Bremen benötigt keinen eigenen Sender – Landesfunkhaus würde genügen

23.08.2022 Aus Von Axel Schuller

Vielen Dank an Patricia Schlesinger. Die geschasste RBB-Intendantin hat – ungewollt – eine Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk losgetreten. Komisch: Alle hacken auf Schlesinger rum, doch kaum jemand spricht über eine Reform des ÖRR an „Haupt und Gliedern“. Es gibt 21 TV- und 73 Radioprogramme. Wer Geld sparen will, kann hier ansetzen. Mein Vorschlag für Radio Bremen: Umbau des Mini-Senders zu einem Landesfunkhaus des NDR. Überflüssige Angebote streichen. Reduktion auf das notwendige Maß.


Liebe Leserinnen und Leser, bevor Sie mich aufgrund des Vorab-Fazits möglicherweise in eine echte Anstalt schicken wollen, lassen Sie mich vorher noch eine Frage stellen. 

Geht es den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg schlechter als Bremen?  Bloß, weil sie gemeinsam von einer Rundfunkanstalt – dem NDR – versorgt werden. Also keine keine eigenen Sender mit Intendanten, sondern nur „Landesfunkhäuser“ haben. Ich antworte mal für Sie mit einem kräftigen NEIN.


Daran schließt sich meine Kernfrage an: Weshalb benötigt das Ländchen Bremen eine eigene Sendeanstalt, mit vier Hörfunk– Programmen, Online-Auftritt, TV-Regionalmagazin, mit eigenen Abteilungen für alles mögliche (Recht, Personal, Lizenzen etc)? Weshalb hat Bremen einen eigenen, teuren Sender, das große Niedersachsen aber nicht? 


Politiker werden jetzt aufschrecken. „Haste Länder, haste Sender“, lautet der dazugehörige machtpolitische Spruch. Aber: Alle Politiker behaupten ja stets, sie wollten und würden – selbstverständlich – keinen Einfluss auf öffentlich-rechtliche  Sendeanstalt ausüben. A ja. Deshalb führen Politiker/von der Politik Entsendete in Rundfunk- und Verwaltungsräten der Anstalten so gerne das Wort… 

Meine Mutter pflegte in diesem Zusammenhang zu sagen: „Wer’ s glaubt wird selig, und wer’s nicht glaubt, kommt auch in den Himmel.“


Liebe Leserinnen und Leser, wollen wir mal – im besten Sinn – gemeinsam ein bisschen herumspinnen? Auf Neudeutsch: brainstormen.


Nehmen wir mal an, Radio Bremen würde aufgelöst, in ein NDR-Landesfunkhaus umgewandelt. Was brauchen Bremen und Bremerhaven vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Zur  Erinnerung: Wir sind komplett von Niedersachsen eingeschlossen! Zur gesetzlich garantierten „Grundversorgung“ der beiden Städte reichen aus meiner Sicht: Eine Hörfunkwelle für die Bremerinnen und Bremer. Zur (hoffentlich wertfreien) Information inklusive ein bisschen Bildungsanspruch. Für die Jungen, für die Nachrichten-Junkies, Kultur-Interessierten – hält der NDR bereits heute viele Programme vor: Enjoy, Kultur, NDRinfo und mehr.

Die Fernseh-Fans würden ihr „buten un binnen“ behalten. Allein  schon, um dem Bremer Print-Monopol ab und zu Aktualitäts-Paroli zu bieten.

Online-Nachrichten, bietet der NDR bereits. Tageszeitungen auch. Die jungen Formate könnten andere ARD-Anstalten übernehmen.


Würde RB unter dem NDR-Dach landen, könnte man in Hamburg und den anderen beteiligten Ländern/Landesfunkhäusern beispielsweise entscheiden: 

Das Landesfunkhaus Bremen ist ab sofort zuständig für Bremen, Bremerhaven und für den Nordwesten bis Osnabrück, ostfriesische Inseln und Cuxhaven. Das Landesfunkhaus Hannover könnte im Nordwesten massiv Personal einsparen, das teilweise RB zugeordnet würde.


