Kaum zu glauben: 100-Millionen-Loch im Etat, aber der Senat aast mit den Steuergeldern herum

07.05.2022 Aus Von ED-as_Blog-17

Liebe Leserinnen und Leser, jetzt hätt’ ich fast  – „o Gott, o Gott“ – geschrieben. Gerade noch mal die Kurve gekriegt! Dabei muss man inzwischen wirklich gläubig werden, wenn man an den Haushalt des Landes Bremen denkt. Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) sucht händeringend Geld. Viel Geld. Im 2022er Etat klafft ein Loch von sage und schreibe 100 Millionen Euro. Bei einem Haushalt von rund 5 Milliarden Euro. Und einer Schuldenlast von über 20 Milliarden Euro. Wir nähern uns dem Finanzstatus eines Dritte-Welt-Landes. Und zwar mit Sieben-Meilen Stiefeln…

Sie denken, ich übertreibe. Leider, nein! 

Bevor Sie jetzt aussteigen, „Finanzen sind nicht mein Ding“. „Ach herrje, ständig labern die über Finanzlücken, dabei geht’s doch immer irgendwie weiter“… Also: Bevor Sie gefrustet, überdrüssig oder was auch immer von dannen ziehen: Meine Bitte, mein Tipp: Bleiben Sie dran! Es lohnt sich. Sie werden zeitweise Ihren Augen nicht trauen.

Ich habe Fakten zusammengetragen, wo und wie der Senat und die ihn tragenden Parteien mit unseren Steuergeldern herumaasen. Außerdem habe ich ausgerechnet, wieviel Geld jeder Bürger für die Bürgerschaft aufwendet – im Vergleich zu anderen Bundesländern. Auch, um wieviele Bürger sich ein Bremer Abgeordneter (m/w/d) kümmern muss – und wie viele es anderswo sind.

Liebe Leserinnen und Leser, Sie sehen, ich habe mir an diesem Wochenende viel Mühe gegeben. Das dürfen Sie jetzt ruhig mit ein bisschen Ausdauer honorieren

Zurück zum Finanzsenator. Dietmar Strehl ist an der aktuellen misslichen Lage selbst mit schuld. Er hatte im Dezember 2021 zugelassen, dass die Bremische Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken einen Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen hat, der bereits bei Beschlussfassung „Minderausgaben“ in Höhe von 100 Millionen Euro für 2022 und 70 Millionen für 2023 vorsah. 

Einschub: Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) betonte im Dezember 2021 übrigens wie auch andere Politiker von SPD, Grünen und Linken, laut Weser-Kurier: In Corona-Zeiten einen Haushalt aufzustellen, der im Vergleich zum aktuellen in keinem Fachbereich Kürzungen vorsehe, sei „eine große Leistung“. Und – Verzeihung – noch großmäuliger: “Das schaffen andere Bundesländer nicht„, sagte sie. 

Ich sage angesichts des aktuellen Haushalts-Lochs: Haha, selten so gewiehert, Frau Stahmann!

„Minderausgaben“ nennt man die Gelder, die im Laufe des Haushalts-Jahres eingespart werden müssen, damit der Etat (übrigens trotz neuer Kredite und Zuschüsse vom Bund) überhaupt ausgeglichen dasteht. Aktuell hat Strehl zwar ein Konzept vorgelegt, wie man 80 der 100 Millionen einsparen könnte, aber: Kein einziges Senatsressort will da mitmachen. Keins. Nada. Nullum.

Ich nenne jetzt mal ein paar Dinge, die Bremen viel Geld kosten – und trotzdem gemacht werden. Gerade so, als würde unser Ländchen im Geld schwimmen. Das Dauer-Finanzloch GeNo wird bis zur nächsten Wahl 140 Millionen Euro an Zuschüssen verschlingen. Benötigen wir wirklich alle vier staatlichen Krankenhäuser? Für Asylbewerber wird zehn Jahre lang ein als vier-Sterne-Haus geplantes Hotel am Breitenweg für 820.000 Euro Jahressalär angemietet. Wenige Meter daneben steht das ehemalige Männer-Wohnheim „Papageienhaus“ seit Jahren leer! Für die Erstaufnahme von Flüchtlingen hat Bremen in der Lindenstraße Wohnraum angemietet – Zehn-Jahres-Miete: 34 Millionen Euro. Für die Drogensüchtigen mietet Bremen in Bahnhofsnähe einen „Drogenkonsumraum“. Das klingt nach Container, ist aber eine 1.300 Quadratmeter große Halle. Kosten: 1,3 Millionen Euro pro Jahr. Um die Betreuung der Süchtigen werden sich dort – Achtung, ganz doll am Stuhl festhalten – umgerechnet 11 Vollzeit-Kräfte kümmern.  

