Gaga, aber AGG-konform: Brebau verlost inzwischen ihre Wohnungen

20.01.2023 Aus Von Axel Schuller

Nun, liebe Leser, gebt fein acht, ich hab Ihnen etwas mitgebracht… Auch, wenn’s so klingt, heute geht’s nicht um ein Märchen, sondern um eine unglaubliche Geschichte – als Folge einer Berichterstattung, die der ARD-Sender Radio Bremen in die Welt gesetzt hat; damit widersinnigerweise den Nannen-Preis ergattert hat – und in der Folge die städtische Wohnungsgesellschaft BREBAU nun ihre Wohnungen v e r l o s t. Mit der irren Folge, dass beispielsweise Ukraine-Flüchtlinge in einem Haus mit russisch-stämmigen Altmietern landen können… Das Ganze folgt dem Motto: Gaga, aber AGG-konform.

(AGG steht für „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“)

Damit Sie, Liebe Leserinnen und Leser, jetzt nicht denken: O je, da reimt sich der alte, weiße Mann, nun aber etwas zusammen. Nein, so kam’s vor ein paar Tagen vor dem Landgericht zur Sprache. Anlass: Der „Deutsche Konsumentenbund e.V.“ hatte eine Verbandsklage wegen (angeblicher) Diskriminierung durch die Brebau bei der Vermietung von Wohnungen erhoben.

Bevor ich in teilweise wundersame Details gehe, vorab das Ende vom Lied: Konsumentenbund und Brebau schlossen nach geschlagenen zweieinhalb Stunden vor dem Landgericht einen Vergleich. In dem geht es freilich n i c h t darum, dass die Brebau Mieter wegen Hautfarbe, Kopftuch-tragen oder geschlechtlicher Ausrichtungen benachteiligt hätte. Nein, in dem Vergleich wurde festgehalten, dass in dem Unternehmen der Datenschutz dauerhaft eingehalten wird.

Toll. Diese eindeutige Festlegung war bereits im März 2022 erfolgt, nachdem Bremens Datenschutzbeauftragte der Brebau ein Bußgeld von sagenhaften 1,9 Millionen Euro übergebraten hatte.

Zu den von mir bereits angesprochenen „wundersamen Details“. Der Deutsche Konsumentenbund ist laut Eintragung ein gemeinnütziger Verein. Er gilt als „Konsumenten-Schutzeinrichtung“, sitzt im hessischen Roßdorf, nahe Darmstadt. Der Verein ist in das EU-Lobby-Register eingetragen. Er ist einer von rund 80 ausgewählten Verbänden in Deutschland, die eine Musterfeststellungsklage anstrengen dürfen.

Uff, dieser Verein hatte offenbar Fernsehen geguckt. Und dort erfahren, dass die Brebau (angeblich) Mieter aufgrund von Herkunft, Hautfarbe etc. von der Vermietung ausschließe.

Dagegen muss man natürlich klagen. Vor dem Bremer Landgericht wurde jedoch ziemlich schnell klar, dass die Klage des Vereins einzig und allein auf der RB-Berichterstattung fußte. Der Vereinsanwalt behauptete munter, dass zwei von vier RB-Testmietbewerbern keine Behausung erhalten hätten. Der Anwalt musste eingestehen, dass die „Klägern i c h t mit den zwei „Benachteiligten“ gesprochen, sondern lediglich TV geguckt hatten.

Kann schon mal in die Hose gehen.

Der Richter hatte nämlich in der Vorbereitung den ausführlichen Untersuchungsbericht des Sonderermittlers (Ex-Justizstaatsrat Prof. Matthias Stauch) gelesen. Und dem Richter war natürlich auch das Fazit der Untersuchung geläufig. Stauch hatte (wie im Blog bremensogesehen.com nachzulesen) festgestellt, er habe keinen Hinweis gefunden, dass ein Bewerber aufgrund irgendwelcher notierter Merkmale benachteiligt worden sei. Und bei dem Thema der “zwei Abgelehnten” war Stauch ebenfalls zu einem völlig anderen Ergebnis als Radio Bremen gekommen.

Der Einwurf des „Konsum“-Anwalts, zwei RB-Testpersonen seien doch leer ausgegangen, verfing folglich nicht. Die Brebau erklärte, einer der beiden habe ein Angebot bekommen, sei aber nicht zum Besichtigungs-Termin erschienen. Und der zweite habe völlig unklare Miet-Wünsche angemeldet.

Das Ende vom Lied: Konsum-Kläger und Brebau-Beklagte tauschten sich mit dem Richter ausführlich darüber aus, wem denn die Beweislast zufalle…

Zwischenbemerkung von mir: Es ist wirklich sehr erkenntnisreich, wer die Gerichtsbarkeit mit welchem Zeitaufwand für welche Ziele einspannen darf.

Also, der Vorwurf des Verstoßes gegen das AGG war jetzt abgeräumt, weil nicht belegbar. Ging es noch um den Datenschutz. Die Tatsache, dass Bewerber intern nach Merkmalen wie Hautfarbe, bisherige Adresse, Kopftuch, vermutete sexuelle Ausrichtung gelistet worden waren, hatte Entsetzen bei Datenschützern, Juristen, Journalisten und natürlich bei Politikern ausgelöst.

Übrigens, weniger bei Praktikern, die mit Bedacht darauf achten, eben nicht Russen und Ukrainer oder türkische Erdogan-Fans und Kurden – um nur einige Beispiele zu nennen – in einem Haus unterzubringen.

Konsumentenbund und Brebau einigten sich vor dem Landgericht auf einen Vergleich. Demnach registriert die Brebau (unter Androhung einer Strafe von 250.000 Euro) nie, nie wieder Persönlichkeitsmerkmale von Miet-Interessenten.

Ein Brebau-Geschäftsführer erläuterte, die Brebau habe ihr Wohnungs-Vergabe-Verfahren auf völlig neue Füße gestellt.

Und das geht so: Aus der Gruppe der Bewerber werden jeweils zehn – ohne Rücksicht auf irgend etwas – ausgelost und zur Wohnungsbesichtigung eingeladen. Aus den am Ende übrigbleibenden Bewerbern, welche die Wohnung auch wirklich haben möchten – meist sechs bis vier – wird der künftige Mieter (natürlich: m/w/d) a u s g e l o s t!

Schon heute ahnen Experten, dass dies zu teilweise schwer beherrschbaren Verhältnissen in einigen Quartieren führen wird. Aber, damit hat Bremen ja hinreichende Erfahrungen in Tenever gesammelt…

Als dort die „soziale Ent-Mischung“ zum Implodieren des Viertels führte, investierten Bremen und die Gewoba Millionen-Summen, um die Häuser wieder auf Vordermann zu bringen, die Mieterschaft sozial verträglich zu mischen etc. Na, das sind doch mal positive Aussichten.

Liebe Leserinnen und Leser, das AGG ist bestimmt sinnvoll, um schlimme Auswüchse von Diskriminierungen zu vermeiden. Aber so, wie das AGG jetzt in der – zumindest – öffentlichen Wohnungswirtschaft wirkt, ist einfach bloß hanebüchen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Bin mal gespannt, ob Radio Bremen irgendwann doch noch die Größe aufbringt, die überzogene und – aus meiner Sicht – teilweise falsche Berichterstattung über die Brebau zu revidieren – und den Henry-Nannen-Preis zurückzugeben.

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