Hilft Gauselmann-Konzern Bremer Staats-Spielbank

28.01.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Liebe Leserinnen und Leser, zum Wochenende gibt’s ja meist ein ausführlicheres Stück. Ich verspreche Ihnen eine Neuerung, etwas ganz Besonderes, was in einem Printmedium nicht funktioniert. In einem Blog dagegen schon. Sie werden ganz nah dabei sein und ein Frage-/Antwortspiel mit einer Behörde miterleben. Deren einziges Ziel: Möglichst wenig rauszulasssen, obwohl es um Staatsknete, also Ihre und meine Steuern, geht.

Spielbank Bremen: Man könnte man meinen, die gehe bloß jene Menschen an, die an der Schlachte gerne an „Daddel“-Automaten oder ganz schick am Roulette-Tisch spielen. Falsch: Es geht alle Bremer (aller Geschlechter) etwas an, die in unserem Ländchen Steuern bezahlen. Das Spielkasino Bremen, bislang von der staatlichen Firma Westspiel in NRW betrieben, ist Anfang Januar 2022 in die Hände des Landes Bremen übergegangen.

Dafür musste im vorigen Sommer eigens das bremische Spielbankgesetz geändert werden. Kern: Der Staat darf jetzt als Betreiber auftreten. Und das tut Bremen nun auch. Weil sich Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) verständlicherweise nicht mit elektronischen Einlasskontrollen, IT-Einstellungen von Einarmigen-Banditen-Spielgeräten und Jetons herumschlagen will, haben er und der Senat veranlasst, dass die mehrheitlich staatliche Toto und Lotto GmbH Bremen die Spielbank gekauft hat.  

Warum, um alles in der Welt, muss Bremen nun auch noch eine Spielbank betreiben, fragen Sie sich vielleicht. Das kleinste Bundesland hat zwar hinreichend Erfahrung im Schulden-machen. Jetzt muss auch noch gespielt werden?

Dazu etwas Hintergrund: Die CDU-FDP-Koalition von NRW hatte 2018   beschlossen, die Firma Westspiel – im Besitz der NRW-Bank und der NordLB – zu privatisieren. Westspiel gehörten vier Spielbanken in NRW und das Bremer Casino. Die vier in NRW hat Europas (vermutlich) größter Spielkonzern Gauselmann (alle Merkur-Spielhallen) am 1. September 2021 für 141,8 Millionen Euro gekauft. 

Fürs bessere Verständnis muss ich leider etwas ausholen. Rot-Grün-Rot in Bremen wollte unbedingt vermeiden, dass das Bremer Casino in die Hände des Spiele-Milliardärs Gauselmann gelangt. Ein Privater, dazu noch reich, denkt nach Auffassung von rot-grün-rot stets nur an eines: an seine Gewinn-Maximierung. Der Staat Bremen ist da natürlich viel besser. Klaro. Der kümmert sich nahezu selbstlos um den Schutz der Spieler vor der Spielsucht. Deshalb hat Bremen entschieden, die Spielbank zu kaufen und selbst zu betreiben. Also in die Obhut von Toto-Lotto zu geben. Bremen hält als Mehrheitsgesellschafter 66,66 Prozent der Anteile von Toto-Lotto. Mit jeweils 16,67 Prozent sind der Bremer Fußballverband und der Landessportbund Teilhaber.

LSB-Präsident Andreas Vroom versicherte gestern, sein Verband habe sich nicht am Kaufpreis beteiligen müssen. Etwaige Gewinne kämen allen Destinatären (Begünstigten) zu gute. Empfänger der Lotto-Überschüsse sind unter anderem LSB, Fußballverband, kulturelle und soziale Einrichtungen sowie Umwelt-Verbände.

Die hoffen jetzt allesamt, dass das Spielbank-Engagement unterm Strich Gewinne – und bloß keine Verluste – einfährt.

Der Deal weist so manche Merkwürdigkeit auf. Bremen setzt auf die staatliche Spielbank, nutzt aber nach Recherchen des „Investigativ-Teams“ von „Bremen so gesehen“ – :-)) – aktuell auch die Dienste des (bösen) Gauselmann-Konzerns. Der ist gerade dabei, die für den Betrieb seiner vier NRW-Spielbanken notwendige Technik von Westspiel zu übernehmen. Dazu gehören der Spielerschutz beim Einlass, die IT-Bedienung der Spielgeräte, der bargeldlose Geldfluss etc. Meinen Recherchen zufolge nutzt die seit Januar 2022 staatliche Spielbank Bremen ebenfalls diese Dienste von Gauselmann und der Rest-Westspiel-Gesellschaft (in Auflösung). Aufschlussreich: Die Bremer Finanzbehörde dementiert dies in ihrer Stellungnahme nicht – was sie ja hätte tun können, ohne auch nur ansatzweise irgendwelche Vertraulichkeiten zu brechen. 

