Gute Abgas-Nachrichten und Klima-Sondervoten

19.01.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Hej, es gibt sie ja doch: gute Nachrichten aus dem Ressort von Mobilitäts- und Umweltsenatorin Dr. Maike Schaefer. „Im Jahr 2021 wurden alle gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Luftschadstoffe…eingehalten.“ Dazu beigetragen haben: Das Kohlekraftwerk Hafen hat seinen Dienst eingestellt und Corona hat die Wirtschaft gebremst. Während Schaefer am Dienstag ankündigte, an der dringend notwendigen Verkehrswende werde weiterhin mit Hochdruck gearbeitet, veröffentlichte ihre Behörde gleichzeitig: Der Jahresmittelwert an Feinstaub lag mit 15 bis 16 Mikrogramm pro Kubikmeter deutlich unter dem Bundes-Grenzwert von 40 Mikrogramm. Der Tageshöchstwert von 50 Mikrogramm wurde an der Mutter aller Messstationen – am Dobben – an lediglich sechs Tagen überschritten. Nach  Bundesnorm sind bis zu 35 Überschreitungen pro Jahr zulässig. Stickstoffdioxid und Ozon blieben ebenfalls innerhalb der zulässigen Grenzen.

Die Presseerklärung der Senatorin vom Dienstagmittag weist viele weitere Mess-Unterschreitungen aus. Können Sie gerne im Netz im O-Ton nachlesen. Der Weg dahin: www.senatspressestelle.bremen.de

Presseerklärungen, 18.01.2022, Die Senatorin für Klimaschutz…. , „erneut Luftgrenzwerte eingehalten…“

Vor diesem erfreulichen Hintergrund empfehle ich noch einmal eindringlich den Blick in den Abschlussbericht der Klima Enquetekommission der Bremischen Bürgerschaft. www.bremische-buergerschaft.de Gleich auf der Homepage finden Sie „Enquetekommission beschließt Abschlussbericht“. Noch einfacher, liebe Leserinnen und Leser kann ich’s Ihnen jetzt nicht machen. Dabei habe ich – anders als der öffentlich-rechtliche Rundfunk – nicht einmal einen Bildungsauftrag. Krieg ja auch keine Gebühren. :-))

Sie erinnern sich. In dem Abschlussbericht geht es um die heftige Reduzierung des Autobestandes von 400 auf 150 Autos pro 1.000 Einwohner bis 2038. Verzicht auf die Hälfte von Fleisch und Wurst bis 2030 – leider pupsen die Kühe zuviel und für deren Ernährung wird zu viel Futter  benötigt. Ein weiteres Ziel: bei öffentlichen Veranstaltungen müssen mindestens 25 Prozent aller feilgebotenen Waren vegan sein – also nix vom Tier; auch kein Käse, keine Eier und so. Das wäre ja bloß vegetarisch. Grundsatzforderungen, die übrigens alle Parteien –  also auch die oppositionellen CDU und FDP – teilen. 

All dies (und natürlich auch Abschaltung von Kohle-Kraftwerken sowie Umstellung der Stahlwerke von Kohle auf Wasserstoff) verfolgt ein Ziel: Reduzierung des Treibhausgases CO2.

Wenn Sie sich weiter durch das 375 Seiten umfassende Werk der Enquetekommission kämpfen, kommen Sie nach Seite 278 zu den „Sondervoten“ (also abweichenden Meinungen) von CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP. Keine Bange, ist superkomfortabel gemacht. Sie gehen ins Inhaltsverzeichnis, klicken die gewünschte Seite an und landen exakt am gewünschten Punkt. 

Und da wird’s zuweilen ein wenig sonderbar. Die CDU ist gegen ein generelles Tempo 30. Lediglich aus einem Grund: Bus und Bahn könnten dann die Fahrpläne nicht einhalten. Die FDP war da weitsichtiger. Sie monierte, dass Tempo 30 nicht unbedingt zur Reduktion von Abgasen, wohl aber zu einem gebremsten Verkehrsfluss führen werde. Schließlich glauben immer noch eine ganze Reihe von  Autofahrern, für Tempo 30 benötige man höchstens den zweiten Gang – mit der Folge eines unnötig hoch drehenden Motors mit, S i e wissen es natürlich, höherem Abgasausstoß. Und wenn die Ampeln – wie beabsichtigt – auf das Tempo von Radfahrern und ÖPNV ausgerichtet würden, dann drohten Staus.

Die Union unterstützt zwar den ticketlosen ÖPNV, aber erst, wenn auch Einpendler dafür zur Kasse gebeten werden. Ein Thema, das die SPD in anderer Hinsicht umtreibt. Bei der angestrebten Mobilitätswende müsse man beachten, dass 62 Prozent des bremischen Autoverkehrs (und damit 55 % der Autoabgase in Bremen und Bremerhaven) auf Einpendler zurückzuführen sei. Ein Hinweis von mir: Zu den Bremer 11 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2018 hat der Verkehr 9 Prozent beigetragen. Zur besseren Einordnung.

Sind Sie inzwischen Zahlen-satt, wollen Daten, Fakten selbst „inhalieren“? Nein? Also, wenn Sie den Hals nicht vollkriegen können, hier gibt’s noch einen kleinen Strauß weiterer Skurrilitäten, sorry, Sondervoten. Grünen und Linken geht der avisierte Rückgang des Fleischverzichts nicht weit genug. Sie fordert eine Reduzierung um 75 Prozent – zur Erinnerung, die Kommission hatte sich unter Beteiligung aller Bürgerschaftsfraktionen auf den Kompromiss von 50 Prozent geeinigt. Die Linken lehnen außerdem eine Erhöhung von Mieten aufgrund energetischer Sanierungsmaßnahmen komplett ab. Vermieter aufgemerkt: Es geht an Ihr Portemonnaie.

Dieses Wünsch-dir-was geht munter weiter. 

Die FDP nutzte ihre „Sondervoten“ immerhin für sinnvolle Hinweise. So zum Beispiel, dass für die umfassende Koordinierung aller Klimaschutzmaßnahmen jetzt bitte, bitte nicht ständig neues Personal eingestellt werden, sondern vorhandenes umgesetzt werden möge. Ich befürchte: ein wahrhaft frommer Wunsch. Außerdem: Die von den anderen offenbar favorisierte Rückkehr der Fernwärme in bremischen Staatsbesitz (man nennt es Rekommunalisierung) sei nicht nur zu teuer, sondern auch überflüssig. Hauptgesellschafter EWE/swb befänden sich bereits mehrheitlich in kommunaler Hand – wenngleich niedersächsischer Kreise und Städte. 

Darf man das im Eifer des Klima-Gefechtes übersehen? Oder sind Firmen im bremischen Staatsbesitz bessere als jene in niedersächsischem? Ist das so? Gestehe, bin gerade ein wenig ratlos. 

Trotz alledem: Munter bleiben!

Herzlichst 

Ihr as, 

Axel Schuller