Immobilienexperte: „Bremen schießt den Vogel ab“

02.09.2025 5 Von Axel Schuller

Liebe Leserschaft, allein in Bremen fehlen 10.000 Sozial-Wohnungen. Rot-Grün-Rot hat zu Zeiten von Bausenatorin (bis 2023) Dr. Maike Schaefer (Grüne) für die Bauindustrie den bundesweit strengsten „Bremer Standard“ festgelegt. Die Folge: Gepaart mit hohen Zinsen, Material-Preissteigerungen und höheren Löhnen wird inzwischen kaum noch gebaut. David Jacob Huber, Landesgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), hat sich jüngst bei LinkedIn zur Situation geäußert.

Seinem Bericht über seine „Sommerreise“ können Sie entnehmen, dass es schlecht um die Bauwirtschaft bestellt ist. Und dass Neubauwohnungen vorerst Mangelware bleiben werden. Im Anschluss an Hubers Erlebnisse in Niedersachsen und Bremen, die ich nachfolgend im Wortlaut veröffentliche, noch ein paar Hinweise auf die aktuelle Situation in Bremen. Beispielsweise: Am morgigen Mittwoch tagt eine Arbeitsgruppe der Senatskommission für Wohnungsbau im Rathaus, um beim Bremer Wohnungsbau endlich „in die Hufe“ zu kommen.

Zunächst David Jacob Huber:

Nichts geht mehr! / Es ist alles vorbereitet, aber es wird nicht gebaut. / Ernüchternde Bilanz.

„Heute geht meine Sommerreise zu Ende. 

Viele Gespräche, viele Baustellen, viele Erkenntnisse, die mich sehr nachdenklich machen. Unternehmer, die, konfrontiert mit den Aussagen unserer Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) nur müde lächelnd den Kopf schütteln. Die Realität sieht anders aus. 

Ich habe Baustellen besucht, die gut laufen wie die von der Deutsche Reihenhaus AG in Gehrden. Ich habe viele Unternehmen besucht, war in Bremen, Oldenburg, Braunschweig, Sehnde und Osnabrück unterwegs und habe viele Gespräche geführt. Und vor allem genau zugehört. 

In 2 Monaten vom Bauland bis zur Baugenehmigung? Die Unternehmer schütteln den Kopf und erzählen von 6, 7, ja sogar 10 Jahren, bis ein Bebauungs-Plan fertig ist. Und dann noch mal einige Jahre, bis alle Ämter zufrieden sind,  und eine Baugenehmigung erteilt wird. Und sie berichten von unsinnigen Forderungen der Baugenehmigungsbehörden für eine Genehmigung. 

Das Sahnestück? Ein Grundstück in einer Stadt mit Altbestand, der abgängig ist und rückgebaut werden soll. Ein fertiger B-Plan. Die Behörde verlangt für die Genehmigung noch den Nachweis, welches Unternehmen den Abriss erledigen wird. Und nein, es genügt nicht, dass man das Unternehmen nennt. Es muss auch noch ein Auftrag vorgelegt werden – für eine Arbeit, die nach der Arbeitsweise der Behörde frühestens in 2 Jahren durchgeführt wird. Welcher Unternehmer lässt sich auf so einen Schwachsinn ein? 

50% Kostenreduktion bei serieller Bauweise? Das wird versprochen. Aber die Zusatzforderungen der Kommunen packen noch mal 40% obendrauf. Solardachpflicht, Dachbegrünung, Schallschutz etc. Überall packt man auf den ohnehin schon hohen Standard noch was drauf. Die Befreiung von der Stellplatzpflicht nach der Novelle der NBauO wird locker mit einem Städtebaulichen Vertrag, der jetzt sogar für ein Mehrfamilienhaus gefordert wird, umgangen. 

Und Bremen schießt den Vogel ab: Da wird der „Bremer Weg“ diskutiert und nebenbei die Grunderwerbssteuer um 10% erhöht. Die Stadt braucht eben Geld. Misswirtschaft in den Ressorts hin oder her. Axel Schuller kann ein Lied davon singen. 

Und dann steht man da, auf einer Baustelle, die eigentlich bebaut werden kann. Nix tut sich. Warum? Die Bank hat die Finanzierung abgesagt. Der Grund? ESG und EU-Taxonomie. Das Gebäude war nicht nachhaltig genug. 

Menschen gehen an der Baustelle vorbei und fragen: Wann wird denn begonnen? Wir brauchen die Wohnungen. Die Antwort: Wahrscheinlich gar nicht. Die fertige Bodenplatte wird irgendwann wieder von der Natur zurückgeholt.

Soweit David Jacob Huber, Geschäftsführer des BFW in Bremen und Niedersachsen.

In Bremen soll sich morgen etwas tun. Obwohl Hamburg und Schleswig-Holstein bereits eine Absenkung der Standards im Baurecht beschlossen haben, wollen die Bremer ihr eigenes Modell entwickeln, basteln an einem „Bremer Weg“. Bausenatorin Özlem Ünsal hat sich zwar im Senat für ein Absenken der Standards und für eine Beschleunigung der Verfahren eingesetzt. Ihr Ziel: Deutliche Kosten-Ersparnis pro Wohneinheit und dadurch endlich wieder mehr Wohnungsbau. Mit den Details beschäftigt sich eine Unterarbeitsgruppe der Senatskommission für Wohnungsbau, die sich morgen ab 9 Uhr im Rathaus trifft. Bislang, so ist zu hören, hakt es aber gewaltig. Knackpunkte sind weiterhin zu teure Lärmschutzauflagen (voll verkleidete Balkons, die nach Expertenangaben pro Stück mit bis zu 10.000 Euro zu Buche schlagen), die Verordnung über Mobilitätshäuser in einem Baugebiet und selbst das Absenken der Energie-Richtwerte auf Bundesmaß gefällt den Grünen offenbar nicht.

Der Diskussionsprozess zieht sich mittlerweile über Monate hin.

Vermutlich wird Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) weiteren Zündstoff in die Runde tragen. Sie ist bekanntlich überzeugt, dass die Politik endlich die Bebauung der Rennbahn in der Vahr anpacken muss. Auch wenn ein Volksbegehren 2019 ein anderes Ergebnis hatte.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller