Splitter: Bismarck-Denkmal, Klima-Ziele, Woelki, Kammer-Gehälter
Liebe Leserinnen und Leser,
heute schreibe ich mal in einer für Sie bislang ungewöhnlichen Form: Heute gibt’s Splitter, statt eines ausführlichen Stückes zu einem Thema. Zu viel ist zusammen gekommen, das ich einordnen beziehungsweise noch einmal erläutern möchte.
Fangen wir mit etwas Neuem an, das aber schon länger gärt. Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Ralph Saxe brennt förmlich darauf, der historischen Gerechtigkeit zum Ziel zu verhelfen.
Immer wenn er von der Bürgerschaft zu seinem Weinladen nach Schwachhausen zurück radelt, muss er bei dem ollen Bismarck vorbei. Der macht sich seit Jahren zwischen Dom und Rathaus breit.
Bismarck, so habe ich noch aus dem hessischen Geschichtsunterricht in Erinnerung, war 1871 nicht nur erster deutscher Reichskanzler, sondern hat 1889 auch der sozialen Gesetzgebung mitsamt der Renten-Versicherung zum Durchbruch verholfen.
Aber nicht nur. Er hat die Kolonisation Namibias unterstützt, indem er 1884 die erste deutsche Handelsniederlassung an der afrikanischen Südwest-Küste („Deutsch-Südwest“) unter den Schutz des Deutschen Reichs stellte. Davon profitierte der früher in Bremen verehrte, mittlerweile nicht mehr so gut angesehene Kaufmann Adolf Lüderitz.
Wenn’s nach Saxe ginge, würde Bismarck vermutlich vom Sturm der aktuellen Geschichte hinweggefegt. Nun soll ein Hinweisschild – auch – auf Bismarcks Missetaten hinweisen. Die Kulturbehörde arbeitet dran. Laut Kultur-Staatsrätin Carmen Emigholz soll die Gedenktafel der „ambivalenten Persönlichkeit“ gerecht werden.
Mein Vorschlag für eine gelungene Zukunft: Bremen bringt – schon mal vorsorglich – am Mercedes-Werk, bei Airbus und weiteren betroffenen Bremer Unternehmen Hinweistafeln an:
„Diese Firmen betrieben im 21. Jahrhundert Geschäfte mit China. Vermutlich resultierte auch daraus, dass das chinesische Reich erstarken und später misslicherweise die Weltherrschaft übernehmen konnte.“
Das würde doch bestimmt die Ambivalenz vorab gut beschreiben: Aktuell profitieren viele Bremer ArbeitnehmerInnen von diesen Geschäftsbeziehungen, aber später – tja, man weiß es nicht…
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Anderes Thema: Die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD sehr nahestehend) organisierte kürzlich ein online-forum. Teilnehmer waren unter anderem Bürgermeister Andreas Bovenschulte, Bremens Stahlwerk-Chef Reiner Blaschek und eine Frau namens Prof. Jutta Günther.
Dabei kamen Zahlen und Fakten auf den Diskussionstisch, die es in sich hatten. Das Stahlwerk von ArcelorMittal produziert an der Weser rund 3,5 Millionen Tonnen Stahl. Dabei fallen – und jetzt mal wieder festhalten – 6 Millionen Tonnen CO2 an. Das ist etwas mehr als die Hälfte des gesamten in Bremen emittierten Kohlendioxids von 11 Millionen Tonnen. Oder: 2/3 des von der bremischen Industrie ausgestoßenen COs. Blaschek warb mit Hingabe, bei allen Klimaplänen doch zwei Dinge nicht aus dem Blick zu verlieren: Das Stahlwerk bietet aktuell 2.500 Menschen Lohn und Brot. Und: Für die Umstellung auf die Wasserstoff-Technologie sei es notwendig, nicht immer nur das Endziel „klimaneutral“ zu beschwören, sondern auch die vielen bis dahin notwendigen Zwischenschritte zu gehen. Und Blaschkes Hauptproblem lautet aktuell: „Die Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren (für die vielen Zwischenschritte; meine Anmerkung) dauern sehr lang.“ Er war höflich und hat nicht gesagt: viel zu lang.
Während Andreas Bovenschulte das Thema pragmatisch anging („Wir müssen überlegen, wo können wir mit einem eingesetzten Euro am meisten CO2 einsparen“), gab Prof. Jutta Günther die Losung aus: „Wir müssen viel schneller werden.“ Klimaneutralität sei das Gebot der Stunde. Günther gehörte übrigens der Klima-Enquetekommission der Bremischen Bürgerschaft an. Und: Sie wird am 1. September 2022 neue Rektorin der Bremer Universität. Na, dann.
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Ein Bremer schreibt Geschichte. Zumindest für Deutschland, möglicherweise mit Auswirkungen bis ins ferne Rom. Carl Kau, neben dem Bremer Hans-Jörg Kogel Mitinitiator des „Katholischen Klartextes“ hat Strafanzeige gegen den Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki gestellt. Kau wirft dem gerade wieder ins Amt zurückgekehrten Mann Gottes und weiteren Geistlichen des Erzbistum Köln „vorsätzliche Beihilfe durch Unterlassen sowie fahrlässige Körperverletzung“ vor. Der Grund: Ein katholischer Priester des Bistums ist wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Kau wirft Woelki und Co eine indirekte Mitschuld vor. Sollten die Staatsanwaltschaft und später möglicherweise ein Gericht diese Sicht teilen, müsste sich der Papst vielleicht doch noch aufraffen, Woelki aus dem Dienst zu entfernen.
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Der letzte Splitter ist ein Nachtrag:
Auf das Stück „Kammern drängen in die Verfassung – geht’s noch?“ erreichte mich ungläubiges Staunen. Ob denn das darin genannte Jahressalär des Handelskammer-Hauptgeschäftsführers von rund 279.000 Euro wirklich zutreffe. Ja, die Zahl steht auf der Kammer-Website. Und ganz Neugierige wollten wissen, wie denn dann die hauptamtlichen Chefs der beiden anderen Kammern entlohnt werden. Etwa auch so fürstlich? Dem Rechercheur ist nichts zu schwör: Der Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer erhält jährlich 135.000 Euro. Der Boss der Arbeitnehmerkammer erhält laut Auskunft seiner Pressestelle ein Gehalt analog der Beamten-Besoldung B4. Dies sind laut Besoldungstabelle monatlich 9.161 Euro (multipliziert mit 12 gleich 109.932 Euro).
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Liebe Leserinnen und Leser, Bismarck, Klima, Woelki, Moneten. Ich weiß, das war ´ne bunte Mischung. Aber, jetzt ist der Gedanken-Hof erst mal wieder gekehrt. Bis bald!
Bleiben Sie munter
Herzlichst
Ihr as
Axel Schuller