Klimakrise – planlose Politik und Pinselei – Teil 2
Die Klimakrise treibt die meisten von uns um. Wenn auch auf unterschiedliche Weise. Ich zweifle immer häufiger, dass die Umstellung auf regenerative Energien wirklich mit Sinn und Verstand gedacht und umgesetzt wird.
Nehmen wir die Elektromobilität.
Spätestens bis 2038 sollen in Bremen 50 Prozent E-Autos fahren. Meine Fragen: Wo tanken die ihren Strom? Wo entstehen die Ladestationen? Wer baut diese? Und: Wo kommt der Strom dafür her – aus Atomkraftwerken des europäischen Auslands?
Was ich so mitkriege, gibt es bereits heute zu wenig Bauteile für die notwendige Infrastruktur wie Anschlüsse und Ladestationen. Und, eigentlich noch schlimmer: Wo kriegen wir die dafür notwendigen Elektro-Handwerker her? Auf Wunschbäumen wachsen die bekanntlich nicht. Bis vor kurzem sollten/mussten ja alle Abitur machen. Ans Handwerk haben dabei nicht so richtig viele Bildungspolitiker gedacht.
Wenn Politiker Zukunftspläne entwerfen, fußen diese – und dies ist nur zu menschlich – auf dem eigenen Erfahrungshorizont. Keine falschen Hoffnungen machen. Ich stimme jetzt nicht das simple Lied vom unwissenden Politiker an. Nein, ernsthaft. Ich denke, dass PolitikerInnen selten über den eigenen Tellerrand hinausschauen; ihre Lebenswirklichkeit für die echte, also die aller Bremer/Deutschen, halten.
Ich vermute, dass ein Großteil der Bundes- und Landtagsabgeordneten der (noch immer) 16 Bundesländer in Ein-Familien-Häusern leben. Für die Umstellung auf E-Mobilität kann dies zu fatalen Fehleinschätzungen führen: Wenn ich ein E-Auto kaufe, baue ich eine Ladebox ans Haus, noch besser in die Garage. Ist doch alles wunderbar, könnten unsere Volksvertreter denken.
Die Mehrheit der Deutschen – 58 Prozent – leben aber auf Etage. Die können ihre neuen E-Autos nicht auf dem eigenen, abgezäunten Grundstück sicher aufladen. Deren Fahrzeuge parken am Straßenrand, auf offen zugänglichen Parkplätzen usw.
Wie sollen die den Saft in den Akku kriegen? Per ellenlanger Kabel quer über Wege und Wiesen? Aus öffentlichen Ladestationen, vielleicht auf Flächen, auf denen früher Telefonhäuschen, gelbe Postkästen oder Liftfaßsäulen standen? Reichen die E-Tanken dann für Millionen öffentlich abgestellter Autos? Und da schließt sich wieder der Kreis: Wer baut die aus welchen Teilen zusammen und schließt sie an?
Selbst wenn es dafür realitätsnahe Pläne gäbe…
Stopp, in Bremen wartet die superagile Behörde von Umweltsenatorin Dr. Maike Schaefer (Grüne) ja noch auf Bundesgelder, um eine „vertiefende“ Untersuchung über Art, Umfang, Dichte und technische Grundlagen für ein öffentliches Ladenetz in Auftrag geben zu können. Ist kein Witz, keine Erfindung von mir. Das ist bitterere bremische Wahrheit. Radwege können sie aufpinseln, Aussichtstürmchen und Wasser-Surf-Anlagen in der Martinistraße aufbauen (lassen). Aber eine Untersuchung über die notwendige Zahl von E-Tanken kriegen sie nicht gebacken. Hammer! Wie so häufig hilft der Blick nach außen. Hamburg und Hannover treiben den Ausbau der Ladestationen massiv voran. Denn dort hat man begriffen: Wer E-Mobilität will, muss auch E-Tankstationen vorweisen.
Oh Bremen, hast du vielleicht doch die Regierung bekommen, die du verdient hast?
Also, wenn wir dann später einmal wissen sollten, wo und in welchem Umfang E-Tankstellen gebaut werden könnten, alle Baugenehmigungen dafür vielleicht sogar ohne umfangreiche Beteiligungsverfahren erteilt würden, müsste die Stromversorgung in Bremen dann doch irgendwann klappen.
Problem: Wer Tante Edeltraut in Bayern per eigenem Auto besuchen will, muss zwischendurch den Akku auffüllen. Dieses Problem muss der Bund lösen. Aber, Vorsicht: Es gibt 16 Bundesländer. Die wollen stets bei allem mitreden. Und die meisten Länder haben dann noch jeweils eigene Landes-Bauordnungen. Ausländer halten uns Deutsche spätestens an diesem Punkt vermutlich für – vornehm ausgedrückt – nicht ganz bei Sinnen, also für bekloppt.
All dies mal außer Betracht lassend: Wer liefert die Unmengen Strom für die Millionen E-Autos? Die Deutsche Politik hat unter Angela Merkel beschlossen, bis 2023 alle Atommeiler vom Netz zu nehmen. Sobald die Kohlekraftwerke – geplantes Ende fürs letzte 2035 – abgeschaltet sein werden, müssen wir die Dauer-Sonne anknipsen und uns notfalls vor Windkrafträdern zum Dauer-Pusten versammeln.
Keine Bange, das wird natürlich nicht geschehen. Die Bundesrepublik konnte ja bloß das Ende der deutschen AKWs beschließen. In diesem Fall muss man wohl „zum Glück“ sagen. Tschechien und Frankreich denken nicht im Entferntesten an den Ausstieg. So können wir Deutschen uns weiterhin entspannt zurücklehnen – der Strom kommt wie immer aus der Steckdose. Dass der – bei Windstille oder wenn’s bei uns dunkel ist – möglicherweise auch aus einem AKW zu uns fließt, macht ja nix. Das steht nicht bei uns, ist also ungefährlich – es sei denn, man wohnt in der Grenzregion zu Frankreich oder Tschechien. Pech gehabt.
Liebe Leserinnen und Leser, ich will nicht defätistisch rumstänkern oder Ihnen die Laune verderben. Ich finde es bloß entsetzlich, dass die Dinge – anders als häufig behauptet – eben nicht vom Ende her gedacht werden. Bei uns werden kraftvoll Abschaltpläne für „böse“ Kraftwerke beschlossen, ohne sich zuvor darüber im klaren zu sein, woher der Strom anschließend kommt. Sich mit neuen Technologien zu beschäftigen, die – einfach gesagt – Strom aus weniger gefährlichen Kleinkraftwerken verheißen, ist absolut tabu. In anderen Ländern, wie China, wird mit Hochdruck – beispielsweise – an Thorium-Kraftwerken geforscht. Bei uns nicht. Eine unglaubliche Engstirnigkeit. Möglicherweise gibt’s noch viel bessere Technologien zur Erzeugung CO2-freien Stroms. Dann muss man diese Forschung aber auch zulassen und unterstützen!
Die Methode, ein Thema nicht zu Ende zu denken, zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik. Das fängt im Kleinen in Bremen an, wo man markig die Halbierung der Verbrenner-Autos in der Stadt beschließt, ohne jedoch das Thema Infrastruktur für E-Ladestellen gelöst zu haben. Und im Bund folgte man nach dem Atom-Wahnsinn in Fukushima dem Impuls: Bloß raus aus der Atomenergie.
Planwirtschaft, haben viele Deutsche bitter erfahren, hat’s nicht gebracht. Ein planloser Staat ist aber auch nicht erstrebenswert.