Bürgermeister tummelt sich gedanklich gern außerhalb, statt Bremer Probleme zu lösen

10.08.2025 12 Von Axel Schuller

Ein alter Freund aus Hessen schrieb mir kürzlich: „Wow, euer Bürgermeister ist ja wohl andauernd auf Sendung.“ „Stimmt“, antwortete ich, „er tummelt sich gerne außerhalb Bremens. Vermutlich, um das heimische Elend auszublenden.“

Haben Sie, liebe Leserschaft, es eigentlich bemerkt? Ich schreibe den Namen stets aus, verkneife mir das joviale „Bovi“, das zuweilen selbst Oppositionellen über die Lippen kommt. Sogar der eine oder andere aus der Wirtschaft nutzt den liebevoll klingenden Begriff. Journalisten sowieso.

Wenn „Bovi“ denn für „Bremens oberster visionärer Ideengeber“ oder Ähnliches stünde – dann könnte ich mich damit womöglich anfreunden. Na ja, vielleicht. 🙂

Der Hinweis meines aufmerksamen Freundes ist korrekt. Andreas Bovenschulte hat schon fast ein „Abo“ beim Deutschlandfunk. Selbst in der „Tagesschau“ ist er kürzlich mit einer Kritik an Bayerns Söder („kein Bürgergeld für Ukrainer“) aufgetreten.

An dieser Stelle mal eine Anerkennung für seinen Sprecher Christian Dohle, früher Radio Bremen und offenbar so gut in der ARD vernetzt, der er seinen Boss überregional bestens „vermarkten“ kann.

Bovenschulte gilt in außerbremischen Sendeanstalten als „sichere Bank“. Da kann man als Journalist selbst frühmorgens um eine Stellungnahme zu „dütt und dat“ bitten – und kriegt meist nicht nur eine stotter- und Äh-freie Antwort, die als Interview und dann den halben Tag über als Nachrichten-Schnipsel dudeln kann. Sondern eben auch Sätze, die bundesweit, sagen wir mal, durchaus aus dem Rahmen fallen.

Bovenschulte hat es insbesondere den Nachrichtenleuten im Deutschlandfunk angetan. Dort legte er jüngst dar, dass das deutsche Rentensystem entgegen der Äußerung vieler Experten stabil sei. Obwohl immer weniger Beitragszahler für mehr Rentner aufkämen, bestehe dennoch keine Gefahr fürs System – Voraussetzung: die Wirtschaft wachse. Blöd nur, dass die deutsche Politik in den vergangenen Ampel-Jahren mit dafür gesorgt hat, dass unser Land mittlerweile für Schrumpfen und nicht mehr für Wachstum steht. Wie hieß gerade noch mal dieser famose Wirtschaftsminister?

Den Gedanken, rein statistisch hätten sich die Rentenkosten gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit Jahrzehnten nicht erhöht, platzierte Bovenschulte auch in den Sozialen Netzwerken wie LinkedIn.  Sie müssen wissen: Bovenschulte liebt Statistiken. Zum Beispiel die über den Anteil der Rentenausgaben am BIP.

Unternehmer wie Ex-Handelskammerpräses Christoph Weiss (Chef der Bremer Goldschlägerei BEGO) und andere geben ihm dann häufig Statistik-Nachhilfe. Während der Bürgermeister meint, die Produktivitätsgewinne der Wirtschaft könnten komplett fürs Rentensystem genutzt werden, hält (beispielsweise) Weiss dagegen: 

„Sie machen einen großen Denkfehler, weil Sie mit dem BIP argumentieren. Was das für den Einzelnen bedeutet, blenden Sie komplett aus. Wenn der Kuchen nicht größer wird, bekommen die Rentner ein größeres Stück auf Kosten von immer weniger Beitragszahlern. Ist das die sozialdemokratische Generationen-Gerechtigkeit?“

Gefühlt beinahe täglich zitiert der Bremer Bürgermeister Statistiken aller Art in Sozialen Netzen und interpretiert diese stets mit Blick durch die linkeste Brille, nach der er greifen kann. Mein Tipp: Melden Sie sich kostenfrei bei LinkedIn an, und verfolgen Sie dort manch wunderliche Äußerung des Bremer Bürgermeisters. Wie zum Beispiel jene über die Bevölkerungsentwicklung, die ich bereits am 25.6.2025 im Bog aufgespießt hatte („Blankes Entsetzen über Bovenschultes Wochenend-Aktivitäten“)

Wenn ich des Bürgermeisters gedankliche Ausflüge in die Bundespolitik und seine immer gleiche ideologische Deutung von Fakten sehe, frage ich mich stets: Was beabsichtigt er damit? Wo will er hin? Wo könnte ihm seine in der Wählergunst ja weiter trudelnde Bundes-SPD eine Job-Chance aufmachen?

Extrem merkwürdig: Zu Bremer Themen, für die er originär zuständig, weil gewählt ist, hört und liest man so gut wie nix. 

Liebe Leserschaft, ich will Sie wirklich nicht langweilen, aber die Liste der existenziellen Themen – für die sich ein Regierungschef nach meinem Empfinden zu kümmern hat – wird leider länger und nicht kürzer.

Finanzen, Selbstständigkeit des Landes, bayrischer Angriff auf den für Bremen überlebenswichtigen Länderfinanzausgleich, Bildung, GeNo, Kriminalität, Wohnungsbau, Zustand von Brücken, Straßen und Radwegen und so weiter und so fort – es brennt an vielen Ecken in diesem Ländchen. Zu allem Überfluss tanzen ihm seine Wunsch-Koalitionäre Grüne und Linke gerne auf der Nase herum.

Zu bestaunen ist aktuell übrigens auch ein Novum: Der Bremer Senat blockiert den aus dem Ruder laufenden Haushalt der Stadt Bremerhaven. Klar, da kann man sagen: Richtig so. Aber: Muss das auf offener Bühne stattfinden? Immerhin gehören der Präsident des Senats und der Oberbürgermeister der Seestadt (Melf Grantz) derselben Partei an. Reden die nicht mehr miteinander? Was geschieht da gerade zwischen den beiden Teilen des Mini-Bundeslandes? Früher hätte man solche Probleme vermutlich rechtzeitig besprochen und gelöst.

Aber auch dazu ist von Bovenschulte nix zu hören. Zur Erinnerung: Er ist Ministerpräsident des Landes Bremen, bestehend aus den Städten Bremen und Bremerhaven.

Zum Schluss will ich heute gleichwohl einen Vorab-Geburtstagsgruß an die Adresse von Dr. Andreas Bovenschulte (einen Tag vor seinem 60.) formulieren: Persönlich wünsche ich Ihnen viel Glück, Gesundheit und Freude am Leben. Politisch erwarte (vermutlich nicht nur) ich von Ihnen endlich Führungsstärke und Entscheidungsstärke. 

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Liebe Leserschaft, schauen Sie sich unbedingt die Kommentare zum vorigen Stück über den Bremer CSD-Verein an; könnte sich übrigens auch für den Rechnungshof lohnen.