Bremen verliert engagierte Müllabfuhr-Chefin / Senat verstößt gegen eigenes Ziel
„Bremische Personalräte sind allzuständig – aber sie üben ihre Macht ohne Verantwortung aus.“ Mit diesen Gedanken scheuchte die Chefin der Bremer Stadtreinigung, Daniela Enslein, Politik und Verwaltung im September 2021 auf. Nun verlässt sie die Bremer Stadtreinigung Richtung Hamburg. Das kritisierte bremische Personalvertretungs-Gesetz besteht fort. Mindestens genauso schlimm: Der Senat hofiert weiterhin die Personalvertreter mehr als sein Führungspersonal im „Konzern Bremen“. Damit verstößt er übrigens gegen den eigenen Koalitionsvertrag.
Enslein hatte das Bremer Personalvertretungsgesetz (BPVG) für den öffentlichen Dienst (mit der darin festgelegten „Allzuständigkeit“ der Mitarbeitervertretungen) im September 2021 in einem Gastkommentar für den Weser-Kurier regelrecht angeprangert. Sie schrieb unter anderem: „Personalräte haben die finale Entscheidungskompetenz ohne jegliche Verantwortung.“ Und: „Die mögliche Willkür der Personalräte verkommt im schlimmsten Fall zum (Macht-)Missbrauch und lähmt Dienststellen und kommunale Unternehmen.“
Führungskräfte des „Konzern Bremen“ horchten damals neben Politikern und Verwaltungsmitarbeitern auf. „Die traut sich was. Und das ein Jahr vor Ablauf ihres Vertrages als „Vorständin der kommunalen Anstalt öffentlichen Rechts“ – unter deren Dach die Firma Nehlsen und die Stadt Bremen Müllabfuhr und Straßenreinigung organisieren.
Gleichwohl wurde ihr Vertrag 2023 bis zum Jahr 2027 verlängert. Offenbar, weil sie einen guten Job macht. Inzwischen hat Enslein etwas besseres als die DBS gefunden. Sie wechselt nach Hamburg, wo sie vom 1. Januar an als „technische Geschäftsführerin und Vorsitzende der Geschäftsführung“ beginnt. Statt 750 Mitarbeiter in Bremen ist sie an der Elbe für über 4.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig. Der Umsatz in Hamburg beträgt rund 500 Millionen Euro, in Bremen waren es 120 Millionen. Mithin ein Riesen-Karrieresprung für Enslein, der sich auch im Gehalt niederschlagen dürfte. Die Stadt Hamburg entlohnte ihren Vorgänger mit 337.000 Euro.
Und: Das Hamburger Personalvertretungsgesetz, das auch für die kommunale Stadtreinigung gilt, enthält keine Allzuständigkeit der Personalräte. Dies, obwohl Hamburg, bis auf eine Unterbrechung, seit Jahrzehnten ebenfalls von der SPD regiert wird. Aber, das muss man neidlos hinzufügen: besser und erfolgreicher als Bremen.
Kommen wir zurück zur rot-grün-roten Koalition an der Weser. Hier lädt der Senat alljährlich alle Personal- und Betriebsräte zu einem großen Empfang ins Rathaus ein. Dort wird dann den Personalvertretern als unverzichtbare Kraft für den öffentlichen Dienst und für die Demokratie gehuldigt.
Aber: Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte hat offenbar erkannt, dass die Chefs Bremen-eigener Firmen und die Dienststellenleiter auch etwas zu sagen haben; und mal wertgeschätzt werden müssen. Diese bilden häufig genug den Puffer zwischen Eigentümer- und Mitarbeiter-Interessen.
Dieser Gedanke fand sogar den Weg in den Koalitionsvertrag. Im Kapitel Finanzen und Personal heißt es in den Zeilen 7881-7882: „Wir werden künftig einmal im Jahr eine Strategieklausur mit den Führungskräften im Konzern Bremen durchführen.“
Nachfrage bei Senatssprecher Christian Dohle, ob denn 2023, 2024 und/oder im laufenden Jahr 2025 eine derartige Klausur mit den Betriebs- und Amtsleitungen stattgefunden habe. Antwort „Noch nicht.“
Wenn ich es recht bedenke, kann man Daniela Enslein (55) zum neuen Job in Hamburg nur gratulieren – und das gleich aus mehreren Gründen.
Mehr Verantwortung,
mehr Geld,
normales Personalvertretungs-Gesetz
und qualitativ anspruchsvoller Aufsichtsrat.
An der Elbe ist Katharina Fegebank (Grüne) Aufsichtsratschefin, die als Grüne Umweltsenatorin mit dem Thema Abfallwirtschaft -zig Mal mehr zu tun hat, als die derzeitige Verwaltungsratsvorsitzende der Bremer DBS, Irene Strebl. Diese ist zwar Staatsrätin bei Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf, dort aber für den Bereich Wissenschaft (Uni und Hochschulen des Landes) zuständig. Der ebenfalls im Ressort tätige Umweltstaatsrat Jan Fries hält sich – warum auch immer – von der DBS fern.
