Von wem geht real die größere Bedrohung aus – von “Reichsbürgern” oder Messerstechern?

13.12.2022 Aus Von Axel Schuller

Ich will nix verharmlosen. Ganz ehrlich! Die vermeintlichen oder tatsächlichen Reichsbürger, die unser Land angeblich mit Waffengewalt übernehmen wollten, dienen aktuell als die „schlimmste Bedrohung unseres Staates“. Ist das tatsächlich so? Ich möchte eine andere “Gruppe“ dagegenstellen, zumindest mal erwähnen: Messerstecher. Ich habe den Eindruck, dass deren Zahl rapide zunimmt. Gegen die wird nicht gezielt ermittelt/vorgegangen, denn die sind nicht in einer (übersichtlichen) kriminellen Vereinigung organisiert.

Liebe Leserinnen und Leser, ich kann mich nicht gegen den Verdacht wehren, dass dieser angebliche Staatsstreich von diesen sogenannten Reichsbürgern aufgebauscht rüberkommt. Will sich Innenministerin Nancy Faeser für die hessische Landtagswahl als „harter Hund“ gegen Rechts empfehlen? Fest steht: Diese Dauer-Besorgnis-Berichterstattung trübt/verstellt den Blick für ein ganz handfestes, von Nord bis Süd reichendes, Problem: Die zunehmende Gewalt gegen Menschen.

Schauen wir mal auf unser kleines Bremen. Hier wurden im vergangenen Jahr 350 Messerattacken auf andere Menschen registriert. Anders ausgedrückt: Nahezu jeden Tag zückt ein Kerl (ja, es sind ausschließlich Männer) ein Messer, um sein Ziel zu erreichen: Um sein Gegenüber aus der Welt zu schaffen (24 Versuche in 2022), Geld, Handy oder Schmuck herauszupressen oder um einen anderen Menschen zu „bestrafen“, zu demütigen bzw. ihn – in Straßen-Deutsch – fertig zu machen.

Ein Blick über Bremen hinaus: Denken Sie bitte an den Fall des 14-jährigen Schulmädchens in Illerkirchberg/Baden-Württemberg. Ein Eritreer, seit sechs Jahren in der Bundesrepublik, läuft zwei Schulmädchen nach, und ersticht das eine davon. Das andere wurde ebenfalls schwer verletzt.

Wie sieht die Bilanz in Bremen aus? Ein Blick aufs vorige Wochenende: Da gerieten zwei Jugendliche mit einem 27-jährigen Erwachsenen im Bus aneinander. Nach dem Aussteigen stach einer der Jugendlichen dem Erwachsenen in den Bauch. Einfach so. Was ist das für eine irre Welt.

Obwohl die zwei Jugendlichen flüchtig waren, meldete ein öffentlich-rechtlicher Sender im Hörfunk n i c h t , dass die beiden über dunklen Teintverfügen. In der Polizeimeldung (POL-HB: Nr.: 0768) hatte diese Beschreibung (sowie: „Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren alt“) gestanden, um so eine Suche im Umkreis der Haltestelle zu unterstützen.

In Journalistenkreisen hat sich eine regelrechte Schere im Kopf breitgemacht. Ausländer als solche zu nennen – bloß nicht. Die eigene Community/Blase, in der sie leben, könnte ja schlecht über einen denken. Ih, ein Rassist.

Eine von der CDU im Innenressort angeforderte Statistik verschlägt dem gemeinen Leser den Atem. Im Jahr 2021 haben Täter 350 mal das Messer gezückt, gedroht und zugestochen, um den eigenen Willen durchzusetzen. Zu den Nationalitäten heißt es in einer Vorlage des Ressorts von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) für die Innendeputation (VL 20/7535): „…wurden insgesamt 151 deutsche und 160 nichtdeutsche Tatverdächtigeregistriert.“ Und:_ „…unter den erfassten nichtdeutschen Tatverdächtigen dominieren türkische und syrische Staatsangehörige…“

Ich will keine Stimmung gegen Ausländer machen. Dafür sorgen Straftäter in deren Reihen schon selbst. Der in Deutschland geltende Pressekodex empfiehlt, bei Straftaten nur dann auf andere Staatsangehörigkeiten bzw. auf das äußere Erscheinungsbild („südländisches Aussehen“) hinzuweisen, wenn der Täter noch gesucht wird. Sobald er gefasst wurde, soll keine Nationalität mehr genannt werden.

So hat sich Innenministerin Nancy Faeser laut NZZ auch verhalten, als sie sich zu dem Mädchenmord in Illerkirchberg geäußert hat. Dass der mutmaßliche Täter aus Eritrea stammt, erwähnte sie demnach nicht.

Weniger rücksichtsvoll agiert der Staat, wenn er eine scharfe Gangart beweisen will. Siehe die Razzia Ende voriger Woche bei den sogenannten Reichsbürgern: Da standen jeweils Scharen vorab informierter Journalisten,Kameraleute und Fotografen bereit, um die Tatverdächtigen (Prinz, Polizist, Ex-AfD-Abgeordnete und jetzt Richterin) bildlich festzuhalten. Natürlich ohne Balken vor den Augen.

Im Bundestag überschlug man sich schier vor Aufregung. Pikanterweise dient eine verhaftete Ex-AfD-Abgeordnete dem Staat als Richterin. Skandal, klang es aus den Reihen von CSU, Grünen, Linken, SPD. Der Rest war etwas zurückhaltender.

Ihr Blogger as ist bekanntlich nicht faul, liebe Leserinnen und Leser. Deshalb habe ich im Bremer Innenressort und im hiesigen Justizressort nachgefragt: Müssen Polizisten, Staatsanwälte und Richter vor ihrer Einstellung in den öffentlichen Dienst ihre Verfassungstreue nachweisen?

Die Antwort von Inneres lautete: „Seit Dezember 2020 wird bei allen Bewerber:innen des Polizeivollzugsdienstes eine Zuverlässigkeitsüberprüfung durchgeführt.“

Das Justizressort macht’s bis zum heutigen Tag nicht. Der Ressortsprecher schrieb: „Eine Zuverlässigkeitsüberprüfung ist just in der ‚Mache‘. Im nächsten Jahr dürfte diese dann nach Schluss des Gesetzgebungsverfahrens in Kraft treten.“

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Ich hatte Ihnen am 2. Dezember 2022 versprochen, das Thema „Bremer Standard“ für Neubauten im Blick zu behalten und darüber zu schreiben. In der Baubranche würde man jetzt vermutlich sagen: „Coming soon“.

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