Folgt auf den früheren UFO-Wahn der USA jetzt bei uns eine Drohnen-Hysterie?
Der Drohnenwahn hat das Land Bremen erreicht. Und immer mal wieder steht „der Russe“ als Pilot im Verdacht. Bevor wir in der UFO-Hysterie der USA in den 40er Jahren landen, lohnt ein Blick ins All: Dort umrunden viele Spezial-Satelliten die Erde; ausgerüstet mit Systemen, dank derer die Betreiber (USA, China, Russland, Indien, Europa) ständig – auch im Dunkeln und bei Nebel – beste Sicht auf Gebäude wie Kasernen oder Kraftwerke haben; angeblich sogar kleinste Teile erkennen… Welche Nation benötigt da noch Drohnen, um andere Länder auszuspähen?
Liebe Leserschaft, heute belästige ich Sie mal wieder mit ein paar überwiegend nicht bremen-spezifischen Gedanken. Wobei unser Bundesland durchaus am „Spiel“ beteiligt ist.
Ja, die Zunahme von tatsächlichen oder vermeintlichen Drohnen ist bedenklich. Laut Bundeskriminalamt wurden in den ersten Monaten des Jahres fast 550 Drohnen „registriert“ (im Sinne von gemeldet), aber leider keine sichergestellt. Die über Flughäfen sind offenbar so klein, dass sie zwar jemand gesehen hat oder haben will, es aber keine verwertbaren Flugdaten dieser Geräte gibt.
Das erinnert mich an die USA Ende der 1940er Jahre. Damals kam in den Staaten zunächst das Gerücht auf, über den Bundesstaaten Washington und New-Mexico seien jeweils ein unbekanntes Flugobjekt – UFO – gesichtet worden. Nicht wenige glaubten seinerzeit an die vielen kleinen grünen Männchen, die vom Mars auf unsere schöne Erde strebten. Plötzlich wurde nahezu jedes Licht am amerikanischen Himmel als UFO gedeutet.
Die US-Militärs griffen die um sich greifende Hysterie dankbar auf, forderten umgehend neue Waffen für den Kampf gegen die Außerirdischen.
Bei uns haben Drohnen jüngst Flughäfen über Stunden lahmgelegt. Aber keine davon ging den Sicherheitsbehörden ins Netz. Auch der von der Bremer Firma OHB gebaute Spezialsatellit mit seinen „Super-Radar-Augen“ konnte Null Komma Null zur Aufklärung beitragen. Dabei entgeht denen sonst nix, was auf der Erde vor sich geht.
Apropos Flughäfen: Noch mehr wirtschaftlichen Schaden verursachten „Hacker“ einer amerikanischen Airport-Software an mehreren europäischen Standorten. In den Blick der Ermittler gerieten jedoch offenbar eher Cyber-Kriminelle und keine Staatenlenker.
Schauen wir nach Bremen. Hier fordert der Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Michael Labetzke – gelernter Bundespolizist – nun gemeinsame Greiftrupps aller verfügbaren Sicherheitsbehörden. 50 bis 100 Personen stark müssten die sein. Sie sollten ausgestattet mit „Ferngläsern und anderer Ortungstechnik“ losziehen, und – im Falle eines gemeldeten Flugobjektes – die Drohnenpiloten in Bremen, Bremerhaven und im niedersächsischen Umland aufspüren.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat die leicht panische Stimmung in der Bevölkerung mit öffentlichen Äußerungen leider angeheizt. Man wisse zwar nicht, wer hinter den Drohnen-Flügen über kritischer deutscher Infrastruktur stecke – aber Russland könne man natürlich nicht ausschließen.
Gewinner der Hysterie: Die Militärbranche. Und, nicht zu vergessen, Aktionäre, die ihr sauberes Geld bspw. bei Rheinmetall angelegt haben. Einige prahlen sogar: Ein so gutes Geschäft hätten sie schon lange nicht mehr gemacht. Gutes Geschäft mit Waffen. Nix für bekennende Moralos.
Denk ich an Russland – ja: Der Überfall auf die Ukraine ist menschenverachtend und muss beendet werden – kommt mir die zerstörte Gas-Pipeline Nordstream in den Sinn. Spontan vermuteten 2022 erstaunlich viele Politiker und Journalisten Putin als Urheber. Was aber schon damals bar jeder Logik war. Dann schon eher die USA. Der Demokraten-Präsident, Joe Biden, hatte schließlich mehrfach prophezeit, Deutschland werde keine Freude an der Pipeline haben und solle auf das russische Gas verzichten. Aber, mittlerweile deutet eine Menge darauf hin, dass „Experten“ aus der Ukraine hinter dem Anschlag steckten.
