Damit Sie mal was lernen: Martinistraße-Trallala per “Unterschwellenvergabeverordnung”

02.06.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Liebe Leserinnen und Leser, jetzt mal Klartext. Das geht wirklich nicht: Sie machen es sich schön muckelig, während ich ein Knaller-Thema nach dem anderen ausgrabe, recherchiere und – mit viel Liebe – formuliere. Deshalb müssen Sie sich heute auch mal an der anstrengenden Kärrnerarbeit eines Schreiberlings beteiligen – na ja, als Leserin und Leser.

Denken Sie jetzt: Laber, Rhabarber? Na ja, ich versuche Sie gerade auf das Kleinklein einer Recherche einzustimmen. Damit Sie bei mir bleiben, ein Ergebnis vorweg:

Sie können heute mal erfahren, wie öffentliche Gelder unters Volk – oder so… – kommen.

Das Thema: Martinistraße, Transformartini – wie läuft so etwas eigentlich? Die „Bespielung“ der Durchgangsstraße hatte der Verein „Sternkultur“ übernommen. Deren Chefinnen sind zugleich Vorstände des Vereins Autofreier StadTraum. Zweit genannter Verein hat einen einflussreichen Mit-Vorstand: Den Grünen Bürgerschaftsabgeordneten und Verkehrspolitiker Ralph Saxe

Ach ja, StadTraum will uns – schon mal für Ihren Kalender – am 18. September – mit einem neuen Großprojekt beglücken: Quer durch Bremen – von Ost nach West – soll „die längste Tafel der Welt“ auf den Straßen aufgebaut werden. 14 Kilometer lang. Heißa, da dürfen Sie dann Platz nehmen, schnacken, Kaffee Kuchen und so. Der Weser-Kurier freut sich bereits nen Loch in den Bauch: „14 Kilometer Feiermeile“.

Statt uns aber jetzt schon der besinnungslosen Vorfreude auf die 7.000 bis 14.000 aneinandergereihten Tische (je nach Größe) hinzugeben, bleiben wir bitte erst noch mal in der Nachbetrachtung des was-auch-immer-Versuchs  Martinistraße.

Sternkultur“ hatte – so die Recherche – 72.000 Euro von der Behörde der Grünen Mobilitätsenatorin Dr. Maike Schaefer für Konzept, Planung, Durchführung erhalten.

Warum eigentlich „Sternkultur“? Weil die Herrn Saxe so gut kennen? Nein, wo denken Sie denn hin! Die hatten eine Ausschreibung von SKUMS (Sie erinnern: Das ist der Laden, über den Frau Schaefer „verfügt“) gewonnen. Die Ausschreibung war jetzt keine, wie Sie die als Bürger erwarten würden. Ne, SKUMS (Klima, Umweltschutz, Mobilität und Stadtentwicklung) hat ein Vergabeverfahren gewählt, das in der Umweltdeputation der Bremischen Bürgerschaft so beschrieben wurde: „Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb nach Unterschwellenvergabeverordnung; es wurden drei Angebote angefragt, bei dem das Büro „Sternkultur“ den Zuschlag erhalten hat.“ 

Dieses Verfahren ist – so habe ich erfahren – laut des Bremischen Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen  bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 Euro netto erlaubt

Sternkultur“ hatte nach Abschluss der Straßen-Aktionen mit Surf-Welle, Aussichtstürmen, Gaia-Welt-Kugel und so online gefragt, wie denn die Innenstadt-Aktionen insgesamt gefallen hätten und ob in der Martinistraße – und da hakte es… Es gab ausschließlich positiv formulierte Antwort-Vorgaben. Nix Negatives. Und das bei dem Trallala auf der Durchgangsstraße. Nix Negatives. Hammer! Das musste dich erstmal trauen.

Die Mobilitätsbehörde erklärte auf meine Nachfrage: Nicht „Sternkultur“ habe den Inhalt der online-Umfrage formuliert. Nein, und jetzt kommt’s: „Fragen und Antworten der Umfrage sind von SKUMS erstellt und „Sternkultur“ zugeliefert worden.“ „Sternkultur“ wiederum hat eine Hamburger Agentur mit der Durchführung beauftragt. Macht die Sache bestimmt billiger… 

Die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft sollen übrigens Ende Juni über die Ergebnisse der Online-„Umfrage“ informiert werden. (Mal schauen, ob unser Lokal-Blättchen dann doch einmal tiefschürfend über den „Vorgang“ berichten wird.)

Jetzt erstmal mein Zwischen-Resümee der Recherche: Dieses Mobilitätsressort ist noch schlimmer als ich dachte. Mitarbeiter dieses Ladens überziehen die Stadt mit teilweise Unsinns-Maßnahmen wie Trallala auf der Martinistraße und denken sich Fragen dazu aus, die ausschließlich positive Antworten zulassen. Und ich dachte, es seien ein paar Durchgeknallte einer Agentur, die auf solch eine schwachs… Idee kämen. Unglaublich. Unfassbar. So was von daneben. Wer muss für solch einen Stuss eigentlich geradestehen

Auch, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, meine Meinung jetzt schon erahnen sollten :-)), möchte ich Ihnen noch zwei Fragen von mir an diese Behörde und deren Antworten nicht vorenthalten. Ja, ich weiß, ist Ihnen eigentlich zu viel Lese-Arbeit, muss aber sein:

Meine Frage an SKUMS: „Ist den Vertreterinnen und Vertretern von SKUMS bei der Auftrags-Vergabe an „Sternkultur“ bekannt gewesen, dass die beiden „Sternkultur“-Geschäftsführerinnen zugleich Vorstände des Vereins „Autofreier StadTraum“ sind, den der Grüne Abgeordnete Ralph Saxe gegründet hat und dessen Vorstand er angehört?

Die Antwort des Mobilitätsressort: „Der politischen Hausspitze ist bekannt, dass Ralph Saxe einer der Mitbegründer des rein privaten und gemeinnützigen Vereins Autofreier StadTraum ist und er zusammen mit Frau von Essen und Frau Melinkat dort im Vorstand sitzt.“

Meine weitere Frage an SKUMS: Erhält der Verein „Autofreier StadTraum“ Zuwendungen des Ressorts SKUMS?

Ja, der Verein wird über BINGO-Mittel gefördert. Die Entscheidung fällt der zuständige Ausschuss der Deputation. Bei Interessenkonflikten zwischen Antrag stellenden Vereinen oder Institutionen und Abgeordneten ist es Usus, dass diese für die Abstimmung den Raum verlassen und nicht mitstimmen.“

Na, jetzt bin ich ja beruhigt. Herr Saxe geht also raus, wenn über seinen Verein abgestimmt wird. Und alle anderen Abgeordneten – insbesondere die Grünen – denken keine Millli-Sekunde lang daran, dass ihr „abwesender“ Kollege schon gern etwas Knete hätte…

BINGO ist übrigens ein spannendes Thema. Darüber werd’ ich später noch mal berichten – ob Sie wollen oder nicht!

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr as

Axel Schuller