RB-Film über junge Straftäter – Journalismus oder Sozialromantik?
Ein Täter ist ein Täter. Und ein Opfer ist, richtig, ein Opfer. Radio Bremen hat dies offenbar gerade aus dem Blick verloren und präsentiert Täter, die sich als Opfer darstellen dürfen. Man sitzt staunend vor der „Flimmerkiste“, wenn der Reporter offensichtlich einen journalistischen Grundsatz über Bord wirft. Nämlich: „Bewahre dir stets die professionelle Distanz zu Personen, über die du berichtest.“
Als ich jüngst von der Kritik an einer RB-Reportage für das ARD-Format „Kollektiv Y“ hörte, fragte ich mich: Na, melden sich da mal wieder blinde Hasser der Öffentlich-Rechtlichen zu Wort?
Nachdem ich mir die 39-minütige Reportage „Jung, kriminell, chancenlos? – Ein Jahr mit einer Jugendgang“ und den kürzeren RB-Beitrag für ButenunBinnen „Straftäter in Bremen: Wie recherchiert man zu den Jungen Räubern?“ angeschaut hatte, geriet ich jedoch ins Grübeln.
Ist das noch Journalismus oder eher Sozialromantik?
Der Autor János Kereszti macht ziemlich früh im Beitrag klar, dass er die professionelle, journalistische Distanz zu den jungen Männer (also den Objekten seines Filmes) offenbar nicht durchhalten wird. „Sie zeigen sich als Opfer, gleichzeitig geben sie zu, dass sie klauen. Widersprüchlich, aber irgendwie sympathisch.“
Ich denke: Nach diesen Sätzen hätten die Kollegen in der Filmabnahme (sie müssen auf die Einhaltung gesetzlicher und interner Standards achten) den Beitrag so nicht freigeben dürfen.
In den Programmgrundsätzen von Radio Bremen heißt es unter anderem: „Distanz zur Berichterstattung: Journalisten sollen eine objektive Distanz zu den berichteten Themen wahren und sich nicht vereinnahmen lassen.“
Damit ist eigentlich alles gesagt. Bloß: Der Autor scheitert daran. Er stellt sich zwar einige Male die Frage, ob seine Gesprächspartner ihm gerade die Wahrheit sagen. Aber ansonsten lässt er die jungen Flüchtlinge – die allesamt keineswegs überraschend keine Papiere haben – erzählen. Widerspricht nicht.
Der lange Beitrag für „Y Kollektiv“ wirkt (nicht nur) auf mich wie Sozialromantik pur. Allein schon die Wortwahl spricht Bände. János Kereszti berichtet, einer der jungen Flüchtlinge (bereits mehrfach als Straftäter geschnappt) soll einem Mädchen das „Handy abgezogen“ haben. Mag ja Jugendsprache sein, bedeutet im wirklichen Leben aber: Das Mädchen wurde Opfer einer Raubtat. Ein Messer soll auch im „Spiel“ gewesen sein.
Während Kereszti hervorhebt, wie viel Aufwand damit verbunden gewesen sei, ein Jahr lang Kontakt zu jungen Straftätern aus dem Magreb aufzunehmen und zu halten, hat seine Reporter-Energie offenbar nicht ausgereicht, Opfer von Raubtaten (wie die junge Bremerin) aufzutreiben. Um sie beispielsweise mal zu fragen, wie sie sich beim „Abziehen“ gefühlt hat. Was das mit ihr macht? Ob sie sich abends noch auf die Straße traut? Die Opferhilfe-Organisation „Weißer Ring“ hätte Radio Bremen bestimmt gerne unterstützt.
Kereszti trifft die jungen Flüchtlinge aus Marokko und Algerien am Hillmannplatz, beim Fußballspielen, im Knast und im Gerichtssaal. Den Zuschauern wird der Eindruck vermittelt, dass die Jungs nahezu zwangsläufig in die Kriminalität abrutschen mussten. Auf die Frage, wovon sie denn leben, lautet die entwaffnend ehrliche Antwort: „Klauen. Klauen, klauen, klauen.“
Der Autor wendet ein, sie könnten doch in Übergangswohnheimen Unterkunft, Essen, Kleidung und Geld erhalten. Doch dies wollen die jungen Männer, die teilweise mit 13 von zu Hause weg sind, nicht. Begründung: „Das ist schlimmer als der Knast“.
