Gewissensfrage: Haben Eltern womöglich einen Anteil an versifften und kaputten Schulklos?
Achtung, für empfindsame Gemüter nicht unbedingt geeignet: Geben Sie mal in Ihrer Suchmaschine „Schulklos“ ein. Verdreckt, kaputt, häufig ekelhaft. Aber: Während Eltern sich zuweilen laut über die mangelnde Sanierung und Reinigung aufregen, frage ich mal zurück: Wer richtet diese Sauerei an? Lehrer, Eltern oder gar das Reinigungspersonal? Bestimmt nicht. Also, wer bleibt übrig? Weshalb verstopfen einige Schüler und Schülerinnen Abflüsse mit Klorollen? Weshalb pinkeln sie daneben? Weshalb verschmieren sie – im ekeligsten Fall – sogar Kot? Und die Kernfrage: Wer ist für die Erziehung dieser Kinder verantwortlich? Lehrer oder doch die Eltern?
Zum Glück sind jetzt Schulferien. Da muss kein Kind (überwiegend Mädchen) „anhalten“, bis es zu Hause auf Toilette gehen kann.
Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) hatte vor einigen Wochen den Unmut von Eltern auf sich gezogen, als sie feststellte, die Reinigungsdienste würden ihren Job ordentlich machen.
Das Thema „versiffte Schulklos“ ist vermutlich so alt wie wir selbst. Allerdings hat die Aggressivität jener Schüler und Schülerinnen zugenommen, die ihren Frust an der falschen Stelle, nämlich an der Keramikabteilung, auslassen.
Schmierereien wie „Herr Xxx ist doof“, oder: „Macht kaputt, was euch kaputtmacht“, bis hin zu: „Es lebe die Anarchie“ – solche Sprüche gab’s schon in meiner Schulzeit.
Heute aber wird geschmiert und gesprayt, was die Hände hergeben. „Fuck“ darf nie fehlen. Noch schlimmer: Es werden Türen eingetreten, Waschbecken abgerissen, Papierrollen in die Klo-Abflüsse gestopft – eben ein Saustall angerichtet. Selbst Grundschüler haben keine Scheu, Papierrollen in die Lokusschüssel zu drücken.
Was, bitte, läuft da – zu Hause – schief?
Blöd ist natürlich, dass offensichtlich einige Erwachsene heutzutage Ordnung, Respekt vor fremden Eigentum und Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse anderer Menschen mittlerweile selbst nicht immer so wichtig finden, wie es einer funktionierenden Gesellschaft zuträglich wäre.
Man schaue sich nur mal Autobahnklos an. Meistens: widerlich. Einen Vorteil haben die freilich: Sie sind aus Edelstahl und können mit Hochdruckreinigern bearbeitet werden. Was aber in Deutschland offensichtlich leider seltener als beispielsweise in Dänemark geschieht.
Das Thema verdreckte und zerstörte Klos ist übrigens kein spezielles Bremer Thema. Beispielsweise hat Köln 2019 rund drei Millionen Euro allein in die Instandhaltung seiner Schulklos investiert – die nur wenig später wieder kaputt und versaut waren. In Berlin ein ähnliches Bild. Dort galten zwischenzeitlich überhaupt nur 50 Prozent der Toilettenanlagen als funktionsfähig.
Was kann man tun?
In der Grundschule sind sicherlich noch Sitzklos erforderlich. Notfalls weiterhin aus Keramik mit Brille. Für die höheren Klasse ab dem 5. Schuljahr könnten die Sitzklos aus Edelstahl gefertigt sein. Ab Klasse zehn sind beispielsweise auch Stehklos wie in Frankreich denkbar – ebenfalls aus Edelstahl.
Diese Anlagen funktionieren allesamt aber nur, wenn die Abflüsse nicht mutwillig verstopft werden.
Wer beim Verschmutzen der Toiletten oder deren Zerstörung erwischt wird (gibt’s eigentlich noch eine „Pausenaufsicht“?), muss für den Schaden aufkommen. Dann werden die betreffenden Kinder und deren Eltern zum Putzen und Reparieren verdonnert.
Die Übernahme von Verantwortung könnte man übrigens auch präventiv einüben. Oder wäre ein praktischer Unterrichts-Anteil „Wie benutze ich einen Putzlappen?“ bereits „Kinderarbeit“?