Fazit: Daniela Enslein hat offenbar alles richtig gemacht.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Eine schlimme Mischung aus ALLZUSTÄNDIGKEIT der (roten) Personalvertretung gepaart mit ideologisch begründeten Vorgaben aus der R2G-Senatspolitik führt zu diesem immer heftigeren wirtschaftlichen und sozialen Abwärtsstrudel der letzten Jahre.
Ändern kann das nur ein zukunftsgewandter Senat OHNE SPD, Linke und Grüne.
Wie wäre ein Bremen, das wieder durch kluge Entscheidungen das Ruder herumreißen kann und so selbst für das Überleben als Stadtstaat und unsere Sicherheit und Wachstum mit einer florierenden und prosperierenden Wirtschaft sorgen würde?
Ich würd sagen: Ich wäre bereit für einen radikalen Politikwechsel hin zu alten und neuen Stärken.
Herr Schuller hat einen „Nachruf“ auf die scheidende DBS-Vorständin Daniela Enslein geschrieben, der in weiten Teilen eher zur Kritik am Bremer Senat und am Bremer Mitbestimmungsgesetz geraten ist. Deshalb einige Anmerkungen dazu.
Ja, Frau Enslein hat auch nach meinem subjektiven Empfinden einen guten Job bei der DBS und ihren Beteiligungsgesellschaften geleistet. Als Mitglied des Verwaltungsrates und langjähriger Begleiter des Rekommunalisierungsprozesses traue ich mir diese Bewertung zu. Und der Ruf nach Hamburg mit seinem erheblich größeren Entsorgungsdienstleister zeigt, dass das auch andernorts so gesehen wird.
Und ja, Frau Enslein hat anfangs auch mit der Mitbestimmung in Bremen gefremdelt. Nach Berufsstationen beim privaten Entsorgerriesen Remondis und bei der Kölner Rheinenergie mit der Minderheitsbeteiligung von E.ON war das auch nicht überraschend. Das Bremische Mitbestimmungsmodell im öffentlichen Dienst gilt allerdings nicht für die operativen Gesellschaften der Abfalllogistik (ALB) und der Stadtreinigung (SRB), an denen Bremen mit 49,9 % beteiligt ist und die sich mit 50,1% im Besitz der Firma Nehlsen befinden. Dort hatte es Frau Enslein als doppelte Geschäftsführerin in beiden Fällen nur mit der normalen Mitbestimmung zu tun. Die Bremische Mitbestimmung gilt nur für die DBS als Obergesellschaft selbst.
Und allen Unkenrufen von Herrn Schuller zum Trotz hat Frau Enslein auch dort eine gute Performance vorzuweisen. Eine in den Tücken der Bremischen Mitbestimmung gescheiterte Vorständin hätte sich wohl kaum für die größere Aufgabe in Hamburg empfehlen können. Das reflektiert der Autor in seinem Blogbeitrag aber leider nicht.
Herr Schuller trägt überdies nicht nur zu dick mit der Kritik auf. Bei seinem Lob für das Gelten der gängigen Mitbestimmung bei der Hamburger Stadtreinigung lässt er auch eines unerwähnt: Die Hamburger Stadtreinigung (SRH) ist ein nämlich vollständig kommunales Unternehmen und war auch nie ganz oder teilweise privatisiert. Und entgegen der sonstigen Abneigung von Herrn Schuller gegen Rekommunalisierungen ist die SRH ein sehr erfolgreiches und in der gesamten deutschen Entsorgungsszene vorbildliches Modell. Und der Clou dabei: die SRH hat – wie Herr Schuller schreibt – 4.200 Mitarbeiter, gegenüber 750 in der Bremer Entsorgung. Das sind unverhältnismäßig viel mehr als bei uns. Und warum? Weil das Betätigungsfeld der SRH auch größer ist. Herrn Schuller scheint das nicht aufgefallen zu sein, obwohl er bei den Zahlen schon fast darüber stolpern musste. Tatsächlich könnte das ein Punkt sein, den man sich näher anschauen sollte.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Frau Enslein, die in gutem Verhältnis beruflich nach Hamburg wechselt, uns in einem Jahr darüber mehr berichten könnte. Vielleicht findet das dann auch Beachtung bei „Bremen so gesehen“.
Es kann nicht sein, dass ein Personalrat entscheiden kann, wenn ein Vorstand Entscheidungen im Sinne der DBS treffen will, dieser die Entscheidungen blockiert, nur um seinen ideologischen „Kampf“ zu gewinnen.
Ja und damit hat Herr Schuller Recht. Es muss keiner so tun, dass es nur der Ruf des Geldes oder der großen Stadt war. Sie hat in die DBS Herzblut investiert. Der Weggang von Daniela Enslein ist ein schwerer Schlag für Bremen. Sie hat die Stadtreinigung mit Mut und Klarheit geführt – und musste dabei Kämpfe austragen, die mehr mit Ideologie als mit Sachverstand zu tun hatten.
Ohne sie droht ein Vorstand, der den Vorgaben von Personalrat und SPD/Linken nachgibt. Das Ergebnis kennen wir schon: höhere Gebühren, schlechtere Qualität, weniger Leistung. Genau das, was wir bei den Recyclinghöfen erleben – 30 % teurer, 30 % weniger Service.