Russland unterhält nach Überzeugung vieler Länder Schattenflotten, also Tanker, mit denen das russische Embargo-Öl via Ostsee zu Abnehmern geschippert wird.
Einer dieser Tanker, die „Eventin“, war im Januar 2025 plötzlich möverierunfähig, wurde von deutschen Helfern nach Rügen geschleppt und dort festgesetzt. Deutschland hat inzwischen Schiff und Öl beschlagnahmt.
Der Eigentümer, offiziell in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Hause, klagt dagegen. Klaro.
Bei aller Furcht vor Drohnen: Was würde eigentlich geschehen, wenn jemand von Schiffs- oder Öleigner-Seite auf die Irrsinns-Idee verfiele, den Tanker in die Luft zu jagen – falls die Richter für Deutschland und gegen die Ur-Eigentümer entscheiden?
Seltsam: Darüber sinnieren weder Politiker noch Medien. Nach dem Motto: Alle Aufmerksamkeit den Drohnen – und seien es häufig auch Spielzeugteile.
Liebe Leserschaft, Russland muss irgendwie zum Kriegsstopp in der Ukraine gebracht werden. Gerne auf dem Verhandlungsweg. Der wäre nämlich mit weniger Toten und Waffen gepflastert als die heutigen Kriegsgebiete auf ukrainischer und russischer Seite.
Die allseits beförderte Angst vor Drohnen kommt mir übertrieben vor. Jeder „Depp“ kann eine kleine Drohne im Elektronik-Handel erwerben und rumfliegen lassen. Weshalb soll es eigentlich nicht möglich sein, diese Hobby-Geräte mit einem Polizei-Präzisionsgewehr über einem weitläufigen Gebiet, wie einem Flughafengelände, abzuschießen?
Liebe Leserschaft, ich hoffe, Sie sehen mir meinen erneuten Ausreißer in die Welt nach. Manchmal muss es einfach sein… Beim nächsten Mal, steht Bremen wieder im Mittelpunkt. Versprochen.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Ein erfrischender Kommentar gegen die um sich greifende Verdummung!
Lieber Herr Schuller, wenn es nicht garantiert jemand anderes war, ist es zwangsläufig der Russe. Das ist zwingend logisch. Ich weiß gar nicht, was es daran auszusetzen gibt. Sie bestätigen mal wieder eindrucksvoll Ihren Hang zur Uneinsichtigkeit und Querulatorik. Auch dieser wird vom Russen neben Mängeln unserer Verteidigungsfähigkeit schonungslos aufgedeckt.
Danke für diesen Kommentar!! Der war überfällig!! Gesehen hat keiner die Drohnen – man hat nur gehört von einem, der sie gesehen hat – und der ist anonym geblieben. Hat ne Riesenwelle in den Medien gemacht. Und alle interviewten Experten haben gemäß dem Motto agiert: „da stelle mer uns mal ganz dumm“.
Für die Meinungsmache ist das trotzdem ein Erfolg: Geld für Drohnenabwehr ist schon bewilligt. Man weiß zwar noch nicht wie sie aussehen soll. Aber das Geld dafür ist schon da.
Dabei verrotten unsere Schulen, die Schüler haben keine guten Lehrer und brauchen dafür auch keine Leistungen abzuliefern. Dabei weiß man doch: ohne Leistung kein Erfolg. Ohne Erfolg kein Wohlstand. Gilt gerade für Deutschland – und gerade jetzt!
Mit einem haben Sie Recht: es geht natürlich nicht wirklich ums Ausspähen. Wer glauben will, dass sich mehrere Hobby-Piloten ausgerechnet jetzt an verschiedenen Örtlichkeiten in Deutschland verabreden, mal ein wenig über die kritische Infrastruktur zu fliegen. wird wohl schwierig vom Gegenteil überzeugen zu sein.
Realistischer erscheint mir, dass da „jemand“ Verunischerung in die Deutsche Gesellschaft tragen möchte, so wie sich ein potentieller Schutzgelderpresser einfach nur mal einen Tag in ein Cafe setzt..
Auch die Europäer in sicherheitspolitische Diskussionen zu verstricken oder einfach mal auszutesten, was wir so in Drohnenabwehr drauf haben (nichts!).
Kurz kam mir eben der Gedanke, Sie seien dem Chefpiloten auf dem Leim gegangen. Aber das jst ja so unwahrscheinlich wie wenn jemand Ferngläser als „Ortungstechnik“ verkauft.