Nachfrage im Wohnheim-„Knast“? Keine.
Wie gesagt: Opfer von Straftaten kommen in dem Beitrag null-Komma-null zu Wort. Dafür aber die Anwältin eines Angeklagten aus dem Magreb. Sie äußert sich verblüffend offen vor dem „Handy“-Prozess: „Ich weiß, wenn er draußen ist, sehe ich den in sechs Monaten wieder hier“ (vor Gericht).
Ihren Mandanten konnte sie nicht vor dem Urteil (2 Jahre und 3 Monate Knast) bewahren. In der Berufung gelingt ihr jedoch ein Freispruch. Das Berufungsgericht war sich nicht ganz sicher, ob der junge Inhaftierte tatsächlich der Täter gewesen sei – obwohl die Beraubte und eine anwesende Freundin dies als Zeuginnen im Prozess ausgesagt hatten.
Folge: Im Zweifel für den Angeklagten. Entlassung aus dem Knast und laut RB Haftentschädigung in Höhe von rund 20.000 Euro.
Am Ende fragt János Kereszti den jungen angetrunkenen und bekifften Mann, was er mit dem vielen Geld jetzt machen wolle. Antwort: Schicke ich meiner Mutter. Und wovon er dann hier leben wolle? „Ich leihe mir 20 Euro und zahle 40 zurück. Dann leihe ich mir 10 Euro, zahle 20 zurück.“ Das klingt nicht gerade nach einer verheißungsvollen Perspektive.
Er und andere aus der Gruppe haben wie gesagt keine Papiere. Deshalb können sie nicht abgeschoben werden.
RB-Reporter János Kereszti, den ich bislang für einen ruhig abwägenden Kollegen gehalten habe, beschließt seinen Beitrag mit dem Satz: „Wer nur Täter sieht, verpasst die ganze Geschichte.“
Übrigens: Entgegen der Beteuerung des polizeilich als Intensivtäter eingestuften jungen Mannes im RB-Film, er werde sich künftig ganz bestimmt „von Ärger fernhalten“, ist er vor vier Wochen – wie ich aus Polizeikreisen hörte – erneut wegen Körperverletzung aufgegriffen worden.
Ist Kollege János Kereszti womöglich zu gut- oder gar leichtgläubig an das Thema herangegangen?
Liebe Leserinnen und Leser, machen Sie sich ihr eigenes Bild.
ARD-Mediathek: „Y-Kollektiv: Jung, Kriminell, chancenlos? – Ein Jahr mit einer Jugendgang“
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Radio Bremen verleiht sm 7. November wieder für die ARD den „Bremer Fernseh- und Digitalpreis“. Es würde mich keineswegs wundern, wenn Keresztis Film – wegen des Rechercheaufwands – auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werden würde…
Nachdem Herr K. die „jungen Täter“ sympatisch fand, habe ich einfach abgeschaltet. Ich wollte den Irrsinn, der mit meinem Rundfunkbeitrag zu Stande kommt, nicht sehen, Ich zahle doppelt:einmal mit meinen Steuern für die Jungen Kerle, die hier her kommen und klauen und dann gleich noch einmal für Radio Bremen mit meiner Rundfunkgebühr. Ein Irrsinn. Genau das treibt die Umfragen der AfD immer höher. Diese Träumer im Sender sind schwer auszuhalten.
Schwierig. Ich fand die Sichtweise und den Ansatz interessant. Der Titel »jung, kriminell, chancenlos?« trifft es. Kriminell und chancenlos und ziemlich NAIV geprägt durch das eigene Umfeld. Das man mit zugekifften Jungkriminellen, die dennoch (entwurzelte) Menschen sind, nicht in einer solchen Reportage ausschließlich moralische Grundsatzdiskussionen oder Law-and-Order Debatten führen kann, wenn man für die Reportage ihr Vertrauen gewinnen will, ist auch logisch. Aber richtig: Eine weitere Reportage über die Opfer wäre angebracht (und hat es bei buten un binnen auch schon gegeben). Kann ja noch kommen. https://www.butenunbinnen.de/videos/uhrmacher-prozess-bremen-urteil-100.html
Diese Typen sind tausende Kilometer aus dem Magreb nach Bremen gekommen. Sie reißen ihren Opfern wertvolle Uhren vom Handgelenk, Goldketten vom Hals. Sie prügeln, bedrohen und verletzen ihre Opfer mit Messer und Macheten. Ich habe Betroffene als Reporter interviewt. Sie sind schwerkriminell, nicht zu integrieren, sehen unsere Gesellschaft als Beute. Diese völlig unreflektierte Reporterarbeit ist ein weiterer Schlag in die Gesichter der Ausgeraubten und Verletzten.
