Nix los aufm Bau – umgeht Behörde „Genehmigungs-Fiktion“ durch Nachfragen?

08.10.2025 1 Von Axel Schuller

„Wohnungsbau – Zahlen brechen ein“, meldet der WK und ist überrascht. Die Branche wispert dies freilich schon länger. Der Grund: Trotz vielem Gerede – auch des Bürgermeisters – gilt in Bremen immer noch ein Rest der Schaeferschen Standards; gilt immer noch die ökologisch hochambitionierte, aber Bauland fressende Mobilitätsverordnung. Und: Die von Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte jüngst beim Handelskammer-Empfang gefeierte „Genehmigungs-Fiktion“ wird angeblich von Behörden-Mitarbeitern unterlaufen.

Es ist immer wieder erschütternd. Unsere Nachbarn Hamburg und Schleswig-Holstein beherzigen den alten Trinkspruch schnell und kompromisslos: „Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken.“ Das sieht man – natürlich im übertragenen Sinn – sowohl beim Wohnungsbau als auch im Schulwesen.

Beide „Nachbarn“ erkennen Probleme, sinnieren über Lösungen – und setzen die dann einfach um.

In Bremen beansprucht dieser Prozess deutlich mehr Zeit. Ich bin so keck: viel zu viel.

Die Bildung lasse ich heute mal außen vor – wir müssen ja nicht dauernd die masochistische Ader hervorkitzeln. Außerdem startet gerade der tatkräftig wirkende Bildungssenator Mark Rackles neu im Amt.

Aber Thema Bauen: Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte hat – des dauernden Wehklagens der Branche und der Wohnungssuchenden überdrüssig – eine Senatskommission Wohnungsbau gegründet. Ziel: Wir schauen uns die Verschlankung der Bauvorschriften von Schleswig-„Holzbein“ und Hamburg an, und machen das. Doch Bovenschulte hat die Rechnung ohne die Grünen gemacht, die mal wieder im Bremserhäuschen des Bremer Bummelzuges sitzen.

So will die Kommission – nach mehreren Zusammenkünften mit der Branche – sich erneut am 4. November treffen und beratschlagen, was man denn noch tun könne, damit endlich mehr Wohnungen gebaut werden.

Zur Erinnerung: Für den Zeitraum 2023 bis 2027 hatte der Senat von 10.000 neuen Wohnungen geträumt. Davon ist man weit entfernt (siehe WK). 

Während HH und SWH bereits die Standards für den Wohnungsbau gesenkt haben, glauben sie bei uns wohl immer noch, etwas dünnere Decken führten zum Gebäudeeinsturz. Voll verglaste Balkone müssen bei uns weiter den Lärm abschirmen – treiben aber leider die Kosten hoch.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) zeigte sich kürzlich beim Handelskammer-Empfang betrübt, dass eine vom Senat aus dem Arsenal gezogene Wunderwaffe namens „Genehmigungs-Fiktion“ sich im Modell-Versuch bislang nicht als Game-Chancer erwiesen habe. 

Zum besseren Verständnis: Genehmigungs-Fiktion bedeutet: Wer einen Bauantrag stellt, hat Anspruch auf einen Bescheid innerhalb einer festgelegten Zeit. Wird die überschritten, gilt das Gebäude als genehmigt.

Läuft? Nee. Aus der Baubranche und von Anwälten, die sich aufs Baurecht spezialisiert haben, hörte ich von einer Art Behörden-Ausweg: „Die Fiktion läuft erst, wenn die Behörde feststellt, dass alle Unterlagen eingereicht worden sind.“ Es sei leider zu beobachten, dass mehrfach kurz vor Ablauf der Frist auffällig häufig Nachfragen gestellt würden – mit dem Ergebnis, dass die Frist von vorne laufe. 

Ein Anwalt empört: „Die Fiktion bringt überhaupt nix.

Fazit: Sollte der Bürgermeister am 4. November erneut die Seinen um sich scharen, um über eine mögliche Beschleunigung des Bauens zu beratschlagen, sollte sich die Runde mal mit Bauherren und Baurechts-Anwälten austauschen. Außerdem: Ein Senatsbeschluss lässt mittlerweile zwar zu, dass Bauträger zwischen Schaefers Alt-Energie-Standard 40 und Bundesstandard 55 wählen können. Fürs Abweichen vom 40er wird aber, wie ich höre, eine ausführliche Begründung verlangt. Als ob geringere Kosten kein Argument wären.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Bereits am heutigen Donnerstag trifft sich der Geschäftsordnungs- und Verfassungsausschuss der Bremischen Bürgerschaft. Anlass: Frau Präsidentin Antje Grotheer (SPD) hatte am Dienstag ihre „Kodderschnauze“ nicht unter Kontrolle. Nach einer Rede von CDU-Fraktionsvize Heiko Strohmann zur Drogenpolitik entglitt ihr bei noch offenem Mikro: „Was für eine gequirlte Scheiße.“ Regierungsmitglieder und Parlamentarier sind nach Gesetz Verfassungsorgane, die man als Normalbürger tunlichst nicht zu bösartig beschimpfen sollte. Dies fiele natürlich umso leichter, je mehr sich die besonders Geschützten selbst eben auch entsprechend verhielten.