Danke für den Impuls — einige Kernpunkte verdienen aus meiner Sicht eine klare, sachliche Einordnung.
Zunächst: Die Sorge vor Drohnen ist berechtigt — gerade weil sie klein, mobil und schwer nachweisbar sind. Das heißt aber nicht, dass jede Beobachtung automatisch zu einer Hysterie führen darf. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen belegten Gefährdungen (konkrete Eingriffe in Flughäfen, Angriffe auf Infrastruktur) und einzelnen, oft schwer verifizierbaren Sichtmeldungen. Pauschale Verweise auf „den Russen“ oder voreilige Schuldzuweisungen helfen da wenig und gefährden die notwendige Sachaufklärung.
Zweitens: Satellitenbildauswertung und hochauflösende Fernerkundung sind mächtige Werkzeuge — sie ersetzen aber nicht zwangsläufig lokale Aufklärung. Sat-Systeme haben andere Stärken (weite Abdeckung, bestimmte Sensoren), Drohnen operieren in niedriger Höhe und können sehr kurzfristig, punktuell und verdeckt agieren. Das heißt: Wer ausschließlich auf Satelliten vertraut, unterschätzt technische Grenzen und die Notwendigkeit lokaler Detektion. Zudem sind Drohnen, anders als Satelliten in der Lage, auch Daten zu sammeln – wo sind unsichere WLAN Netzwerke, welche Geräte sind wann und wo eingeloggt, etc.
Drittens: Forderungen nach „Greiftrupps“ mit 50–100 Personen und Ferngläsern klingen populär, sind aber aus meiner Sicht eher Symbolpolitik als wirkungsvolle Lösung. Solche Maßnahmen sind personalintensiv, teuer und schwer dauerhaft einsatzfähig — und sie werfen Fragen zu Rechtsgrundlagen, Zuständigkeiten und zum Verhältnis von polizeilichen Maßnahmen zu bürgerlichen Freiheitsrechten auf. Man darf nicht den Fehler machen, Technik- und Überwachungsphantasien mit vermeintlicher Handlungsfähigkeit zu verwechseln.
Viertens: Gefragt sind technische, rechtliche und organisatorische Antworten — nicht vornehmlich militärische Aufrüstung oder Profitsteigerungen für die Rüstungsindustrie. Konkrete, verhältnismäßige Schritte wären z. B.:
– Ausbau und Vernetzung messbarer Detektion (radarbasierte Nahbereichsdetektion, RF/Signal-Detektion, optische Systeme mit automatischer Auswertung);
-bessere Integration von Militär, Bundespolizei, Flughafenbetreibern und zivilen Stellen in festgelegten Melde- und Eingreifketten;
– konsequente Registrierung und elektronische Identifizierung von Drohnen/FPV-Piloten plus Durchsetzung bestehender Regeln;
– transparente Kommunikation der Behörden, um Spekulationen und Panik zu vermeiden;
– rechtliche Prüfung, welche Gegenmaßnahmen zulässig und wirksam sind (z. B. Abfangen/Abschießen ist rechtlich hochproblematisch und gefährlich).
Fünftens: Es ist legitim, die politische Dimension zu thematisieren — etwa mögliche außenpolitische Ursachen oder die Rolle von Rüstungsverkäufen. Diese Diskussion darf aber nicht dazu führen, dass operative Sicherheitsfragen in Spekulationen versinken. Infrastruktur- und Sicherheitsbehörden brauchen klare, überprüfbare Fakten, um zu handeln.
Fazit: Keine Bagatellisierung — aber auch keine Panik. Sachorientierte, verhältnismäßige Maßnahmen, bessere Detektion und klare Zuständigkeiten bringen mehr als symbolträchtige „Greiftrupps“ oder lautstarke Schuldzuweisungen. Die Debatte muss von Fakten, Rechtslage und Verhältnismäßigkeit geleitet werden — nicht von Angst oder wirtschaftlichen Gewinnerzählungen.
Über Sicherheitsbereichen wie Flughäfen, militärischen Einrichtungen, Forschungs-laboren, Kraftwerken Bahnverkehrseinrichtungen etc.
haben Drohnen nichts zu suchen, egal wer da am Steuerknüppel agiert. Dadurch bedingte Funktionseinschränkungen führen nicht nur zu erheblichen wirtschaftlichen primären und sekundären Kosten sondern mit entsprechenden Flugausfällen und Verspätungen zu viel Frust bei betroffenen Passagieren. Diese Drohnen aber mit den Ufo-sichtungen der 50 iger und 60 iger Jahre zu vergleichen (Roswell/Area 51 ????) erinnert, lieber Axel Schuller, doch eher an ein Satire-Magazin. Genauso wenig wie man auf der Standspur einer Bundesautobahn zum Picknick halten darf, können Drohnen über Sicherheitszonen akzeptiert werden, von wem auch immer dorthin gelenkt.