Vor alle dem aber (ja, hier schreibt ein alter weiser, ups: weißer Mann) sind die Eltern gefordert. Wenn sie ihren Kindern nicht von Beginn an beibringen, was sich gehört und was nicht, wenn sie selbst bei der Benutzung öffentlicher Toilettenanlagen kein gutes Vorbild sind – dann wird sich wohl die Wohlstands-Verwahrlosung unserer Gesellschaft fortsetzen.
Liebe Leserschaft, jetzt habe ich Sie bereits zum zweiten Mal herausgefordert. Erst mit einem ellenlangen Text (der CDU) zur Drogenpolitik und jetzt – am heiligen Sonntag – mit einem unschönen Thema.
Tut mir leid, musste aber sein. Der nächste Blog wird ohne Elend, Ekel und Siffe auskommen. Ich bemühe mich! Ehrlich.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Ich äußere mich nicht zu Erziehungsfragen. Ich bin eine alte Frau und ich habe keine Kinder. Doch ich gestehe: diese Gedanken von AS bewegen auch mich. Aber klar: ich halte mich da raus!
Da wird wohl etwas dran sein. Aber wenn das Wasser nicht richtig läuft, weil der Druckspüler seit Jahren hakt oder der Ablauf von jahrzehntelang sich entwickelnden Automaten verkrustet ist, dann kann man auch als ordentlicher SchülerIn (und die sind in der absoluten Mehrzahl) auch nichts dafür..
Vielleicht sollten in den Pausen „Aufpassende“ aus Schülern und Lehrern rekrutiert, vor den Toiletten auftauchen und nach dem Rechten sehen. Immer im Wechsel. Dann ist jede/r mal dran und es wird für das Thema sensibilisiert.
Schmierereien mit Edding ist ja das Eine, aber funktionieren sollte schon alles.
Verdreckte Schulklos können als Sinnbild gelten unserer Gesellschaft, die zunehmend geprägt wird von Verantwortungs- Rücksichts- und Respektlosigkeit. Asoziales Verhalten im Wortsinn scheint quer durch alle gesellschaftlichen Gruppen nicht nur mehrheitsfähig zu sein, sondern regelrecht Beifall zu finden. Als Beispiele mögen dienen das direkte Umfeld von Altkleider-Containern und Sammelstellen von Papier und Altglas, wo alles abgekippt wird, was im Haushalt überflüssig geworden ist. Ähnlich sehen viele Grünflächen an Autobahnabfahrten aus. Normal ist mittlerweile ja auch anstatt den Container zu ordern, jeden Schrutz und Schrapel an die Straße zu stellen, versehen mit einem Pappschild „zu verschenken“. Die versifften Toiletten der Bahn stehen Schulklos in nichts nach – nur werden die der Bahn mittlerweile einfach geschlossen. Die Liste asozialen Verhaltens lässt sich nahezu beliebig verlängern von Autobahndränglern über fussgängerfeindliche Radfahrer, die sich mit Kopfhörern abschotten von der Umwelt (Weil sie ohnehin immer im Recht sind?); Leute, die an der Supermarktkasse den vor ihnen Stehenden den Einkaufswagen in die Kniekehlen rammen; Autofahrer, die Radler möglichst dicht überholen, auf Parkplätzen ihre Wagen gern quer stellen und damit zwei Plätze blockieren (Könner bzw. Könnende schaffen drei); Gartenliebhaber, die ihre Nachbarschaft teilhaben lassen wollen an der Freude über den neuen Mähroboter, den Beettrimmer oder den Turbo-Laubbläser, der mutmaßlich auch Wühlmäuse und Maulwürfe wegboostert. Die Länder haben jahrzehntelang ihre Kommunen geplündert, ihre Kernaufgaben vernachlässigt, kreischen jetzt aber nach Geld vom Bund. Und so weiter und so fort. Nicht nur wegen stinkender Schulklos sollten wir uns an die Nase fassen – die eigene. Aber Eigenverantwortung hat ebenso Bedeutung verloren wie die simple Wahrheit, dass Verantwortung und Verantwortlichkeit untrennbar verbunden sind. Die Ergebnisse finden wir überall. Auch in Wirtschaft und Politik. Auch. Wohlgemerkt auch. Und so gewinnt heimlich, still und leise die Oberhand das alte deutsche Hausmeisterprinzip mit seinen Regeln der Ewigkeit:
