Blanke                                                                                                 Foto: BDZV/Dallwitz

„Demokratie braucht eine starke Presse – und endlich faire Presseförderung

Zeitungen und Zeitschriften spielen eine zentrale Rolle für unsere Demokratie. Sie bieten kritische Distanz, Orientierung und Einordnung – und damit genau das, was soziale Medien und Algorithmen oft nicht leisten. Wer sich informiert, wählt differenziert. Unsere Leserinnen und Leser bilden das Herz der politischen Mitte – sie wählen demokratisch, sie engagieren sich, sie tragen Verantwortung.

Doch diese demokratische Mitte gerät unter Druck. Extremismus, Desinformation, digitale Echokammern: Die gesellschaftliche Polarisierung nimmt zu. Gerade deshalb braucht es unabhängigen Journalismus – professionell, überparteilich, lokal verankert. Die Presse ist nicht Teil des Problems, sie ist Teil der Lösung.

Trotzdem: Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD hat auf eine dringend notwendige steuerliche Entlastung der Presse verzichtet. Die Forderung, Zeitungen und Zeitschriften von der Mehrwertsteuer zu befreien oder sie weiter zu senken, wurde nicht aufgegriffen. Dabei gilt in vielen europäischen Ländern längst: Meinungsbildung aus verlässlichen Quellen ist kein Luxusgut – sie wird steuerlich entlastet. In Deutschland dagegen bleibt es bei 7 %. Das ist nicht nur wirtschaftlich falsch – es ist demokratiepolitisch fahrlässig.

Besonders bitter: Während die Presse leer ausgeht, wird die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder abgesenkt – wovon insbesondere Fast-Food-Ketten wie McDonald’s massiv profitieren. Es bleibt der Eindruck: Für Burger gibt’s Entlastung, für Zeitungen nicht. Das ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die täglich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt arbeiten.

Dabei fehlt es nicht an Lippenbekenntnissen. Im Koalitionsvertrag bekennen sich die Regierungsparteien zur Medienvielfalt und Meinungsfreiheit. Von einer aktiven Presseförderung ist dort aber kaum die Rede. Stattdessen: Prüfaufträge, Absichtserklärungen, vage Formulierungen. Konkrete Impulse für die privaten Verlage – Fehlanzeige.

Dabei ist die Lage ernst: Steigende Zustellkosten, sinkende Werbeerlöse, eine übermächtige Plattform-Ökonomie und neue Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz setzen die Branche massiv unter Druck. Ohne faire Rahmenbedingungen wird unabhängiger Journalismus zum Auslaufmodell.

Was wir brauchen, ist ein echter Kurswechsel: eine faire und zukunftsgerichtete Presseförderung, die Print und Digital gleichermaßen stärkt. Eine Förderung, die staatsfern, wettbewerbsneutral und effektiv ist. Und eine Steuerpolitik, die anerkennt, dass Meinungsbildung keine Ware wie jede andere ist.

Presseförderung ist kein Geschenk – sie ist Demokratiepolitik. Und sie ist überfällig. Wer es ernst meint mit der offenen Gesellschaft, der muss auch diejenigen stärken, die sie täglich mit Leben füllen.

Soweit der Zwischenruf von Matthias Ditzen-Blanke

Liebe Leserschaft, auch wenn ich vielen Kollegen in Presse, Hörfunk und Fernsehen mittlerweile mit einer gehörigen Portion Skepsis begegne, halte ich Ditzen-Blankes Hinweise für bedenkenswert. Leserinnen und Leser, die sich überwiegend auf Info-Schnipsel von Plattformen wie Google verlassen, sollten stets bedenken: Die Googles dieser Erde filtern diese Infos aus heute noch verfügbaren Medien wie Zeitungen heraus. Als altem Print-Journalisten liegt mir die Branche weiter am Herzen. Gleichwohl erwarte ich von meinen aktiven Kolleginnen und Kollegen, dass sie ihren Job – im Land Bremen und überhaupt – wieder mit größerem Ernst ausüben: Mehr sachliche Infos; weniger Haltungsjournalismus; viel weniger Mainstream-Transport; kein Schreibtisch-Journalismus ohne ausreichend Bezug zum wirklichen Leben; mehr Recherche; mehr eigene Gedanken, statt Wiederkäuen von Mitteilungen aus Pressestellen.

Zum Schluss: Matthias Ditzen-Blanke (50) ist Verleger und Herausgeber der NZ. Er hat zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert und anschließend Betriebswirtschaft studiert. Später hat sich zusätzlich zum systemischen Coach qualifiziert.

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Liebe Leserschaft, ich wünsche Ihnen hoffentlich schöne, erholsame und ein bisschen auch nachdenkliche Osterfeiertage. Vergessen wir bitte bei aller berechtigten Kritik an vielem nie: Wir leben in einem Land (noch) ohne Krieg und ohne drohende heftige Erdbeben. Und als älterer Menschen sage ich auch: Mit einem Gesundheitssystem, von dem meine Großeltern nicht zu träumen wagten.

Welch ein Glück!

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Mehrere EU-Staaten unterstützen „ihre“ Zeitungen – wie Ditzen-Blanke in seinem Beitrag schreibt – indem sie teilweise drastische Steuerermäßigungen gewähren. Nur drei Beispiele: Frankreich: 2,1 Prozent;  Spanien: 4 Prozent; Griechenland: 6 Prozent. 

P.P.S.: Bitte beachten Sie auch die Dokumentation zum gestrigen Ostermasch im Blog: „Dokumentation: Warnung vor Horror-Waffen in Deutschland“.