Bernd Neumann – große Verdienste und fataler Fehlgriff

07.01.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Einer der erfolgreichsten Bremer Christdemokraten hat am gestrigen 6. Januar  seinen 80. Geburtstag gefeiert: Bernd Neumann. Der Mann hat bis 2013 – in zwei Kabinetten von Helmut Kohl und Angela Merkel – als Kulturstaatsminister auch für die Bremer Kultur viel Gutes bewirkt. Dauerhaft bleibend: Der Anbau der Kunsthalle; der sehr sehenswerte Gedenkort U-Boot-Bunker Valentin im Bremer Ortsteil  Farge. Die Bundeszuschüsse gehen auf sein Wirken zurück.

Die Polit-Bilanz des „erfolgreichsten Bremer Christdemokraten“ Bernd Neumann – so konnte man lesen und hören – fällt in den bremischen Medien uneingeschränkt positiv aus. Ich will kein Spielverderber sein, jedoch etwas anmerken:

Ein gewisser Karl Carstens (1914 bis 1992) wurde in Bremen geboren, machte am Alten Gymnasium Abitur und wirkte nach dem Krieg – inzwischen Rechtsanwalt – an der Erstellung der Bremer Verfassung mit. Anschließend vertrat er Bremen als Bevollmächtigter beim Bund. Zwischen 1976 und 1979 war der Christdemokrat Bundestagspräsident und wurde schließlich 1979 zum fünften Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Sein Grab befindet sich auf dem Riensberger Friedhof. Und für die Jüngeren: Die Erdbeerbrücke ist nach ihm benannt und heißt offiziell Karl-Carstens-Brücke. Ich bin mir sehr sicher, dass Bernd Neumann  diesen Hinweis auf den sehr erfolgreichen CDU-Mann Carstens verkraften kann. 🙂 

Radio Bremen zitierte Bernd Neumann jüngst mit dem Satz: „Wenn ich heute gefragt würde: Würdest du politisch alles nochmal machen? würde ich uneingeschränkt Ja sagen.“

Sorry, aber daran habe ich Zweifel. Neumann ist in seiner 29 Jahre währenden Zeit als Bremer CDU-Landesvorsitzender (mindestens) einer fatalen Fehleinschätzung erlegen. Und die erwies sich als kapitaler Fehler. Er hat 2005 den damaligen Innensenator Thomas Röwekamp als stellvertretenden Regierungschef ausgeguckt. Und hat ihn nach seinem Rücktritt als Landesvorsitzender 2008 selbst als Nachfolger vorgeschlagen. Neumann war von dem brillanten Redner Röwekamp derart fasziniert, dass er dessen andere Eigenschaften ausblendete. Von diesem Zeitpunkt an ging’s mit der Union steil bergab. Die Bremer CDU fiel nur noch durch ihre Spaltung auf. Röwekamp, gescheit und machtbewusst, hat außerdem den Hang zum Zynismus. Das Gespür für das Harmoniebedürfnis (versöhnen statt spalten) vieler Christdemokraten geht ihm ab. Er verfuhr nach der Methode „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich.“ 

Ein anderer ehemaliger „junger Wilder“, Jens Eckhoff, erkannte diesen Zug sehr rasch und trat 2006 „aus persönlichen Gründen“ vom Amt des Bau- und Umweltsenators zurück. Vermutlich war er auch gekränkt, dass Neumann Röwekamp und nicht ihn als stellvertretenden Regierungschef auserkoren hatte.

Eckhoff hingen damals auch Gerüchte an, er könnte 2003 hinter dem Lauschangriff (die sogenannte Wanzenaffäre) auf das Büro des CDU-Landesvorsitzenden Neumann gesteckt haben – was sich jedoch als haltlos erwies. Und er hatte förmlich ins politische Klo gegriffen, als er 2003 am Spatenstich für das Hotel an der Rennbahn mitgewirkt hatte – obwohl die ihm unterstellte Baubehörde für das Gebäude noch keine Baugenehmigung erteilt hatte. Ein klassischer Fall, von sich selbst ins Knie schießen. Oder einfach nur: dämlich.

Seit vorigem Jahr ist Thomas Röwekamp nun in den Bundestag entflohen. Ja, ich weiß, er ist gewählt worden. Was bedeutet dies für die Bremer CDU? Zunächst nicht viel, denn die Röwekampianer haben Heiko Strohmann zum Fraktionschef gewählt. Der Mann hat nach seiner DDR-Ausbürgerung eine beachtliche Kariere als Schausteller mit mehreren Brezelback-Verkaufswagen hingelegt. Er war bislang – weil organisatorisch talentiert – ein verlässlicher Landesgeschäftsführer. Und nun Fraktionschef, gewählt von jenen, die Röwekamp noch für die vorige Bürgerschaftsliste (2019) in Stellung gebracht hatte. Jens Eckhoff, weiterhin talentiertester Christdemokrat und in die Bürgerschaft gewählt, hat gar nicht erst für den Fraktionsvorsitz kandidiert. Er wusste, warum. 

Und Carsten Meyer-wer? Heder – so seine Selbstveräppelung im Wahlkampf 2019 – spielt in der Macht-Arithmetik der Bremer Union keine Rolle – genau genommen gar keine. Dabei hatte er es 2019 geschafft, der SPD erstmals die Mehrheit zu entreißen. Bloß, der IT-Unternehmer verfügt über keinerlei  politisches Gespür. Echt tragisch der Mann, jedenfalls als (noch) amtierender Landesvorsitzender.

Noch eine Erinnerung an 2005: Die kurzfristige Vergabe des Bürgermeister-Amtes (neben dem Präsidenten des Senats Henning Scherf) war erforderlich geworden, weil der damalige CDU-Amtsinhaber Peter Gloystein Knall auf Fall zurückgetreten war. Dem gelernten Banker waren bei einem öffentlichen Auftritt auf dem Marktplatz die Nerven durchgegangen. Er fühlte sich von einem vor ihm stehenden Mann provoziert, der angeblich lauthals nach Sekt verlangt hatte – und schüttete ihm diesen kurzerhand über den Kopf.