Es sollte eigentlich kein grosses Problem darstellen, diesen Dingern mit geeigneten Abschussgeräten zu begegnen.
Wäre mal ein Business-case für ein innovatives Star-Up.??? Ansonsten kann man Herrn Zeimke zu den Massnahmen der Sichtung und Aufklärung nur zustimmen. Hier einfach nur Hysterie zu unterstellen, wird dem geopolitisch breiten Feld der hybriden Konfliktführung und Sabotage (s.Anhörung der Führungen der bundesdeutschen Sicherheitsorgane vor dem parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages) leider nicht gerecht.
Zu dem Thema sollte man vielleicht in Erinnerung rufen, dass der Vorsitzende der SPD Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft sich dafür ausgesprochen hat, Bremen zum nationalen Drohnenkompetenz-Zentrum zu machen, das Dobrindt unter dem Motto: “Aufspüren, Abwehren und Abfangen – das beinhaltet auch das Abschießen von Drohnen“ vorgeschlagen hatte.
„Bei Mustafa Güngör, dem Vorsitzenden der Bremer SPD-Fraktion, ist Dobrindt mit seiner Idee vom Drohnenabwehr-Zentrum auf offene Ohren gestoßen. Mehr noch: Güngör möchte, dass es nach Bremen kommt, und hat Dobrindt deshalb bereits angeschrieben.“ (buten un binnen vom 7.10.). Bremen sei aufgrund seiner zahlreichen Rüstungsunternehmen und seiner Häfen, die der NATO als Drehscheibe für Waffentransporte dienen, ein besonders exponiertes Ziel von Drohnenspionage. (buten un binnen vom 4. Oktober)
„Am 4. August 1914 stimmt die sozialdemokratische Fraktion im Reichstag geschlossen für die Kriegskredite. Zwar gibt es intern mehrere Abgeordnete, die Widerspruch leisten. Doch sie beugen sich, zunächst, der Fraktionsdisziplin. Sie lassen sich auf die Politik des „Burgfriedens“ ein. Zwei Motive setzen sich dabei durch: Angesichts des nationalen Taumels wollen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht wieder als „vaterlandslose Gesellen“ angeprangert werden. Und: Sie finden es richtig, dem zaristischen, rückständigen Russland die Stirn zu bieten.“ (https://www.spd.de/160-jahre/1914-billigung-der-kriegskredite)
Es ist doch schön zu lesen, dass sich die Bremer SPD auf das Erbe ihrer Vorväter besinnt. Da sage noch einer, es gäbe keine Traditionspflege in der SPD. Mustafa Güngör belehrt uns eines Besseren. Danke für Ihren Hinweis, Frau Sörgel.
Herr Fasche, ich zitiere Sie mit Ihrer Erklärung des Drohnenphänomens: „Realistischer erscheint mir, dass da „jemand“ Verunischerung in die Deutsche Gesellschaft tragen möchte, so wie sich ein potentieller Schutzgelderpresser einfach nur mal einen Tag in ein Cafe setzt.“
Mein Motto lautet: „Metaphern sind Glücksache.“ Sie haben mit der Ihren eher Pech gehabt. Ein Schutzgelderpresser mag sich gerne mal einen Tag ins Café setzen. Er wird allerdings über drei Dinge keine Unklarheit hinterlassen: Über seine Identität, den Preis seines Schutzes und die Zahlungsmodalitäten. Rhetorische Frage: Haben Sie darüber im Kontext der Drohnen mehr in Erfahrung bringen können als Mutmaßungen in den Medien? Dann lassen Sie uns daran doch bitte teilhaben. Ich bin gespannt.
Hallo Herr Schuller,
ihre Einschätzung der Drohnen Hysterie teile ich weitgehend.
Wenig Beachtung in den Kommentaren hat leider der kleine Absatz über den Tanker „Eventin“ gefunden. Über diese große Zeitbombe wird in den Medien leider kaum etwas berichtet.
