Ein Mahnmal für 60.000 Euro zugunsten eines toten vermeintlichen Drogen-Dealers / Wer gedenkt der Drogentoten?

06.01.2023 Aus Von Axel Schuller

Morgen (7.1.) jährt sich zum 18. Mal ein tragisches Ereignis: Der vermeintliche Drogenhändler Laye-Alama Condé ist am 7. Januar 2005 nach einer Brechmittel-Zwangsgabe durch den Polizeiarzt gestorben. Daran erinnert nicht nur eine Initiative, sondern künftig auch ein staatlich bezahlter Gedenk-Ort neben dem Gerhard-Marcks-Haus. Schade, dass für tausende Drogenopfer in der Freien Hansestadt bislang kein Mahnmal errichtet wurde. Kommt bestimmt noch…

Jeder Tote in staatlicher Obhut ist, besonders in einem Rechtsstaat, einer zu viel. Was mich an den jährlichen Demos der „Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condéstört, ist: In den Presseerklärungen dieses Vereins geht es stets um das beklagenswerte Ereignis, dass der damals abgelehnte (und anschließend geduldete) Asylbewerber aus Sierra Leone im Polizeigewahrsam gestorben ist. Nie wird daran erinnert, wie und weshalb er überhaupt in die Fänge der Polizei geraten ist. Diese Tatsachen – ich nenne sie gleich – finden sich auch nicht in den umfangreichen Presseerklärungen zur Vorbereitung des „Gedenkorts für die Opfer der Brechmittelvergabe“ – herausgegeben von der Kulturbehörde, deren Chef Bürgermeister und Kultursenator Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) ist.

Zur Erinnerung: Die Polizei hatte Laye-Alama Condé am 27. Dezember 2004 um 0:10 Uhr am Sielwalleck vorläufig festgenommen. Der 35-Jährige stand im Verdacht, mit Drogen gehandelt zu haben. Die zwei Beamten brachten ihn ins Polizeipräsidium in die Vahr. Die Polizisten hatten den Verdacht, dass Condé etwas verschluckt habe. Beispielsweise kleine, eingepackte Kokainkügelchen

Darauf wurde eine sogenannte Exkorporation angeordnet. Dabei werden verschluckte Gegenstände unter Anwendung von – damals Brech-, heute Abführmitteln – aus dem Körper herausgeholt.

Ein Polizeiarzt verabreichte dem damals 35-jährigen, gesund wirkenden, Mann ein Brechmittel mit viel Wasser per Nasen-MagenSonde. Condé versuchte immer wieder, das Erbrochene nicht auszuspucken, sondern sofort herunterzuschlucken. Dennoch kamen vier Kokain-Kügelchen heraus. Ein fünftes später bei der Obduktion.

Der Mann ist schließlich am 7. Januar 2005 im Joseph-Stift gestorben. Die Obduktion ergab: Laye-Alama Condé ist durch die erhebliche Wasserzufuhr ertrunken und Erbrochenes war beim Versuch, dieses herunterzuschlucken, in die Atemwege/Lunge geraten. Außerdem wurde eine Herz-Vorschädigung festgestellt.

Der Fall beschäftigte mehrere Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof. Am Ende wurde das Verfahren gegen den Polizeiarzt gegen Zahlung von 20.000 Euro an Condés Mutter eingestellt. Vom Land Bremen erstritt die Mutter 10.000 Euro.

Bremen wendet das Brechmittel seit dem tragischen Tod des vermeintlichen Dealers nicht mehr an. Heute werden Abführmittel eingesetzt, um verschluckte Drogen-Portionen („Bodypacking“) aus dem Körper herauszuholen.

Stand heute: Am morgigen 7. Januar um 13 Uhr führt die Initiative am Goetheplatz eine Gedenkveranstaltung durch.

Die Kulturbehörde hat mittlerweile eine zehn-köpfige Auswahlkommission berufen, die zusammen mit dem „Landesbeirat für Kunst im öffentlichen Raum“ ein Kunstwerk aussuchen soll. Künstler können ihre Vorschläge noch bis 31. Januar 2023 bei der Behörde einreichen.

Bremen stellt für das Verfahren und das Mahnmal rechts vom Gerhard-Marcks-Haus 60.000 Euro zur Verfügung. Das hat die Bürgerschaft auf Betreiben der Linken beschlossen.

Das Mahnmal – so die Kulturbehörde – soll erinnern an „den Fall von Laye-Alama Condé, stellvertretend für die Menschen, die in staatlicher Obhut dem Einsatz von Brechmitteln ausgesetzt waren.“

Die Condé-Initiative wiederum fordert Entschädigungen für die „Hunderten“, die „ebenso drangsaliert“ worden seien – durch die Brechmittelvergabe in Polizeigewahrsam.

In der Presseerklärung der Initiative heißt es weiter: „Die Mutter und ihre Geschwister bitten darum, einigen Familienmitgliedern den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen…“

Bin mal gespannt, ob dieser Wunsch (mit allerlei Folgekosten) eher in Erfüllung geht, als dass vielleicht doch noch ein Mahnmal für die tausenden Drogentoten in Bremen gebaut wird.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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