Halten Sie es noch aus, können Sie noch ein paar Zahlen verkraften?

Das Gesundheitsressort zieht in einen Neubau mit kaum mehr Bürofläche als jetzt um. Jährliche Kosten – bei 25 jähriger Mietdauer – 1,07 Millionen Euro.

CDU-Finanzexperte Jens Eckhoff quält den Senat aktuell mit einer umfangreichen Anfrage: Nach seiner Kenntnis haben sich teilweise bis zu drei Behörden sowohl in der Überseestadt als auch im Kaffee-Quartier im jeweils selben Gebäude zu jeweils drei unterschiedlichen Raten eingemietet. Man fragt sich ernsthaft: Darf man diesen Behörden und Politikern weiterhin Steuergelder anvertrauen, oder muss mit den Verantwortlichen nicht doch etwas anderes geschehen?

Sorry, aber jetzt kommt noch ein Hammer: Die Senatsressorts verlangen aktuell mal wieder zusätzliches Personal. Begründung: Die Klima-Katastrophe erfordere weiteren Aufwand.

Der Bund der Steuerzahler sagt dazu: „Den von der Bundesbank veröffentlichten Haushaltskennzahlen der Länder (einschl. Gemeinden) für das Jahr 2020 ist zu entnehmen, dass das Land Bremen im Ländervergleich bereits jetzt über die üppigste Personalausstattung aller Bundesländer verfügt. Mit 44,5 Vollzeitäquivalenten je 1.000 Einwohner liegt die Personalausstattung in Bremen nicht nur deutlich über dem Wert sämtlicher Flächenländer, sondern auch beachtlich über den Werten der vergleichbaren Stadtstaaten Hamburg (39,2) und Berlin (41,9). Dies ein klarer Hinweis darauf, dass es in Bremen keinesfalls an Personalstellen mangelt, sondern dass das verfügbare Personal effizienter und wirkungsvoller eingesetzt werden kann und muss.“ Ende des Langzitats des Bundes der Steuerzahler. 

Liebe Leserinnen und Leser, ich hatte Sie vorgewarnt. Wenn Sie jetzt weiterlesen, könnte es Ihnen durchaus passieren, dass Ihnen Ihre Zehennägel hochklappen.  

Ich serviere Ihnen – frei Haus – einige Bremer Kennzahlen im Vergleich zum (kleinsten Flächenland) Saarland und dem größten Bundesland Nordrhein-Westfalen.

 

Land Bremen: 680.130 Einwohner, verfügt über 84 Bürgerschafts- also Landtagsabgeordnete – offiziell Halbtags-Parlamentarier! Abgeordnetendiät: 5154,42 Euro plus 822,53 Euro Zuschuss zur Altersversorgung. Senat: 9 Mitglieder inklusive des Präsidenten des Senats. Landesetat: rund 5 Milliarden Euro. Ein Bremer Abgeordneter ist für 8.097 Bürger zuständig. Jeder Bremer Bürger zahlt jährlich 8,86 Euro für die Bürgerschaft.

Saarland: 983.991 Einwohner, 51 Landtagsabgeordnete. Abgeordnetendiät: 6.238 Euro. Landeskabinett: 7 Ministerinnen und Minister inklusive der Ministerpräsidentin. Landesetat: 5,1 Milliarden Euro. Ein Abgeordneter ist für 19.294 Bürger zuständig. Jeder Bürger zahlt jährlich 3,88 Euro für das „Gehalt“ der Landtagsabgeordneten.

Nordrhein-Westfalen: 17,91 Millionen Einwohner. Aktuell 199 (mindestens: 181) Abgeordnete. Diäten: 9.330,22 Euro plus 2.290,29 Euro für die private Altersvorsorge. Kabinett: 15 Ministerinnen und Minister inklusive Ministerpräsident. Landesetet: 87,5 Milliarden Euro. Ein Abgeordneter ist für 90.000 Bürger zuständig. Jeder NRW-Bürger zahlt jährlich  1,55 Euro für die Diäten.

Mögliches Fazit: Würde die Bremische Bürgerschaft auf Saarland-Größe schrumpfen, könnten 33 Abgeordnete entfallen. Allein an Diäten und Altersversorgung könnten 2,37 Millionen Euro gespart werden; plus Büro- und Fraktionskosten.

Auch, wenn’s jetzt schwer fällt: Bleiben Sie munter!

Herzlichst

Ihr as

Axel Schuller