Bereits am 11.08. schrieb ich bei Facebook: die Reportage beginnt damit, dass der Reporter davon spricht „der M. habe ein Handy abgezogen“. Ein Sender, der sonst so auf scheinbar poltisch korrekte Sprachweise achtet, verniedlicht so eine schwere Raubtat. Damit ist die Tendenz der folgenden Sendeminuten dann klar. Man möchte diesen Straftätern ein irgendwie knuffiges Antlitz zuteil werden lassen. Das Gute an der „Reportage“ ist, dies gelingt nicht ansatzweise. Wer sie sieht, bekommt Bauchschmerzen und findet nichts Sympathisches an diesen Menschen. Daran ändert auch nichts, dass Janos Kereszti nochmals am Ende anmerkt, er fände sie irgendwie sympathisch. Damit versuchte er nur vergeblich den Tenor des Beitrages zu retten, der unter anderem eben auch dadurch sehr deutlich wird, dass Opfer darin nicht stattfinden oder gar zu Wort kommen. Der Untertitel, die notorischen Straftäter seien 1 Jahr begleitet worden, ist offenkundig herbeigekramt. Ich konnte nur 2 echte Treffen und ein Gefängnisbesuch ausmachen. Darüber hinaus wollten die „Opfer unserer Gesellschaft“ gar nichts mit ihm zu tun haben. Hoffentlich haben am Ende alle gut zugehört, dass er noch 20.000 Euro Haftenschädigung bekommen hat. Großartig diskutiert wurde das in der Sendung nicht mehr. Dürfte bei weiten Teilen der Bevölkerung anders aussehen.
Ein anderer User schrieb dort übrigens: „…und er hat die sympathischen Jungs irgendwie liebgewonnen! Leid tat einem nur der hilflose Opi, der schulterzuckend mit seinem Elefantenschlips in seinem Büro sass und resigniert nach unten blickte.“
Nee Herr Schuller, da kann ich nicht munter bleiben.
Da sprechen Politiker von der ganzen Härte des Gesetzes und in der Realität wird dem Bürger und der Polizei ein Stinkefinger gezeigt.
Anscheinend ist erwischt werden nicht schlimm, bestenfalls zieht man noch 20.000 € ein.
Führt das nur zu Ausländerfeindlichkeit oder auch zur Selbstjustiz?
Frühere Arbeitserlaubnis und keine Gettobildung für Asylanten könnte helfen.
Ich fand den RB-Beitrag sowohl bzgl. des Gezeigten und scheinbar in Bremen Tolerierten als auch hinsichtlich des Journalismus so befremdlich, dass ich ihn später meiner Frau mit dem Kommentar „unglaublich“ auch gezeigt habe. Welchen Grund haben wir, solche Typen mit einem derartigen Verhalten hier zu dulden und auch noch zu alimentieren? Als Schwiegervater von drei ausländischen Schwiegersöhnen, die voll integriert sind , ihren ehrlichen Berufen nachgehen und niemandem auf der Tasche liegen, lege ich großen Wert darauf, dass die geschilderten Personen unser Land und unsere Sozialsysteme baldmöglichst in Richtung ihrer Heimatländer verlassen oder dorthin konsequent abgeschoben werden. Das Ansehen willkommener Migranten leidet unter solchen Erscheinungsformen. Wir Deutschen sind naiv, arg- und wehrlos; dafür werden wir von den Tätergruppen verlacht und verachtet sowie allzu gerne fortgesetzt ausgenutzt. Der AfD wird‘s leider nutzen . . .