In der Bürgerschaft hatten voriges Jahr SPD, Grüne und Linke – nach meiner Erinnerung unter Applaus der CDU – gejubelt, es sei ja viel besser, wenn der Staat die Spielbank betreibe und manage. Nun kommt raus, dass der Spiele-Konzern Gauselmann offenbar im Hintergrund für den täglichen Betrieb gebraucht wird.

Noch ´ne Merkwürdigkeit: Bremen hat angeblich zehn Millionen Euro für den Kauf der Spielbank bezahlt. Wofür eigentlich? Westspiel hatte die Lizenz zum Betrieb der Einrichtung bis Ende 2023. Wenn ein Lizenznehmer durch Geschäfts-Aufgabe diese nicht mehr ausüben kann, fällt sie normalerweise an den Staat zurück. Bei Taxi-Lizenzen ist dies jedenfalls so – es sei denn, der Taxi-Unternehmer „verkauft“ die Lizenz über eine Strohmann-Konstruktion an einen Nachfolger. Offiziell ist dies freilich verboten.

Liebe ausdauernde Leserinnen und Leser,

ich hatte das Finanzressort, dessen Staatsrätin Silke Krebs (Grüne) zugleich Aufsichtsrats-Chefin von Toto-Lotto Bremen ist, um Auskünfte zum Spielbank-Kauf gebeten. Überwiegend vergeblich, wie Sie dem unten stehenden Mail-Wechsel entnehmen können.

Dabei bildet sich Bremen auf seine Transparenzregeln besonders viel ein. Auf der Website heißt es: „Hier werden Dokumente und Datensätze der Bremer Verwaltung, Eigenbetriebe und Gesellschaften veröffentlicht. Ob Senatsbeschlüsse, Gutachten, bremische Gesetze oder Verwaltungsvorschriften – das und vieles mehr ist im Transparenzportal zu finden.“

Soweit die graue (grüne) Theorie. Im Fall der Spielbank lautete die Antwort des Finanzressorts: „Die Vertragsparteien haben im Rahmen der Transaktion Vertraulichkeit über Details vereinbart.“

Zur Erinnerung: Es geht um Steuergelder, die ein staatliches Unternehmen für den Kauf einer nunmehr staatlichen Spielbank ausgibt. 

Heute rufe ich auch mir selber zu: Munter bleiben!

Herzlichst Ihr as

Axel Schuller

Wer immer noch immer nicht genug Fakten und Wertungen erfahren hat, kann nachfolgend meine Fragen ans Finanzressort lesen, und was daraufhin als Antwort zurückkam.

ANLAGE, um sich selbst einen Eindruck verschaffen zu können:

Hier meine Fragen an die senatorische Finanzbehörde:

Sehr geehrter Herr (Sprecher des Finanzsenators),

gerne schicke ich Ihnen – wie von Ihnen gewünscht – meine Fragen zum Komplex Toto-Lotto / Spielbank schriftlich zu.

1. Welchen Preis hat Bremen, bzw. stellvertretend Toto-Lotto, für den Erwerb der Spielbank Bremen an die Verkäufer (NRW-Bank und NordLB) gezahlt? Wofür wurde das Geld fällig? Für eine Immobilie, für das Inventar oder für die Übernahme der Spiel-Konzession? Wenn für die Konzession – wie lange lief/läuft diese noch?

2. Wer ist Eigentümer der Spielbank – die Stadtgemeinde, oder das Land Bremen oder die Toto-Lotto-GmbH?

Sollte Toto-Lotto Eigentümer sein: Haben die Mitgesellschafter Bremer Fußballverband und Landessportbund entsprechend ihren Anteilen an Toto-Lotto von je 16,67 Prozent entsprechende Beträge/Einlagen gezahlt?

3. Wer sorgt für den technischen Betrieb im Backoffice der Spielbank? „Bremen“ hat zwar einerseits die rund 100 Mitarbeiter der Spielbank übernommen, andererseits lag die technische Abwicklung wesentlicher Tätigkeiten (Spielerschutz am Eingang, Einrichten/Wartung/EDV-Steuerung sowohl des Automatenspiels als auch der Tischspiele sowie Kontrolle der Geldflüsse) zentral in den Händen von Westspiel. Wer hat diese Rolle jetzt übernommen? 

Vier Westspiel-Spielcasinos in NRW sind privatisiert worden. Meines Wissens hat die Gauselmann-Gruppe die vier NRW-Spielbanken gekauft. Leistet Gauselmann oder einer seiner Dienstleister den Back-Office-Service auch für die Bremer Spielbank? 

Sehr geehrter Herr …,

ich freue mich auf Ihre Antworten. 

Mit freundlichen Grüßen 

Axel Schuller

„Bremen so gesehen“