Sparkasse Bremen darf die Alten nicht links liegen lassen – Beiräte und SPD motzen bereits
Liebe Leserinnen und Leser, heute geht’s in Ihrem (mittlerweile hoffentlich Bremer) Lieblings-Blog schon wieder um Zahlen. Ja, ich weiß, mit dem vorigen Stück über den Bremer Haushalt hatte ich Sie schon damit traktiert.
Heutiges Thema (muss sein): Die Sparkasse Bremen. Das 1825 gegründete Geldinstitut verfügt (wie jede Medaille) über zwei krass gegensätzliche Seiten. Die Bank gehört einerseits bundesweit zur Spitzengruppe der gesündesten und in der Entwicklung am weitest gediehenen Sparkassen. Andererseits gibt es eine (aus meiner Sicht zu) große Gruppe unzufriedener Kunden. Vorstand, nicht gleich aufjaulen! Ich weiß, dass Kundenbefragungen einen Zufriedenheitsgrad von 51 Prozent ausweisen – bis 100 bleibt eine beachtliche Verbesserungs-Lücke…
Zunächst zur Habenseite: Vorstandschef Dr. Tim Nesemann und insbesondere sein neuer Chief Digital Officer (CDO) und Vorstandskollege Pranjal Kothari trimmen d a s Bremer Geldinstitut konsequent/brutal (je nach Sichtweise) auf digital und Zukunft. Die Sparkasse entwickelt sich zu einem Dienstleister, der notfalls auch Produkte anderer Anbieter vermittelt, statt leer auszugehen: Versicherungen, Baufinanzierungen, Fonds, ja selbst Gas und Strom.
Die Folge: Die Sparkasse hat im Pandemiejahr 2021 und trotz der verrückten EZB-Null-Zins-Politik einen Reingewinn von 48 Millionen Euro erwirtschaftet. 24 Millionen davon wanderten in die Rücklagen, so dass das Geldinstitut aktuell über ein Eigenkapital von 884,7 Millionen Euro verfügt.
Dafür lassen sich die vier Vorstände mit 2,8 Millionen Euro fürstlich entlohnen. Einfach gerechnet: 700.000 Euro pro Nase. Stimmt so aber nicht, weil der Vorstandschef deutlich mehr erhält, und die drei anderen entsprechend weniger.
Nur mal so zum Vergleich: Deutschlands Bundeskanzler, auf dessen Schultern vielleicht doch ein klitzeklein bisschen mehr Verantwortung lastet, wird jährlich mit 314.348,40 Euro entlohnt. (Säße er nicht zusätzlich im Bundestag, wären es rund 254.000 Euro).
Eigentlich irre, wie wir mit dem Spitzenpersonal unseres Staates umgehen.
Zurück zum Uni-Campus, wo die Sparkasse inzwischen höchstmodern residiert. Der Bremer Marktführer unterhält aktuell noch 60 Standorte der unterschiedlichsten Art. Neben dem Kundenzentrum in der Bahnhofsstraße und der Zentrale an der Uni gibt es 7 Stadtteil-Filialen (15 sollen es werden), personenbesetzte Zweigstellen in unterschiedlichen Stadtteilen und Automatenfilialen sowie „nackte“ Geldautomaten. Deutlich weniger als früher und meist mit erheblich weniger Automaten zum Überweisen und zum Kontoauszüge drucken.
So, nun kommen wir zum Gegenstück der Habenseite, dem Soll. Zum Umgang der Sparkasse mit jenen Menschen, die sich bislang nicht entschließen können/wollen, ihre Geldgeschäfte online abzuwickeln. Beispielsweise, weil sie Angst haben, dass neben den Rechnern des Bundestages, großer Konzerne oder selbst von Krankenhäusern das Rechenzentrum der Sparkasse gehackt werden könnte. Oder auch, weil sie sich nicht noch weitere PINs, Transaktionszahlen oder sonst was merken möchten.