Der „Nachteil“: Der eigenständige Sender Radio Bremen und dessen Verwaltungs-Kopf könnten entfallen. Und damit auch abenteuerlich teure Strukturen von Hauptabteilungsleitungen, ganzen Stäben (Öffentlichkeitsarbeit) bis hin zur Intendantin. Die könnte, wenn das alle und vor allem wenn sie das selbst will, Leiterin des Landesfunkhauses werden. Mit einem deutlich abgesenkten Gehalt.


Womit wir beim Geld wären. Dank Patricia Schlesinger (übrigens: „Patricia, Latein, bedeutet: „die Vornehme“, von „edler Geburt“) wird aktuell viel über Intendanten-Gehälter, Dienstkarossen und „Amtsausstattungen“ gesprochen. Nicht aber über die Alters-Versorgung.


Dazu ein paar grundsätzliche Überlegungen. Das Bundesverfassungsgericht spricht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Radio und TV) eine geradezu staatstragende Rolle zu. Die ÖRR sorgten für eine Grundversorgung der Öffentlichkeit mit korrekten Informationen. Das ist zwar weltfremd, aber gerade egal. Das Bundesverfassungsgericht stuft die ÖRR wie eine Art Ämter ein.


In einem Punkt lassen sich festangestellte ÖRR-Mitarbeiter bereits heute so behandeln. Bei der Altersversorgung. Intendanten, Haupt- und Abteilungsleiter erhalten von den Sendern Pensionen auf Beamtenniveau. Aktuell um die 72 Prozent des letzten Gehaltes – natürlich erst nach entsprechender Dienstzeit. Allein Radio Bremen hat in 2020 rund 16 Millionen Euro für die „Altersversorgung“ im Etat stehen.


Bei den Gehältern spielt das „Beamten-sein“ plötzlich keine Rolle mehr. Wie kann es sein, dass – nur als Beispiel – die Intendantin von Radio Bremen ein Gehalt von 295.662,28 Euro (inkl. Nebenleistungen) bezieht, der Bürgermeister der Hansestadt Bremen indes lediglich 189.174,40 Euro (inkl. aller Nebenleistungen – am 29.8. aktualisiert) erhält? Wer von beiden trägt mehr Verantwortung? Wem von beiden wird mehr Geld anvertraut? Radio Bremen hat einen Jahresetat von rund 100  Millionen Euro. Das Land Bremen, für das der Präsident des Senats steht, 5,1 Milliarden Euro.

Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Ich denke, die Gehälter von Intendanten sollten sich maximal an der Entlohnung von Ministerpräsidenten orientieren, und je nach Anstaltsgröße nach unten staffeln.


Öffentlich-rechtliche Kämpfer führen in dieser Debatte gerne an: Wenn Intendanten – WDR-Chef Tom Buhro erhält 413.000 Euro – weniger Geld bekämen, könnte der ÖRR überhaupt nicht mehr mit Privatsendern mithalten. Gute Leute wanderten dann alle ab.


Liebe Leserinnen und Leser, es existiert ein wesentlicher Unterschied zwischen ÖRR und Privatsendern: Die Privaten müssen jeden Cent selbst verdienen, bevor sie ihn ausgeben. Die Öffentlich-Rechtlichen erhalten – steuerähnlich – jährlich 8,5 Milliarden Euro an Gebühren. Obendrauf nehmen sie nahezu 500 Millionen Euro aus dem Verkauf von Werbezeiten ein.


Geneigte Leserschaft, zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gäbe es viel zu sagen. Beispielsweise, was die „Grundversorgung“ der Bevölkerung bedeutet. Dazu später vielleicht einmal mehr. Sowie zu dem merkwürdigen System, wie und von wem die Rundfunkgebühren festgesetzt werden.


Heute möchte ich es erstmal dabei belassen. Schreiben Sie mir  gerne, was Sie von dem Gedanken halten, Radio Bremen zu einem NDR-Landesfunkhaus umzuwandeln.


Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

  

Noch kein Abonnement? Bitte hier anmelden…