Frau Enslein hat für eine saubere Stadt zu fairen Bedingungen gekämpft. Jetzt droht Bremens Müllpolitik wieder im Parteitakt versenkt zu werden.
Das Thema Macht des Personalrats in Bremen ist ja kein neues. Aber in der SPD hat sich sowohl im Bund wie auch in unserem Bundesland eine Phobie gegenüber der Realität entwickelt , die man nur mit Angst und Sorge betrachten kann. Macht ohne Verantwortung muss schief gehen – jeden Tag erleben wir in Bremen plakativ, was das konkret für jeden einzelnen bedeutet. Es ist nicht notwendig , diese Problemfelder hier erneut darzustellen : die Betroffenen wissen und leiden, die SPD geführte Regierung blendet es einfach aus.
Das Bremer Personalvertretungsgesetz braucht eine Reform.
Das Bremer Personalvertretungsgesetz (BPersVG) steht in der Kritik, und das zu Recht. Es ist unbestritten, dass die Mitbestimmung der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung ein hohes Gut ist. Doch das aktuelle Gesetz geht weit über das Ziel hinaus. Es behindert die Handlungsfähigkeit der Verwaltung, erschwert dringend notwendige Reformen und ist in seiner heutigen Form nicht mehr zeitgemäß.
Die Befugnisse der Personalräte, die über die Regelungen in anderen Bundesländern hinausgehen, führen zu einer starren und ineffizienten Verwaltung. Entscheidungen werden verzögert, und innovative Projekte drohen im Dickicht der Mitbestimmungsrechte zu scheitern. In einer Zeit, in der die öffentliche Hand flexibel auf neue Herausforderungen, wie die Digitalisierung, reagieren muss, ist ein solches Gesetz ein Hemmschuh.
Zudem gibt es ernste Zweifel an der Verfassungskonformität des Gesetzes. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die ähnliche Regelungen in anderen Ländern für verfassungswidrig erklärt hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch das Bremer Gesetz auf den Prüfstand kommt.
Eine Reform ist daher unerlässlich. Es geht nicht darum, die Mitbestimmung abzuschaffen, sondern sie auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen, das die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sichert. Die Arbeitswelt hat sich grundlegend verändert, und auch das Personalvertretungsgesetz muss sich diesen neuen Realitäten anpassen. Es ist an der Zeit, das BPersVG zu modernisieren und die Verwaltung zukunftsfähig zu machen.
Die reden echt vom „Konzern Bremen“? Ist das noch „Reichsbürger-Denke“ oder schon bittere Wirklichkeit? Bei über 240 Staats-GmbHs ist das wohl Wirklichkeit. Aber man muss das wohl als inversen Korporatismus bezeichnen, statt dass der Staat mit Kapital verschmolzen wird, schmelzt das „Regime“ staatliche Aktivitäten aus der demokratischen Kontrolle der Bürgerschaft heraus in den Bereich des privat Rechts, aber irgendwie unvollständig wie man am Personalratsunwesen sieht.
Wie konnten wir die Leute, die diesen „Staatsstreich“ durchgeführt haben, als „links“ oder „sozial“ ansehen?
Sehr geehrter Herr Gottschalk, Sie kennen seit vielen Jahren meinen Grundsatz: Wer austeilt, muss auch einstecken. Dazu stehe ich. Gleichwohl will ich Ihnen heute doch mit ein paar Sätzen antworten: Dass Sie meinen, Frau Enslein habe „anfangs“ mit der Bremer Art der Mitbestimmung „gefremdelt“ ist Schönfärberei Ihrerseits. Der geharnischte Kommentar im WK ist in 9/2021 erscheinen – bei den DBS begonnen hatte sie am 1.1.2018. Anfangs? Herr Gottschalk, außerdem überfordern Sie einen Blogeintrag, wenn Sie hier eine wissenschaftliche Arbeit erwarten oder einfordern. Beispielsweise Ausführungen zur Organisationsform der Hamburger Stadtreinigung. Oder, dass ich über „Zahlen hätte stolpern“ und diese begründen müssen. Ja, ich weiß, dass HH größer als HB ist und der Betrieb dort rein kommunal aufgestellt ist. Ja und? Hätten Sie gerne ein Organigramm des Hamburger Betriebes gehabt, oder was? Zu Ihrer Äußerung, Frau Enslein habe trotz meiner Unkenrufen in Bremen einen guten Job gemacht. Wo haben Sie mich denn als Unke wahrgenommen? Bedauerlich finde ich, dass Sie trotz Ihrer ausführlichen Stellungnahme keinen Platz zu meinem Fazit gefunden haben: Nämlich, dass die Hamburger SPD die Stadt offensichtlich besser regiert, als die SPD dies in Bremen tut. Und zum gütlichen Ausscheiden von Daniela Enslein: Lesen Sie mal die dürre Mitteilung der Umweltsenatorin zum Ausscheiden. Oder denken Sie an die schmallippige Verabschiedung durch die Verwaltungsratsvorsitzende, Frau Irene Strebl.