Das Zahlenverhältnis: Von den rund 275.000 bei der Sparkasse Bremen geführten Konten werden fast 178.000 digital betrieben. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass rund 35 Prozent der Konten n i c h t mit Hilfe des eigenen Computers oder Handys bedient werden. Einige/viele (?) dieser vermutlich als „altbacksch“ angesehenen Kundinnen und Kunden fühlen sich von der Sparkasse so schlecht behandelt, dass inzwischen Stadtteil-Beiräte Osterholz (als Vorreiter) sowie möglicherweise in Findorff, Gröpelingen und Walle die Sparkasse auffordern (wollen), einen Sparkassen-Bus anzuschaffen. So sollen „unterversorgte“ Bremer Gebiete mit Geld und Bank-Dienstleistungen versorgt werden. Selbst die SPD-Bürgerschaftsfraktion ist auf diesen Zug aufgesprungen und fordert die Sparkasse auf, solch ein Gefährt einzusetzen.
Diese Forderungs-Kulisse müsste der Sparkasse eigentlich hochnotpeinlich sein.
Ist es aber nicht, will man deren Sprecherin glauben. Das Geldinstitut versucht, dem Wunsch nach persönlicher Betreuung – also durch Menschen – auf andere Art als durch Busse oder betreutes Banking nachzukommen.
Inhaltlich hat das Geldinstitut aber offensichtlich Probleme, den an sich umfangreichen Service publik und schmackhaft zu machen. Kern des Angebots für Weiter-Nicht-Onliner: Wann immer man Bankgeschäfte (Überweisungen, Kontoauszüge, Bargeld) tätigen will – kann man dieses telefonisch tun.
Bargeld kriegt man, indem man die Bremer Telefonnummer 1790 wählt und den Wunsch äußert, Bares (max 500 Euro) nach Hause zu erhalten. Kostet freilich heftige 6,50 Euro an Gebühr. Ne Menge Geld, muss man beispielsweise als Klein-Rentnerin erst mal übrig haben. Vorteil: Es kann Ihnen niemand auf dem Weg von der Bank nach Hause die Moneten klauen.
Kontoauszüge schickt die Sparkasse auf Wunsch wöchentlich oder monatlich nach Hause. Achtung: kostet jeweils 85 Cent.
Nun zu den Überweisungen. Ich habe es für Sie, liebe Leserschaft, ausprobiert. Anruf bei 1790. Man kann tatsächlich bis zu 1.000 Euro telefonisch überweisen lassen. Damit nicht Unbefugte Geld von Ihrem Konto auf ein anderes schieben können, werden Ihnen von dem Sparkassen-Mitarbeitern ein paar Fragen gestellt, die nur Sie beantworten können – und ich jetzt bewusst nicht aufzähle. Technisch funktioniert’s.
Angesichts immer wiederkehrender Meldungen – erst heute (10. Mai) auf der Titelseite Weser-Kurier – über Lumpen, die sich in Firmen-Systeme hacken, muss man freilich ganz fest darauf vertrauen, dass das Sparkassen-System auch sicher ist. Für Betagte, die von der Polizei permanent vor Enkeltrick und anderen menschlichen Sauereien gewarnt werden, eine Riesen-Herausforderung!
Bleibt die Frage, ob dieses „Telefon-Banking“ der Ausweg für Helden ist, oder ob die 35 Prozent Online-Verweigerer einfach bloß weiter auf „ihre“ Sparkasse um die Ecke setzen. So hat das Institut in der Vergangenheit schließlich stets für sich geworben.
Die Sparkasse wäre aus meiner Sicht gut beraten, auf dem weiteren, vermutlich notwendigen, Weg ins digitale Morgen die 35 Prozent der (vielen) älteren Kunden nicht verloren zu geben, sondern sie intensiver zu informieren und zu umwerben. Ansonsten könnte sich da etwas zusammenbrauen.
Bleiben Sie munter!
Herzlichst Ihr as
Axel Schuller
Für die Schreib-Hygiene: Ich bin eines der 684 Mitglieder der Sparkasse, anno Tobak von der Mitgliederversammlung in dieses Gremium gewählt. Seinerzeit war ich noch Chefredakteur des Weser Reports. Aber: Journalist – mit eigenem, denkendem Schädel – bin ich trotzdem geblieben