SPD-Träumerei – unbezahlbar und rechtlich zweifelhaft / Sieling gibt seinem Affen Zucker

28.09.2025 11 Von Axel Schuller

Driftet Bremens Ex-Bürgermeister Dr. Carsten Sieling (SPD) etwa in die sozialistische Hass-Welt ab? Und: Den Jusos sei „Dank“: Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) muss seit dem Wochenende „politische Fußfessel“ ertragen – und das mit Zustimmung offenbar ahnungsloser Partei-Soldaten. Der Bürgermeister ist künftig aufgefordert, dass sich das bettelarme Bremen notfalls an ArcelorMittal Bremen beteiligt.

Manchmal frage ich mich ernsthaft, wie man als normal Denkender die Bremer Politik noch ertragen kann, ohne in Polit-Verzweiflung zu versinken.

Die SPD ist noch eine tragende Bremer Partei. Dennoch fassen Landesdelegierte – sogar gegen den Wunsch des eigenen Bürgermeisters – den Beschluss: „Sollte es zu einer konkreten Gefährdung der Zukunft des Stahlwerks kommen, darf eine staatliche Intervention zum Beispiel eine Beteiligung wie in Niedersachsen (…)nicht von vornherein ausgeschlossen werden.“

„Liebe“ Jusos und SPD-Delegierte:

Wissen Sie eigentlich, was Sie da beschlossen haben?

Die Bremer Hütte ist eine defizitäre Betriebsstätte des ArcelorMittal-Konzerns. Im Jahr 2023 wurden in Bremen fast 142 Millionen Euro Miese „erwirtschaftet“. 2024 war es immer noch rund 70 Millionen Euro.

ArcelorMittal hat die Umrüstung auf „grünen“ Stahl auf unbestimmte Zeit verschoben, weil selbst der Öffentliche Zuschuss von über einer Milliarde Euro die Kosten bei weitem nicht deckt. ArcelorMittal selbst müsste für die „Transformation“ des Werkes mindestens eine weitere Milliarde Euro als oben draufpacken. Aber auch dann rentiert sich die „Transformation“ laut Mittal nicht, weil der Strom in Deutschland zu teuer ist; weil es am benötigten Wasserstoff fehlt; weil der Chinesen-Kohle-Stahl die Preise versaut.

Anders ausgedrückt: Würden sich das Land Bremen an der ArcelorMittal-Betriebsstätte beteiligen, müsste das bettelarme Bremen einen Teil der jährlichen Werks-Verluste übernehmen, den bereits zugesagten Landesanteil von 250 Millionen Euro am öffentlichen Zuschuss zur Transformation tragen – und dazu käme eine Beteiligung an der Investitionssumme, die das Werk selbst aufbringen muss.

SPD-Delegierte, dämmert Ihnen allmählich, was Sie da am Sonnabend aufs Gleis geschoben haben?

Womöglich haben einige Antragsschreiber an 1993 und an den damals wirtschaftlich versierten Bürgermeister Klaus Wedemeier (SPD) gedacht.

Doch der hat das seinerzeit der Klöckner AG gehörende, vor einer Insolvenz stehende, Stahlwerk auf völlig andere Art gerettet. Mit dem „Interessenten-Modell“:

Demnach behielt Klöckner 23,8 Prozent, der belgische Stahlkonzern Sidmar (der bereits zur Arbed-Gruppe/Luxemburg gehörte) erwarb 25 Prozent. Bremen stieg über seine Landesgesellschaft „HIBEG“ mit 23,9 Prozent ein, die Stadtwerke mit 10, die Hegemann-Group mit 7,3 und der Bremer Vulkan mit 10 Prozent ein. 

Bürgermeister Klaus Wedemeier machte der zustimmungspflichtigen EU-Kommission dieses „Interessenten-Modell“ mit dem Hinweis schmackhaft, dass Bremen seine Anteile sofort nach Abschluss des Insolvenz-Verfahrens wieder veräußere. 

