Vogt spricht von „hochprofitablem“ Stahlwerk, dabei machte es 141 Millionen Miese
Hallooo Opposition von CDU, FDP und BD – wo sind Sie??? Da schwadroniert Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) – bar jeder Ahnung – vom „hochprofitablen“ Bremer Stahlwerk, obwohl dieses im Jahr 2023 laut Firmenbilanz 141,6 Millionen Miese geschrieben hat. Als Erklärung für ihre Nonsens-Aussage weist sie die Schuld in Richtung Stahlkocher. Die Hütte habe ihre wirtschaftliche Situation in der Vergangenheit „nicht durchgehend konsistent“ kommuniziert.
Auf die Idee muss man erst mal kommen: Selbst Unfug verzapfen, die Schuld aber anderen anlasten.
Frau Wirtschaftssenatorin Vogt: Sind Sie in Ihrer Behörde allein, haben Sie keinen Stab um sich geschart? Wäre es da nicht angebracht, dass wenigstens ein Mensch aus dieser vermutlich nicht ganz kleinen Truppe (ich schätze locker 140 Personen) mal zum Bundesanzeiger griffe? Und zwar, bevor Sie – offenbar wissenslos – lautstark Unsinn in die Welt posaunen?
Fast noch erstaunlicher: Die Opposition, angeblich stets vom unbändigen Wunsch getrieben, endlich an die Regierung zu kommen, schweigt. Ist einfach still. Kaum zu glauben, aber leider wahr.
Ein Blick in die Bilanz der ArcelorMittal Bremen GmbH reicht. Verfügbar sind zurzeit nur die Zahlen bis zum Jahr 2023. Aber die haben es bereits in sich.
Laut veröffentlichter Bilanz hat ArcelorMittal Bremen (AMB) im Jahr 2023 ein Jahresergebnis von MINUS 141.566 TEUR (also -141,6 Millionen Euro) ausgewiesen. In 2022 waren es noch 247,7 Millionen Euro (plus) gewesen, die an die Konzernmutter abgeführt wurden.
Im Geschäftsbericht 2023 ist auch zu lesen, dass die Aussichten für 2024 ebenso schlecht seien wie für 2023 ausgewiesen.
Nachdem Vogt bei „buten un binnen“ behauptet hatte, das Bremer Werk sei „hochprofitabel“, war ihr die Leitung des Bremer Werkes in die Parade gefahren: Die beiden vergangenen Jahre seien mit Verlusten abgeschlossen worden. Die offizielle Bilanz für 2024 ist noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, die für 2023 aber sehr wohl.
Vor dem Hintergrund der negativen Entwicklung des Werkes erscheint die Absage von ArcelorMittal an die Umstellung auf grünen Stahl in einem etwas anderen Licht.
Laut Geschäftsbericht des Bremer Werkes würde die „Dekarbonisierung“ mit 2,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Die 1,3 Milliarden Zuschuss des Bundes und Bremens helfen da einem defizitären Unternehmen also nicht wirklich weiter.
Bemerkenswert im AMB-Geschäftsbericht 2023 sind auch die Aussagen zum Personal. Am Stichtag 31.12.2023 beschäftigte AMB (in Vollzeit-Stellen umgerechnet) 2.547 Mitarbeiter – im Vorjahr waren es noch 2.603 (Vollzeit-Äquivalente).
Die Stellen teilen sich auf in: 1.344 (Vorjahr: 1.412) „Lohnempfangende“; 836 (829) Tarifangestellte und 363 AT-Angestellte, also übertariflich bezahlte VZÄ. 206 junge Frauen und Männer absolvierten zum Stichtag eine Ausbildung.
Auffällig ist der Sprung beim „Personalaufwand“. Reichten 2022 noch 244,7 Millionen Euro, stieg die Zahl in 2023 auf 301,8 Millionen Euro.
Geehrte Opposition, falls Sie diese Fakten doch noch zum Anlass für einen kritischen Hinweis auf das Nonsens-Gerede von Frau Vogt nehmen sollten, wäre es angemessen, Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) in die kritische Betrachtung einzubeziehen.
Auch Herr „Bovi“ schimpfte mit den „Stahlbossen“ wegen deren Rückzieher bei der Umstellung auf Wasserstoff. Der Bürgermeister begab sich zwar nicht auf das Glatteis vom angeblich „profitablen“ Werk, aber seine Beschreibung ließ zumindest nicht einen einzigen Gedanken an rote Zahlen in der Bilanz aufblitzen.
Bovenschulte (laut „butenunbinnen) im O-Ton: „Das Bremer Werk ist gut aufgestellt. Ausgelastet, wettbewerbsfähige Produkte, hohe Kompetenz, hohe Produktivität, total motivierte Belegschaft.“
Liebe Leserschaft, liebe Kollegen in den Printmedien, liebe Oppositionspolitiker: Was meinen Sie zur Faktenlage? Darf sich eine Wirtschaftssenatorin ausschließlich auf frühere positive Zukunftsperspektiven einer inzwischen ohnehin abgelösten Werksleitung verlassen? Oder müssen wir von einer Politikerin mehr erwarten, zumal sie für die Wirtschaft zuständig ist.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S. ArcelorMittal Bremen gehört zu den großen Arbeitgebern in der Stadt. Da kommt mir ein Vortrag der Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen, Prof. Dr. Monika Schnitzer, in den Sinn. Sie hatte kürzlich beim „Unternehmerforum“ der Bremer Arbeitgeber auf eine interessante Zahl hingewiesen. Große Unternehmen bauen demnach häufig so große Verwaltungsapparate auf, dass die „Bürokratie-Kosten“ im Schnitt 16 Prozent des Firmenumsatzes ausmachen. Die in Deutschland hohen Energiekosten betragen dagegen durchschnittlich „nur“ 3,6 Prozent des Umsatzes.
In diesem Senat darf jede mal mitschimpfen. Markige Sätze signalisieren Handlungsbereitschaft. Bei groben Unfug allerdings nicht!
Prof . Schnitzer hat – im Unterschied zu dem , was Sie suggerieren- sicher nicht behaupten wollen , die Energiekosten bei Arcelor betrügen nur 3.6% vom Umsatz .Auch wenn Arcelor ein grosser Arbeitgeber ist , ist der Durchschnittswert aller Grossunternehmen völlig irrelevant. Die Zahl der benötigten Kilowattstunden pro Tonne Stahl können Sie überall nachlesen . Die Kosten pro KwH sind bekannt wie auch die Erlöse pro Tonne Stahl.
Und: die Verwaltungskosten blähen Grossunternehmen nicht freiwillig auf , sie werden vornehmlich durch gesetzgeberische Anforderungen getrieben.
Lieber Axel Schuller,
herzlichen Dank für Ihren Beitrag ,wie so oft ein kluger Impuls zur richtigen Zeit.
Ja, man hätte reflexhaft reagieren können , aber pawlowsche Reflexe sind nicht unser Stil. Die neue Fraktionsspitze der CDU-Bürgerschaftsfraktion steht für Sacharbeit statt Schlagzeilen, für Lösungen statt Lautstärke. Statt Statements abzugeben, die womöglich kurzfristig Applaus bringen, haben wir gehandelt: Im Schulterschluss mit unserem Europaabgeordneten David McAllister haben wir uns direkt an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit einem Brief gewandt ( wurde persönlich von ihm übergeben). Parallel hat Frau Winter Gespräche mit Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reichelt aufgenommen und wir haben auf Bundesebene die CDU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz genutzt, um breite Unterstützung zu mobilisieren, etwa in Brandenburg, im Saarland oder in NRW.
Uns treibt eine klare Mission: Industriearbeitsplätze sichern und neue schaffen.In ganz Deutschland, aber gerade auch hier bei uns in Bremen und Bremerhaven. Die aktuellen Herausforderungen bei ArcelorMittal und anderen zeigen: Nicht jede rote Zahl bedeutet automatisch Unwirtschaftlichkeit. Betriebswirtschaftlich betrachtet sind Investitionen in energieintensive Standorte nur dann sinnvoll, wenn die politischen Rahmenbedingungen verlässlich sind. Genau daran arbeiten wir.
Was uns nicht weiterhilft, sind klassenkämpferische Parolen wie die des Bürgermeisters Bovenschulte . Wer Verantwortung für dieses Land trägt, sollte die Ursachen differenziert analysieren und nicht in populistische Schuldzuweisungen verfallen. Die Industrie leidet nicht allein wegen globaler Marktverschiebungen, sondern auch wegen nationaler Energie- und Standortpolitik. Da hilft keine Polemik, sondern nüchterne Analyse und gemeinsame Lösungsfindung.
Frau Vogts Aussagen sind dabei nicht das Problem ,entscheidend ist, wie wir jetzt politisch die Weichen stellen. Unsere Botschaft: Wir nehmen die Verantwortung an. Ruhig, sachlich und mit dem klaren Ziel vor Augen, unser Industrieland zukunftsfest zu machen.
Lieber Herr Middendorf, ich will gar nichts suggerieren. Ich habe lediglich die zwei (wie ich finde) interessanten Zahlen der Wirtschaftsweisen genannt – mit dem Hinweis, dass es sich um Durchschnittswerte von großen Firmen handele. Selbstverständlich ist auch mir bekannt, dass die Herstellung von Stahl Unmengen an Energie benötigt. Sonst würde ArcelorMittal ja nicht die Hälfte des gesamten Bremer CO2-Ausstoßes beisteuern. Außerdem leiden bspw. Stahl- und Chemieindustrie in D besonders unter den in unserem Land fälligen höchsten Stromtarifen in Europa. Diese bringen auch ArcelorMittal besonders in Bedrängnis. Interessant hätte ich es übrigens gefunden, ob Sie eine Erklärung dafür haben, dass bspw die Union nichts zu dem Vogt-Nonsens äußert.
Lieber Herr Schuller,
Die nächste Deputationssitzung für Wirtschaft ist die nächste öffentliche Veranstaltung zu diesem Thema . Kommen Sie doch mal vorbei , da hören Sie uns laut und vernehmlich . Und dann dürfen Sie das Oppositionsbashing auch fortsetzen .
Lieber Herr Schuller,
vieles in Ihrem Bericht ist richtig. Ganz am Schluss jedoch, in Ihrem P.S. ziehen Sie Vergleiche bzw. Durchschnittswerte von Bremer Großunternehmen heran, die so für ein energieintensives Internehmen wie ein Stahlwerk nicht gelten. 60-80% der Kosten machen die Energie- und Rohstoffkosten aus, die zudem noch sehr volatil (Erze, Koks/Kohle) und teuer (elektrische Energie / Strom) sind. Die Preisschwankungen können oft nicht in vollem Umfang an die Kunden wie die Automobilindustrie weitergegeben werden. Von daher ist es schwierig, die Stahlindustrie in Vergleiche mit anderen großen Bremer Unternehmen einzubeziehen. Den richtigen Hinweis haben Sie ja in Ihrem Antwortkommentar bereits gegeben.