Seltsam: 180.000 Euro-Spende von einem Anonymus für von Ralph Saxe gegründeten Verein
Mann, Mann, Mann, von mir aus auch: Frau, Frau, Frau. – Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser mich jetzt sehen könnten, Sie würden – zum Glück nur im übertragenen Sinn – ein paar ramponierte Zähne in meinem Journalistengebiss entdecken. Was hab ich mir die Zähne an Geldgebern von Ralph Saxes Verein ausgebissen! Saxe, Sie wissen, die graue Eminenz hinter einigem, was so an Wundersamem im Mobilitätsressort geschieht.
Im besten Fall erinnern Sie sich. In Kurzfassung: Die Mobilitätsbehörde hat die Firma Sternkultur (unter meines Wissens immer noch ungeklärten Umständen) mit dem „Verkehrsversuch“ Martinistraße beauftragt. Die führenden Köpfe von Sternkultur sind zum Teil personen-identisch mit der Spitze von Autofreier StadTraum. Dem Vorstand dieses Vereins gehört der Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Ralph Saxe an. Zur Abrundung: Die Umfrage zum Verkehrsversuch „Transformartini“ führt Sternkultur jetzt (vorsichtshalber?) selbst durch. Zum intensiveren Nachlesen: Mein Blog vom 31.3.2022.
Die Grünen fighten stets engagiert für Transparenz – zumindest, wenn’s andere betrifft (siehe Lobby-Register in Berlin und anderes).
Geht’s um die eigene Nase, wird man schnell schmallippig. Der Verein Autofreier StadTraum – Gründer, Vorstandsmitglied und „Ideengeber“ ist Saxe – erhält in den Jahren 2020, 2021 und 2022 insgesamt 180.000 Euro aus einer Quelle, die sich nicht offenbaren will.
Und da fängt dann leider das „Zähne-ausbeißen“ an.
Liebe Leserinnen und Leser, zum Glück stört Sie Ihre Lokalzeitung ja heute nicht mit einer frischen Ausgabe. So haben Sie (theoretisch) Zeit und möglicherweise Interesse, an meinen Recherche-Teil-Ergebnissen teilzuhaben. In Berlin residiert eine Firma, die sich „PHINEO gemeinnützige AG“ nennt. Diese Aktiengesellschaft beschreibt sich als „Initiative Mobilitätskultur“. Sie fördert bundesweit unter anderem „Projekte, die sich für umweltfreundliche und nachhaltige Lösungen für den Verkehrssektor stark machen.“ Darunter den Bremer Verein Autofreier StadTraum.
Auf Anfrage teilte die Berliner Pressestelle mit: „Finanziert werden alle Projekte durch eine Einzelperson, die ihre Erbschaft für eine neue Art der Mobilität einsetzen möchte. Die Einzelperson zieht es derzeit vor, anonym zu bleiben. Sie ist keine Person des öffentlichen Lebens.“ Mehr wollte PHINEO auch nicht auf Nachfragen offenbaren.
Schade, so’n Mist aber auch.
Übrigens, überraschender Beifang der Recherche: Auf der PHINEO-Seite taucht die berühmte Quandt-Erbin Susanne Klatten auf. Auf der Seite heißt es: „SKala ist eine Initiative der Unternehmerin Susanne Klatten und des gemeinnützigen Analyse- und Beratungshauses PHINEO. SKala fördert bundesweit 93 gemeinnützige Projekte mit insgesamt bis zu 100 Millionen Euro. Allerdings werden für SKala dann andere Förderschwerpunkte Schwerpunkte als Mobilität genannt. Möglicherweise gibt’s also noch andere Millionen-Spender.
Zurück nach unserm Bremchen. Wir, nein ich, halte fest: Ein Bremer Verein, in dem ein nicht zu unterschätzender Grüner im Vorstand sitzt, dessen Vereins-Vorstände zugleich Chefinnen der Firma Sternkultur sind, die Aufträge vom Grünen Mobilitätsressort erhalten hat — ein Glied dieses Konglomerats nimmt 180.000 Euro von einer Berliner Firma an, die das Geld eines Spenders verteilt, der – aktuell jedenfalls – um jeden Preis anonym bleiben will. Boah ej, das muss ich jetzt erstmal verdauen.
Liebe Leserinnen und Leser, stellen Sie sich jetzt mal folgendes Szenario vor: Ein Mensch findet die Arbeit eines (vielleicht) CDU-nahen Vereins zur Förderung des Automobilwesens so „spannend“, dass er dem Verein, sagen wir, für drei Jahre 180.000 Euro überweist. Dieser Verein lädt einmal im Jahr alle PS-Boliden – ab 450 PS aufwärts – auf den Domshof ein. Ziel: Dort soll mittels der mindestens acht Zylinder großen Motoren ein für Auto-Freaks nahezu erregendes „Konzert“ gegeben werden. Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser, würden die Grünen dieser Stadt und ihre mannigfachen Hilfstruppen wohl (zu recht) schäumen? Und: Sie würden vermutlich lauthals schimpfen, dass frecherweise ein Anonymus dieses Spektakel finanziert.
Einschub: Wenn Sie jetzt denken, der Schuller ist ja so was von nem kaputten Typ, wie kann der sich bloß so nen Schwachsinn ausdenken. Obacht, denken Sie nicht ganz so schlecht von mir. Gehen Sie in das legendäre Internet, und finden Sie dort – beispielsweise – zig Filmchen von Volvo-Fahrern, die ihre alten V8-Zylinder um die Wette röhren lassen. Gibt’s wirklich!
Also zurück zum (fiktiven) Anonymus, der irgendeinen Autoquatsch fördern will. Die Grünen würden wie gesagt zürnen und der CDU (der fiktive Verein steht dieser Partei im Fallbeispiel ja nahe – sowie StadTraum, Sternkultur und Co den Grünen nahe ist) Intransparenz vorwerfen. Und die Grünen würden fragen: Wie kann man bloß für ein Projekt Geld annehmen, von dem man nicht weiß, wie es zuvor angehäuft wurde? Ist dieses Geld (Erbschaft) möglicherweise durch dem Verkauf von Plastiktüten, chemischen Dünger, oder noch schlimmer Waffen verdient worden?
Ja, ich spintisiere jetzt bewusst, um aufzuzeigen, auf welch seltsame, jedenfalls ungeklärte Finanzierungsbasis „Saxes Verein“ baut. Nichts Genaues weiß man nicht.
Ach, sorry, ich vergaß: Es sind ja die Grünen, da geschieht fast alles mit dem selbst erteilten moralischen Segen.
Uff. Bleiben Sie munter!
Ihr as
Axel Schuller