Festzustellen gilt, das diese jungen Räuber von der grünen Sozialsenatorin ganz bewußt im „Fluchtverband“ nach Bremen gelotst wurden. Trotz der Kenntnisse über die Verhältnisse in den Magrebstaaten, in denen die Jugendlichen dort aufwachsen. Diese Erkenntnisse haben auch die Funktionäre der anderen Regierungsparteien sowie Beamte in den Behörden, trotzdem wurde nichts gegen diese Art der „Fachkräfte-Rekrutierung“ unternommen. Wem nutzt das?! Unser Gemeinwesen wird ausgenutzt und verhöhnt, die Bevölkerung bedroht und stark verunsichert. Was tun – statt „Schnauze“ geschlossen halten?!
Das übelste an Radio Bremen sind nicht die Redakteure, sondern die „Verantwortlichen“…
allen voran Dr.Frank („Wendehals“) Schulte ..
Thomas von Bötticher…..
Jochen (taz) Grabler und jetzt auch noch Michael Brandt…..
Kinder Fernsehen ohne Tiefgang eben…..
und dann diese Katja Pietsch…..
Bei den Privaten wären die besser aufgehoben…
Ludollfs z.B.
Und wie steht´s mit dem bremischen Justizpersonal? Es war und ist oftmals Meinungssache, wie entschieden wird. Das 20.000,- erzielt werden können, beflügelt: try & error, solange, bis Richter:innen einen Freispruch zelebrieren. Das ist gewiss verbreitet worden und wirkt nicht abschreckend, bzw. animiert nicht, sich gesetzestreu zu verhalten und in den offerierten Wohnheimen zu wohnen, unsere Sprache zu lernen und sich eine seriöse berufliche Existenz aufzubauen – weil es auch ganz anders geht, wie nun von Radio Bremen bundesweit angeboten wird. Wahrscheinlich demnächst mit einem Journalistenpreis versilbert.
Leider mal wieder etwas, dass Bremen auszeichnet. Verständnis für jugendliche Straftäter und ihre Taten. Da kommt man doch gerne nach Bremen.
Das führt dazu, dass sich ältere und auch nicht ältere Menschen in ihrer Stadt nicht mehr sicher fühlen.
Glückwunsch an unseren so erfolgreich agierenden Senat.
In welcher Hinsicht die jungen Herren Opfer sein sollen, hat Herr Kereszti nicht aufklären können, von was oder wem eigentlich? Der einzige Hinweis kam von der Dame von der Drogenambulanz: Wer in einen Deutschkurs geht, kann in der Zeit seines Dortseins keinen Unfug machen. Bisschen dürftig, finde ich.
Sollte ich nach Marokko auswandern wollen, bin ich mir bewusst, dass man mit mir angesichts meiner Arabischkenntnisse dort wenig anfangen kann, ich also um jeden Preis die Sprache erlernen müsste. Tue ich das nicht, stehe ich am Rand. Das weiß ich vorher. Mit einem staatlichen Angebot an Arabischkursen rechne ich nicht. Ich bin kein Opfer, allenfalls ein selbst inszeniertes Opfer.
Ich habe Herrn Kereszti wie einen verdeckten Ermittler erlebt, der über die Anpassung an das zu erkundende Milieu kognitive Dissonanzen erlebt und zu deren Beseitigung beginnt, sich damit zu identifizieren. Er wirkte so dankbar dafür, dass ihm die Jungs diesen journalistischen Coup ermöglicht haben. Da konnte er sie nur noch gut finden.
Die Integration von János Kereszti in die Szene ist bemerkenswert, ich hoffe, er hat dort neue Freunde gefunden.
Janosch Kereszti endet seinen Beitrag mit dem Satz: „Wer nur Täter sieht, verpasst die ganze Geschichte.“ Leider hat Kereszti ein großes Herz für die jugendlichen Straftäter, aber nicht für deren Opfer. Das ist beschämend für einen von unseren Beiträgen finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender. Ich befürchte, dass solche einseitigen Berichte noch mehr Menschen zur AfD treiben. Der Beitrag passt aber ins Bild, dass man in Bremen sich lieber mit den Tätern als mit den Opfern identifiziert: Vor einiger Zeit hat man in dieser Stadt ernsthaft erwogen, dem Opfer eines Brechmittel-Einsatzes, einem mutmaßlichen Drogendealer, ein Denkmal zu errichten.
Ich denke, dass war eine 100% auftragsgerechte Haltungsarbeit, die da mit Zwangsgebühren erstellt wurde.
Will Herr Kereszti sich damit als absolut linientreuer und hoch bezahlter Pressesprecher irgendwo im Senat empfehlen?