1. Ich bin’s nicht gewesen.
2. Mir hat keiner was gesagt.
3. Da könnte ja jeder kommen.
4. Das haben wir immer so gemacht.
Also was wundern wir uns? Und worüber Axel Schuller, alter Griesgram, regste dir so uff? Das ist die Realität, die wir wollen. Wir erschaffen sie täglich neu. Denn nur so funktioniert eine Anspruchsgesellschaft. Also geniesse es, bleib auffem Teppich und munter.
Das Thema eklige, defekte und kaputte Schulklos gibt es in Deutschland Land auf Land ab. Höhepunkte gibt es in Bremen und Berlin, aber auch andernorts. Für Mädchen ist das Thema nochmal gravierender als für Jungen. Aber ist das überall so? In anderen europäischen Ländern zum Beispiel. Mitnichten! Als ehemalige Lehrerin war ich im Rahmen europäischer Austauschprogramme beispielsweise in Skandinavien und habe nirgendwo etwas Ähnliches gesehen. Blitzesauber waren die Schulklos. Auf den Fluren standen – unglaublich aber wahr – hell gepolsterte Sitzmöbel, die nicht mit Edding oder anderen Stiften bemalt und verunstaltet wurden. An den Wänden der Flure und der Gemeinschaftsbereiche gab es wechselnde Ausstellungen von Kunst, Fotografie, Collagen etc.
Die Schulen, die ich kennengelernt habe, waren Wohlfühlorte.
Gleiches kann ich über Schulen in der Schweiz, z.B. aus Chur berichten. Dort stellen regionale Künstler regelmäßig ihre Werke in Schulfluren und Foyer aus. Die Klos sind sauber, die Schulhöfe auch. Die Pausenaufsicht schreitet sofort ein, wenn ein Schüler oder eine Schülerin etwas fallenlässt und sich nicht umgehend bückt, um es aufzuheben. Auch kleine Sitzgruppen gehören selbstverständlich zur ansprechenden Gestaltung der Schule. In Skandinavien, in der Schweiz, auch in Südspanien und Riga (Lettland) wird bei der Gestaltung der Schulen davon ausgegangen, je schöner es ist, desto mehr Wertschätzung wird ihr entgegengebracht und umso mehr identifizieren sich die Schülerinnen und Schüler mit IHRER Schule. Ich konnte mich selbst überzeugen, dass das Konzept aufgeht.
Es sind keine anderen Kinder aus einer anderen zeitlichen Epoche, sondern Kinder und Jugendliche gleichen Alters wie hier bei uns.
Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Verantwortung und Verantwortlichkeit werden groß geschrieben und die Einhaltung von Regeln konsequent durchgesetzt. Diese klare Haltung und das Bestehen darauf führen zu einem anderen Umgang mit dem Gemeineigentum. Hier kümmert sich kaum jemand um die klare Durchsetzung von Regeln. Ob Hausfassaden besprayt werden, die Straßen vermüllen, der öffentliche Raum wie Straßenränder überwuchert werden, Gestrüpp und Brennesseln über die Fahrradwege ragen, Mülltonnen z.B. rund um den Unisee regelmäßig überquellen, all das kümmert offenbar niemanden. Wenn die Gesellschaft einen derartigen Umgang mit Dingen pflegt, Erwachsene sich nicht verantwortlich fühlen und entsprechend handeln, wer will dann den Stab über Kinder und Jugendliche brechen? Sie tun es den Erwachsenen und der Gesellschaft, die das offensichtlich duldet, nur gleich.
Die Schulklos sind also lediglich der Spiegel des Zustandes, in dem sich unsere Gesellschaft befindet.
Es fehlt an Haltung, Achtung und Wertschätzung. Und was tut Politik? Auch nur wegschauen und Sonntagsreden schwingen.
In diesem Sinne Daumendrücken für die Zukunft.
