Aulepp: Bitte Reset-Taste für Bildung drücken / Lencke Wischhusen kurz vor der Heiligsprechung
In Bremen kräht schon – eine Woche nach Bekanntwerden – kein Hahn mehr danach. Fakt ist, liebe Leserinnen und Leser, dass Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) vor einem riesigen Scherbenhaufen steht. Da helfen auch die Osterferien nix. Aber auch gar nix.
Vorige Woche fielen die Ergebnisse des sogenannten Lale-Schülertests wie Eisregen auf Bremen hernieder.
„Lale“ – Lernausgangslagen-Erhebung – förderte zu Tage: Drei Viertel der Fünfklässler in Problem-Stadtteilen haben große Schwierigkeiten beim Lesen eines Textes und können den Text nicht als Ganzes verstehen. Und Mathe? – katastrophal: 81 Prozent erreichen nicht den „Regel-Standard“.
Es ist zum Verzweifeln, oder wie die Bremer gerne sagen: zum Mäuse melken. Bremer Bildungssenatoren und Senatorinnen mühen sich nach Kräften ab, damit der Zwei-Städte-Staat endlich die rote Laterne bei Bildungs-Tests abgibt. Sozialdemokraten, die unter dem legendären Willy Brandt den zweiten Bildungsweg erfanden, um auch Arbeiterkindern die Chance zum Studium und damit zum gesellschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen. Ausgerechnet jene Sozialdemokraten sind in Bremen seit über 70 Jahren für die inzwischen katastrophalen Ergebnisse an bremischen Schulen politisch verantwortlich.
Wenn in der Computerwelt nix mehr geht, drückt man die Reset– oder Neustart-Taste. Vorschlag: Lasst nach den Osterferien die unzähligen Menschen der Bildungsbehörde für ein halbes Jahr zu Hause. Nur die notwendigsten kommen in die Behörde; Personaler, Rechnungswesen usw. Aber niemand, der sich im Unterrichtsinhalte kümmert.
Und die Senatorin soll – vorsichtshalber – auch nix machen. Die wird stattdessen zu einem Power-Lehrgang geschickt. Thema: „Wie finde ich passendes Führungspersonal?“ Dieses Trauerspiel um Aussuchen, Anheuern und nach vier Wochen wieder Rauswerfen einer Staatsrätin ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Die Begründung, man habe unterschiedliche Auffassung von der Entwicklung und Führung der Groß-Behörde gehabt, klingt lächerlich.
Ich erinnere mich noch an meine aktive Zeit. Da hat man vor einer Stellenbesetzung Auswahlkriterien aufgestellt. Wenn man meinte, den oder die Richtige gefunden zu haben, hat man sich im persönlichen Gespräch „beschnuppert“ – falls man diesen Begriff noch verwenden darf.
Im vorliegenden Fall der Besetzung der obersten Verwaltungsstelle bei Bildung vier Wochen nach Anstellung zu merken, dass man nicht zueinander passt, spricht – ich sag’s mal ganz vorsichtig – nicht für Führungskompetenz. Also, Verantwortliche der Landesregierung: Denken Sie mal drüber nach, die Lehrerinnen und Lehrer nach den Ferien sechs Monate einfach machen zu lassen… Wer weiß, vielleicht löst dies einen Motivationsschub aus, die Lehrerinnen und Lehrer legen sich – auf andere Art als sonst – ins Zeug….
Und würde alles so bleiben wie bisher, könnte man zumindest den Schluss daraus ziehen: Dieser Riesen-Apparat, der Inhalte vorgibt, kontrolliert usw. ist überflüssig. Vielleicht sollte die Behördenspitze einfach nur Ziele vorgeben – und die Paukerschaft einfach machen lassen.
Liebe Leserinnen und Leser, Sie finden das spinnert? Mag sein, aber noch mal Jahrzehnte weitermachen wie bisher, wird das bremische Schulwesen auch nicht voranbringen. Leider.
Apropos voranbringen. Lencke Wischhusen, aktuell noch Fraktionsvorsitzende der FDP in der Bremischen Bürgerschaft, scheidet zur nächsten Wahl im Mai 2023 aus der Politik aus. Sie darf sich zugute halten, die FDP 2015 in die Bürgerschaft zurückgeführt zu haben. Das ist so. Punkt. Die damalige Werbekampagne, erstmals mit der dominierenden Farbe Margenta“, war exzellent. Die junge Frau, Jüngeren aus der beliebten TV-Show „Höhle der Löwen“ bekannt, stand für eine junge und frisch auftretende FDP. Von Bremer Politik hatte sie zu diesem Zeitpunkt – Achtung: Ich bin kein Chauvi! – nahe null Ahnung. Der alte liberale Haudegen Horst-Jürgen Lahmann und weitere erfahrene Menschen mussten sie seinerzeit mit Details bremischer Themen bekannt und vertraut machen. Wischhusen nahm die neue Rolle als Fraktionsvorsitzende (logische Folge ihrer Spitzenkandidatur) ziemlich locker. 2019 schaffte die FDP mit ihr erneut den Sprung in die Bürgerschaft. Super Erfolg! Dass sie dann als neuer Bremer Stern in den FDP-Bundesvorstand gewählt wurde, grenzte an ein Wunder. Die damaligen drei liberalen Top-Frauen ließen sich medial hervorragend vermarkten: Katja Suding, Nicola Beer und Lencke Wischhusen (damals Steiner). Die „Gala“ betextete ein Foto mit der legendären Zeile „Drei Engel für die FDP“.
Doch all dies änderte wenig an Wischhusen Engagement für Politik. Gestern erklärte sie nun, sie wolle wieder Unternehmerin werden. Schaun mer mal.
Dass die Grünen nach der Bürgerschaftswahl 2019 keinen Bock auf „Jamaika“ mit CDU und FDP hatten, lag auch an Lencke Wischhusen, die seit gestern bei einigen Liberalen und wohlmeinenden Journalisten kurz vor der Heiligsprechung steht. Sie hatte vor der Wahl kundgetan, viele „migrantische Jungs“, gerade im Bremer Westen, fänden es super cool, wenn sie bei ihrem stramm-motorisierten BMW den Motor röhren lasse. Ein Auto müsse auf jeden Fall „richtig Bums“ haben. Bei den linksorientierten Bremer Ökos ein no-go.
Neuer starker Mann der FDP wird nach meiner Einschätzung Thore Schäck, Senkrechtstarter der Bremer FDP. Gerade mal 37 Jahre alt, vom Vorsitz der Julis vor zwei Jahren an die Landesspitze der FDP gesprungen. Politiker-schlau hat er sich in der Bürgerschaftsfraktion die Zuständigkeit für Finanzen, Verkehr und Bau gesichert. Wischhusen konnte sein Drängen an die Spitze nicht übersehen und zog jetzt die Konsequenzen.
Schäck ist ein kluger Kopf. Menschen für die liberale Ideen mitzureißen – muss er vermutlich erst noch lernen.
Munter bleiben!
Ihr as
Axel Schuller