In Widersprüche verstrickt – wie lange kann sich Wirtschaftssenatorin Vogt noch halten?

18.10.2025 10 Von Axel Schuller

Ex-Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) haben etwas gemeinsam: Sie haben sich in tiefe Widersprüche verstrickt, die man nicht schönreden kann. Während Moosdorf nach dem „goldenen Handschlag“ für ihre Staatsrätin Irene Strebl das Spielfeld verlassen hat, hält sich die Linke Vogt noch auf dem Platz. Wie lange noch? Vogt spürt den heißen Atem der Staatsanwälte im Genick. Hat die Wirtschaftssenatorin die  Steuerzahler durch die Frühpensionierung ihres Staatsrates Sven Wiebe geschädigt? Das wäre rechtlich „Untreue“. Besonders ungeschickt: Wiebe ist – obwohl nur „einstweilig“ im Ruhestand – berufstätig. Aber nicht für den Staat, sondern auf eigene Rechnung.

Die Spitze der Bremen Linken wittert Ungemach. Noch am Tag der Durchsuchung der Staatsanwaltschaft sprangen die Linken, Landessprecher Christoph Spehr und Fraktionschefin Sofia Leonidakis, „ihrer“ Senatorin bei. „Wir sind überzeugt, dass Kristina Vogt keine andere Möglichkeit hatte und sich nichts zu Schulden hat kommen lassen.“

Dumm nur, dass Vogt sich in (von „Buten un Binnen“ akribisch dokumentierte) Widersprüche verstrickt hat.

Hier eine Chronologie des „Hü und Hot“:

Am 31.8.2023 teilte „ihre“ Wirtschaftsbehörde im – man kann sagen: amtlichen – Senatspressedienst mit: Sven Wiebe hat das Amt mit großer Souveränität und Expertise ausgefüllt. (…) und sich dazu entschieden(…), mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen.“

Dies kann man beim besten Willen nicht als Versagen des Mannes verstehen, weshalb die Ressortchefin ihn in den einstweiligen Ruhestand hätte versetzen dürfen. Das klingt eher nach (innerer) Kündigung durch den Staatsrat selbst – was ihn aber um die üppige Versorgung gebracht hätte. 

Im Protokoll der Deputation für Wirtschaft und Häfen vom 23.9.2023 ist explizit nachzulesen: „Senatorin Vogt bestätigt offiziell, dass Staatsrat Wiebe auf eigene Bitte das Ressort zum Oktober 2023 verlassen werde.“

Erst am 8.10.2025 – als der Skandal Moosdorf/Strebl hochkochte – ließ Vogt mitteilen: Da Herr Wiebe die Aufgaben eines Staatsrates nicht mehr wie zuvor amtsangemessen erfüllen konnte, bekam die Senatorin im Laufe der Zeit Zweifel an der persönlichen Eignung (…) und hat in der Folge entschieden, den Staatsrat in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.“

Und erst jetzt – zwei Jahre nach der Frühpensionierung – wollte sie ihre erste Formulierung als Schonung ihrer Staatsrates verstanden wissen:

Vogt ließ nämlich mitteilen: „Die Senatorin wollte nicht, dass die Hintergründe öffentlich werden, weil sie das angesichts seiner (Wiebes) langen Zugehörigkeit zum Ressort als stillos und unangemessen empfunden hätte.“

Kristina Vogt, die treu Sorgende? Oder Kristina Vogt, die Ertappte

Weshalb fällt ihr erst ihm Oktober 2025 ein, sie habe damals  Wiebes Gründe für dessen Ausscheiden nicht öffentlich machen wollen? 

Zumal sie das doch bereits im September 2023 getan hatte. Und zwar mit den Worten: „Sven Wiebe hat sich entschieden, mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen“.

Richtig blöd für Vogt: Der in den „einstweiligen Ruhestand“ versetzte – aber nach Beamtenrecht natürlich jederzeit in den Dienst rückholbare politische Beamte – widmet sich nicht nur Frau und Kind, sondern ist aushäusig sehr aktiv: als „Geschäftsführer“ der „Initiative Stadtbremische Häfen (ISH)“, ein Zusammenschluss mehrerer großer Bremer Hafen-Firmen. 

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte hat denn auch den Manager ob dessen neuer wichtiger Rolle im Rathaus empfangen. Wiebe tritt für seine Auftraggeber emsig öffentlich auf. Ein Account bei LinkedIn legt Zeugnis seines Engagements für den neuen Arbeitgeber ab – während er als Staatsdiener „einstweilig“ im Ruhestand ist.

Kommen wir noch einmal auf mögliche Parallelen der Fälle Moosdorf und Vogt zurück. Moosdorf hatte zunächst erklärt, ihre Staatsrätin Irene Strebl habe ihr mitgeteilt, sie könne aus persönlichen Gründen nicht mehr so aktiv sein. Als Moosdorf merkte, dass dies nicht ausreicht, eine Staatsrätin ohne Verluste von Bezügen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, schob sie eine andere Begründung nach: Sie habe das Vertrauen in Strebls Amtsführung verloren. Damit versiegte der Geldfluss nicht.

Die Folge: Die Grünen versagten Moosdorf jeden öffentlichen Zuspruch. Moosdorf nahm ihren Hut, „um das Amt vor Schaden zu bewahren“. Die Staatsanwaltschaft rückte an, ermittelt wegen das Verdachtes der Untreue.

Nachtrag: Moosdorf war für ihr Amt offenbar ungeeignet. Jedenfalls für den politischen Teil: Das Finanzressort hatte sie, wie zu hören ist, angeblich v o r ihrer zunächst ehrlichen (später aber korrigierten) Erklärung zum Ausscheiden ihrer Staatsrätin gewarnt. Doch die politisch unbeleckte Moosdorf blieb bei ihrer Ehrlichkeit/politischen Dummheit, die sie am Ende den Job kostete.

Bei Vogt driften die erste und die nachfolgenden Erklärungen zum Ausscheiden ihres Staatsrates Wiebe ähnlich auseinander wie im Fall Moosdorf/Strebl

Der Unterschied: Vogt befindet sich noch im Amt.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD), vom 1. November an  zusätzlich für ein Jahr lang Bundesratspräsident, hat vermutlich keinen Nerv für die seit Wochen wabernde Krise:

Sascha Aulepp aus dem Amt getrieben; 

Ulrich Mäurer verabschiedet sich Ende 2025; 

Kathrin Moosdorf weg; 

Kristina Vogt – werden wir sehen.

Man fragt sich allmählich, ob diese rot-grün-rote Regierung noch genug Kraft für die Bewältigung der drängenden Aufgaben hat? 

Oder wären Neuwahlen vielleicht besser?

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Wie so häufig möchte ich Sie, liebe Leserschaft, auf die Kommentare zum vorigen Stück „Bremen will beim Klima…“ hinweisen. Immer wieder: lesenswert.