CSD – wer mitfeiern will, muss bis zu 1.500 Euro „Startgeld“ zahlen

20.08.2025 5 Von Axel Schuller

Haben Sie sich schon mal einen Christopher-Street-Day-Umzug angesehen? Ist bunt, laut, vielfältig. Auf mich wirkt der CSD wie eine große Straßenparty. Im Grunde wie der jährliche Freimarktsumzug. Aber aufgepasst, es gibt einen Riesen-Unterschied zwischen beiden Veranstaltungen – neben der Art, wie sich die Teilnehmer kleiden. Der CSD ist behördlich als Demonstration anerkannt (weil es eine Abschlusskundgebung gibt), der Freimarktsumzug hingegen gilt nur als Veranstaltung. Dies hat massive finanzielle Auswirkungen. Dabei kassiert der CSD Teilnahmegebühren von bis zu 1.500 Euro.

Ich gebe freimütig zu: Begegnen mir Menschen mit Hundemasken, welche die Tiergeräusche nachahmen, sich an der Leine führen und gegebenenfalls bestrafen/erziehen lassen, wirkt das auf „Altspießer“ wie mich schon befremdlich. Als Alt-68er würde ich nicht die Bohne auf die Idee kommen, mich einem „Herrchen“ oder Frauchen zu unterwerfen. Überhaupt – zu unterwerfen.

Sei’s drum. Ich möchte mich aufs Wesentliche konzentrieren. 

Nämlich aufs Rechtliche und aufs Finanzielle.

Die Organisatoren melden den CSD (wie am kommenden Sonnabend) als Demonstration an. Der Titel „Pride musst go on! Gemeinsam. Laut. Für. Alle.“ weckt zwar nicht spontan den Eindruck einer Demo. So wie auch der Freimarktsumzug. Beiden wohnt ein Stück Lebenfreude inne. Aber: Der CSD endet mit einer Kundgebung und Forderungen nach Anerkennung aller Lebensformen.

Da der CSD als Demo gilt, müssen die Organisatoren nix für Umleitungen von Bus und Bahn sowie die dazu gehörenden Schilder bezahlen. Auch nicht dafür, dass die BSAG in der Oberstraße vorübergehend den Saft aus den Oberleitungen nimmt. Und für den Einsatz von vielen Polizisten ebenfalls nicht.

Ganz anders beim Freimarktumzug. Dort werden die Veranstalter für allerlei zur Kasse gebeten. Unter anderem für die gerade aufgezählten Dienstleistungen der BSAG. Die Stadt lässt sich das „Abgittern“ der Wegstrecke bezahlen. Allein die Bremer Straßenbahn stellt für den Aufwand von Strom-Unterbrechung, Umleitungen von Bus und Bahn sowie die entsprechende Beschilderung 15.000 Euro in Rechnung. Dazu gesellt sich die teure Behörden-Forderung, jeden einzelnen Motivwagen kurz vor dem Start vom TÜV checken zu lassen. Zur Wahrheit gehört aber, dass die Stadt das rund 110.000 Euro teure Großevent für die breite Bevölkerung mit 60.000 Euro bezuschusst; die Schausteller übernehmen 50.000 Euro.

Die CSD-Organisatoren müssen nix an BSAG und Polizei überweisen. Sie dürfen im Fall eines Defizits auf bis zu 12.000 Euro aus dem Stadtsäckel setzen (siehe Blog „Christopher Street Day kann notfalls auf Staatsknete zurückgreifen“ vom 8.8.2025).  

Was nach meiner Recherche kaum jemand in Politik und Verwaltung weiß: Der CSD kassiert von den Teilnehmern zum Teil erkleckliche Summen.

Beispiele aus der Preisliste: „Teilnahme beispielsweise für Firmen, Unternehmen und nicht gemeinnützige Organisationen, Vereine, Gewerkschaften, Behörden sowie deren an- und untergliederten queere Arbeitsgruppen und Netzwerke, sonstige etc.“ zahlen beim Nutzung eines Lastwagen bis max. 40 Tonnen 1.500 Euro an Startgebühr. (Lkw-Miete, Beschallung, Beleuchtung usw. gehen ohnehin zu Lasten der Teilnehmer). Wenn sich also eine Partei mit einem großen Lkw an dem Umzug, Verzeihung: an der Demo, beteiligen will, kommt rasch ein fünfstelliger Gesamtbetrag zusammen.

Wer nur mit einem Lkw bis 7,5 Tonnen mitfährt, muss 900 Euro an die CSD-Organisatoren überweisen. Ein Pkw schlägt mit 350 Euro zu Buche, Motorrad (150) und Lastenrad (75 Euro) sind günstiger dabei. Aber, hej, Bollerwagen und Fußgruppen sind kostenlos dabei.

„Queer-gemeinnützige Organisatoren sind – finanziell – besser dran. Die müssen für einen 40-Tonner bloß 150 Euro Teilnahmegebühr abdrücken. Logo, dass Verkaufsstände (300 Euro), Foodtrucks (300) und „kommerzielle Stände großer Unternehmen“ (600) ebenfalls zur Kasse gebeten werden.

Liebe Leserschaft, weitere Details dieser Preisliste können Sie selbst im Netz nachlesen.

Jermaine Greene, Sprecher des CSD-Orga-Teams, mochte mir nur sagen: „Wir kämpfen um unsere Existenz, wir sind nicht auf Rosen gebettet.“ Weitere Auskünfte versagte er mir mit dem Hinweis, dass ihm die Art meiner Fragen nicht gefalle.

Tipp: Der Bremer Vergabeausschuss, der für die Gewährung eines angemeldeten Defizitausgleichs zuständig ist, sollte sich die Zahlen gerne genau anschauen.

Munter bleiben!

Herzlichst 

Ihr Axel Schuller

P.S.: Auch interessant: Ein Leser hatte mir in einem Kommentar auf das erste Stück über den CSD am 8.8. mitgeteilt, dass auf Trucks, die am CSD teilnehmen, Mitfahrgelegenheiten inkl. Trink-Flatrate für teuer Geld verhökert würden.