Dies geschah auch so. Aus Arbed und Acelaria (Spanien) wurde 2002 Arcelor. Dieser Konzern wiederum fusionierte 2007 mit der Firma Mittal zu ArcelorMittal.

Zusammengefasst: Würde das Land Bremen nun bei ArcelorMittal-Bremen einsteigen, wären nicht nur alle aktuellen Verluste plus zugesagte Transformations-Millionen plus Eigentümer-Anteil am Werksumbau zu leisten – also locker über eine halbe Milliarde Euro, sondern: Bremen müsste außerdem in Brüssel begründen, weshalb sich das – extrem-verschuldete – Bundesland an einem Privatunternehmen beteiligen möchte, worauf die EU meist regelrecht allergisch reagiert.

Fazit: Die SPD-Delegierten haben Sonnabend einen Beschluss gefasst, der weder bezahlbar noch EU-rechtlich tragfähig wäre.

Soweit zum Stahlwerk. 

Bremens Ex-Bürgermeister Dr. Carsten Sieling (SPD) hat seiner Gesinnung gestern im Unternehmer-Netzwerk LinkedIn Auslauf gewährt. Im Volksmund nennt man das wohl: Er hat seinem Affen Zucker gegeben. 

Ich muss das einfach zitieren. Nicht nur, weil es unflätig war, sondern wohl auch etwas über ihn sagt. 

Nebenbei: Der  66-Jährige ist nach Bundestagsmandat, Bürgermeisteramt (2015 bis 2019) und wiederholtem Bürgerschaftsmandat (zuletzt: 2019-2023) nicht beschäftigungslos. Die Arbeitnehmerkammer hat ihn als Referenten wieder aufgenommen. Neuerdings ist er (für die Arbeitnehmerseite) Aufsichtsratsmitglied bei – raten Sie mal – ArcelorMittal Bremen.

Doch nun zur Sache. Sieling hat sich bei LinkedIn wie folgt ausgetobt. Ich zitiere wörtlich: 

„Hinter der Tarnorganisation FAMILIENUNTERNEHMER stecken die reichsten Unternehmerfamilien Deutschlands. Ihr einziges Ziel ist die Abschottung ihres Vermögens. Statt mit ihren Firmen volkswirtschaftlich nützlich und wachstumsfördernd zu investieren werden Kampagnen gegen Staat und Politik finanziert. Ich habe als MdB und Bürgermeister den im schlechtesten Sinne ideologisch getriebenen und egoistischen Lobbyismus mehrfach erleben müssen. Da erlebt man hautnah, wie es diese Leute sind, die die demokratischen Werte zersetzen und mit ihrem Tun faktisch den Feinden der Demokratie das Wasser auf die Mühlen gießen.“

Wow, Leute, ich habe mich nach diesem Post ernsthaft gefragt, ob der Mann vor dieser Hass-Tirade etwas geraucht oder eingeworfen hatte?

Erstens: Sieling meinte – so nehme ich zu seinen Gunsten an – die von Greenpeace geschmähte „Stiftung Familienunternehmen“. Mitglieder sind unter anderem auch Milliardäre wie Dieter Schwarz (Lidl) sowie die Quandt-Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt (BMW). Aber: Kann man diesen ernsthaft vorwerfen, sie würden sich „volkswirtschaftlich nützlichen und wachstumsfördernden Investitionen“ verweigern?

Zweitens: Wenn ich in Bremen an Familienunternehmen denke, fallen mir beispielsweise Christoph Weiss (BEGO), Friedrich Lürßen (Lürssen-Werft) oder Marco Fuchs (OHB) ein. Hält Sieling etwa diese Bremer Familien-Unternehmer ebenfalls für „Leute, die die demokratischen Werte zersetzen“?

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller 

P.S.: Wie immer der Tipp: Lesen Sie bitte die Kommentare zum vorigen Stück über Frau Moosdorf – sollte die Umweltsenatorin selbst am besten auch tun – bevor sie kommenden Donnerstag im parlamentarischen Haushalt- und Finanzausschuss „gegrillt“ wird.