Was für ein Zufall! Gestern haben mich Interesse und Zufall auf die Webseite des Bümdnis Deutschland in Bremen geführt. Dort habe ich einen verblüffend preisgünstigen und einfach umzusetzenden Vorschlag gefunden, Verwüstungen auf den Schultoiletten vorzubeugen: Wer zur Toilette möchte, muss sich den Schlüssel dafür von der jeweiligen Lehrperson oder vom Sekretariat geben lassen und nach dem Toilettengang wieder zurückgeben. Zusätzlich gibt es Kontrollgänge durch die Toilette. Der Vorschlag geht noch weiter in die Details, entscheidend finde ich hier die Grundidee: Regeln ohne Kontrolle und klare Zurechenbarkeit von Fehlverhalten sind witzlos. Wenn die in vielen Bereichen des Zusammenlebens informelle Kontrolle unter Seinesgleichen nicht ausreicht, muss man sie eben formalisieren.
Ich befürchte allerdings, dass die Idee schon alleine deshalb keine Chance hat, weil sie von den falschen Leuten kommt. Echt trist!
@Hartmut Paul
Ich erinnere an das Interview von Carsten Meyer-Heder durch Felix Krömer von buten un binnen. Herr Meyer-Heder hat genau darauf hingewiesen, dass auch Anträge, die inhaltlich noch so richtig sein mögen, einfach deshalb abgelehnt werden, weil sie von den Falschen eingebracht wurden. Das ist zwar purer Nonsens, aber politische Realität. Dass wenn man aber dem Gemeinwohl und der Landesverfassung verpflichtet ist und genau das besagt ja der Eid, den die Regierungsmitglieder abgeben, folgt daraus, dass stets und ständig zumindest gegen den Teil des Gemeinwohls verstoßen wird.
Und die einfache Lösung mit dem abzuholenden Schlüssel ist tatsächlich eine handhabbare Lösung, die in den Sekretariaten allerdings sicher schon nach einem Tag so dermaßen auf den Wecker gehen, weil sie gar nicht mehr zu ihrer eigentlichen Arbeit kommen.
Auch in den Sekretariaten herrscht keine Langeweile.
Aber die Idee ist vom Grundsatz her in die richtige Richtung gedacht.
Wird aber nix, wegen siehe oben …
Mein Vorschlag:
Vielleicht helfen blitzsaubere Klos vor jeder großen Pause ( bedeutet eine Aufstockung des Reinigungsdienstes um 300(?)%), ein blickoffener Zugang ohne Türen zu den Waschanlagen, die in der Regel direkt vor den Klos liegen, ein Haushandwerker, der sofort alles repariert und Lehrer die immer wieder in den Pausen an den Toiletten vorbei patrouillieren.
In der Regel sieht man, wenn Kinder Unsinn im Kopf haben, Piecksaubere Klos benutzt man gerne und beschmutzt sie nicht wie die gut gepflegten Toilettenanlagen der Autobahn-Raststätten beweisen, auf die man jederzeit gehen kann. Statt der dort installierten Geldautomaten freundliche aber konsequente Lehrer als „Zugangskontrolle“ mit Sichtkontakt zu den Schülern im Vorraum. Und am Ende Putzdienst für jeden Schmutzfink oder sofortige Rechnung über die Reparatur-Leistung an die Eltern von Sprayern und Zerstörern.
Das hört sich ganz einfach an, wäre allerdings mit Aufwand, Kosten und einer Revolution in den Köpfen von Erziehenden in den Schulen und Bürokraten in den Schulbehörden verbunden. Kinder und Eltern würden ganz von alleine lernen, wer verantwortlich für das Desaster auf den Schulklos ist – und dass dies nicht von der Allgemeinheit toleriert wird. Aber welcher Schuldirektor will dies konsequent durchsetzen?? Und damit saubere Klos auch ansprechend aussehen, müssten sie ja erst mal renoviert und repariert werden, wie der Rest der Schulräume. Auch hier: der Fisch stinkt vom Kopf – aber man könnte ja mal so ein Projekt „saubere Schulklos“ starten. Wer ist der Sponsor? Wer macht die laute fröhliche Werbung Schul- und Stadtteilweit? Und wer will die Aufsichtsarbeit und die disziplinarische Durchsetzung für ein Jahr übernehmen?? Freiwillige Grundschulen meldet euch – im Zweifel bei AS!!????