Ist der Bremer Senat wirklich schlauer als der in Hamburg?
Wer auf dem Weihnachtsmarkt etwas essen wollte, musste zuvor 2G (geimpft/genesen) nachweisen. Zum Bummeln in Geschäften ebenso. Alle Mitarbeiter der bremischen Behörden müssen geimpft, genesen oder täglich getestet sein, sonst dürfen sie nicht an ihre Arbeitsplätze. Und das ist richtig so. Bürgerinnen und Bürger, die ihren Führerschein oder Pass abholen wollen bzw. ein anderes Anliegen in Behörden zu besprechen haben, dürfen ohne jede Kontrolle in der Verwaltung reinschauen. Warum dies?
Die übergroße Mehrheit des Bremer Senats – SPD, Grüne und Linke – ist der Meinung, der Behördenbesuch zähle zur Daseinvorsorge, müsse barrierefrei, also auch für Ungetestete möglich sein.
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat bereits zweimal vergeblich versucht, den Senat davon zu überzeugen, dass 3G auch für Behörden gelten müsse. Anders als im Lebensmittel-Einzelhandel (der ohne jede Beschränkung besucht werden darf) finden in den Bürger-Service-Centern auch längere face-to-face-Gespräche statt. Dort herrscht aktuell die perverse Situation: Die Mitarbeiter müssen täglich 3G nachweisen, die Bürger-Kunden nicht.
Warum soll es einem Bürger nicht zumutbar sein, sich vor dem Amtsbesuch impfen oder testen zu lassen? Termine in den Ämtern müssen häufig wochenlang zuvor vereinbart werden. Warum, so frage ich mich, hält der Senat – außer Ulrich Mäurer – so starr(sinnig) an der „barrierefreien“ Regelung fest.
Wie so häufig hilft ein Blick nach außerhalb. In Hannover gilt bereits seit Ende November 3G in Behörden – eben auch für Kunden. Hamburg hat just am 16. Dezember 3G in Ämtern eingeführt.
Omikron schreitet exponentiell voran. Will der Bremer Senat tatsächlich riskieren, dass sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Behörden mit Kundenbetrieb anstecken, in Quarantäne müssen oder gar krank werden. Wie groß ist der Personalpuffer in Behörden, falls sich Omikron so katastrophal ausbreitet wie von Experten vorhergesagt? Werden die Behörden dann zeitweise oder ganz geschlossen – so wie die Bremer Straßenbahn zurzeit den Takt für Bahnen und Busse ausdünnt?
Hat sich die Senatsmehrheit so sehr in der „Barrierefrei-Ideologie“ verbissen, dass er erst durch eine schlimme Krankheitswelle zur Besinnung zu bringen ist?
Übrigens: Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb die MitarbeiterInnen im Lebensmitteleinzelhandel, Apotheken, Drogerien etc. nicht auch endlich besser geschützt werden – 3G kann auch dort angewendet werden. Wer planlos lebt und ganz überraschend merkt, oh ich brauche ja Essen und Trinken kann einen der zahlreichen Automatenläden aufsuchen – oder sich impfen oder testen lassen.
Rücksicht ist ein hohes Gut. Es muss aber in beide Richtungen gelten.