Deutschland hat dem manövrierunfähigen Tanker im März 2025 in internationalen Gewässern zunächst Hilfe geleistet und ihn in die Gewässer vor Rügen geschleppt. Die anschließende Beschlagnahme und Überführung in das Eigentum Deutschlands war seerechtlich eindeutig Piraterie. Ich bin gespannt, wie der Bundesfinanzhof die Klage des Eigentümers von Schiff und Ladung nach mehr als sechs Monaten entscheidet.
Wichtiger aber ist, wie auch der WWF mit großen Befürchtungen erklärt, dass hier ein alter Tanker mit 100.000 t Öl beladen vor Rügen liegt. Wenn dort etwas passiert, etwa durch Stürme, Unfälle oder Anschläge, dann kann man die Ostseeküste dort auf Jahre vergessen.
Die Staaten Estland, Finnland, Dänemark, Norwegen und Frankreich waren klüger und haben die kurzzeitig konfiszierten Tanker der sogenannten Schattenflotte schnell wieder weiterfahren lassen.
Es mehren sich in Bundeswehr, Politik, politischer Wissenschaft und Medien Behauptungen, dass Putin ab 2029 bereit sei für einen militärischen Angriff auf die NATO. Ich halte die Prognosen für falsch. Dabei verlasse ich mich nicht auf den guten Willen des russischen Präsidenten, sondern stütze mich auf militärische und ökonomische Fakten.
Mein Plausibilitätsargument: Putins „Blitzkrieg“ gegen die Ukraine ist bereits 2022 krachend gescheitert. In 3 ½ Jahren Krieg hat die russische Armee es nicht geschafft, die Ukraine zu besiegen, und es ist ihr nicht einmal gelungen, alle bereits annektierten Provinzen zu erobern. Russland ist der NATO auf konventionellem militärischem Terrain hemmungslos unterlegen: Auf Nachfrage zum Kräfteverhältnis zwischen Russland und der Nato bietet Google am 07.10.2025 folgende Antwort: „Die NATO ist deutlich stärker als Russland, sowohl militärisch als auch finanziell, da sie das stärkste Militärbündnis der Welt ist und die USA als mächtigste Einzelnation einschließt.“
Die Länder der NATO stecken Russland hinsichtlich Bevölkerungspotential und Wirtschaftsleistung locker in die Tasche: Russland hat 144 Millionen Einwohner, EU und europäische NATO- Länder zusammen rund 500 Millionen, die USA 345 Millionen. Dazu das entsprechende ökonomische Potenzial, das dem russischen mehrfach überlegen ist. Zudem wurde die NATO durch den Beitritt von Schweden und Finnland zur NATO erheblich gestärkt. Das Bruttoinlandsprodukt der 32 NATO-Staaten wird auf 55,2 Billionen US-Dollar geschätzt. Die Wirtschaftskraft Russlands liegt nominell bei 1,8 Billionen US-Dollar, Kaufkraftbereinigt bei 7 Billionen Dollar.
Letztlich: Russland überlebt nur wegen seiner Bündnispartner: Würde Russland nicht militärisch von Nordkorea und dem Iran unterstützt und ökonomisch von China und Indien, wäre seine Wirtschaft und damit seine Rüstungsproduktion aufgrund der vom Westen verhängten Sanktionen schon längst zusammengebrochen. Es ist fraglich, ob China einen Angriff Russlands auf die NATO mit tragen würde. Fazit: Eine Bedrohung für die NATO stellt Russland nicht dar, selbst wenn Putin es wollte.
Angesichts der militärischen und ökonomischen Schwäche Russlands stellt sich die Frage: Warum die Aufrüstungspropaganda von Regierung und Medien? Vielleicht haben wichtige Entscheidungsträger ein Portfolio der Rüstungsindustrie, vielleicht wollen sie Russland durch Drohgebärden (Wettrüsten) in die Knie zwingen, vielleicht wollen sie es im Zweifel auch krachen lassen. Wir sollten nicht vergessen, dass unsere lieben Parteipolitiker zweimal im Rahmen der Nato Krieg geführt haben, 1999 gegen Serbien und 2001 gegen Afghanistan. So friedliebend sind sie nun auch wieder nicht. Das wird auch Putin beeinflusst haben.
Den russischen Angriff vom 24.02.2022 bedauere ich zutiefst, weil Hunderttausende umgekommen und verwundet worden sind und Millionen ihre Heimat verloren haben. Rüstungslobbyisten und die ihnen verbundenen politischen und wirtschaftlichen Kreise haben nun ein leichtes Spiel in Politik, Wirtschaft und Presse. Und Putin hat mit einem Schlag die deutsche Friedensbewegung ins Abseits gestellt und zu einem Schattendasein verurteilt.