Weser-Kurier-Auflage: sinkt und sinkt / Heute garantiert: erhellendes P.S und P.P.S.
Die Weser-Kurier-Auflage sinkt. Weiterhin. Ich vermute, die Einstellung des Kurier am Sonntag zum Oktober 2022 hat erste Spuren in der Auflagenbilanz hinterlassen. Vergleichen wir mal die jüngsten Zahlen mit – beispielsweise alten – denen des Jahres 1998. Horror! Im vierten Quartal 1998 verkaufte der Weser-Kurier täglich 201.691 Zeitungen. Im 4. Quartal 2022 waren es gerade mal 111.178 Exemplare. In der aktuellen Zahl sind enthalten: 18.560 ePaper. Was sich modern und fast harmlos anhört, ist für die Bremer Tageszeitungen AG ziemlich heavy: Es bedeutet nämlich, dass die verkaufte Druck-Auflage nur noch 92.618 Exemplare beträgt. Ergebnis: Die WK-Verkaufsabteilung kann – verhält sie sich seriös – Beilagenkunden bloß noch Kosten für 92.618 verkaufte Beilagen in Rechnung stellen. In ein ePaper passen nämlich keine auf Papier gedruckten Kaufanreize hinein.
Von diesen Beilagen leben Zeitungen jedoch zu einem nicht unwesentlichen Teil. Und sie bringen relativ einfaches Geld ein. Werbetreibende zahlen einen relativ hohen Preis pro 1.000 verteilter Beilagen, die Verlage jedoch rechnen mit den Druckereien einen vergleichsweise geringeren Preis fürs Einstecken ab.
Genug der Interna. Also: Der WK hat nach der Einstellung des KaS einen ersten Schwung an Leserinnen und Lesern verloren. Ich vermute, eine Erhöhung des Abopreises ist auch in diesem Jahr geplant. Obwohl, Stopp: Der WK spart durch die Abschaffung des Kurier am Sonntag ja deutlich am Druck, Verteilen und Papier ein.
Zunächst aber zu den Zahlen, welche die „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“ (ivw) alle Vierteljahr zusammenstellt, prüft und veröffentlicht. In der Branche stellt man – für die bessere Vergleichbarkeit – die jeweils selben Quartale gegenüber. Und da zeigen sich für den WK folgende Rückgänge:
Im 4.Q/22 verkaufte das Bremer „Leitmedium“ 111.178 Exemplare, im 4.Q/21 waren es noch 117.078 gewesen. Macht ein Minus von 5.900 Zeitungen. Die erschütternde verkaufte Druckauflage ergibt sich dadurch, dass von den 111.178 Exemplare mittlerweile 18.560 sogenannte ePaper sind.
Schönredner verweisen darauf, der WK habe im Vergleich mit anderen Großstädten wie Berlin die höchste Leserreichweite. Das liegt natürlich daran, dass es z.B. in Berlin, anders als in Bremen, mehrere Tageszeitungen gibt.
Und vermutlich auch an dem gnadenlos überzeugenden Journalismus, den der WK bietet.
Zwei Beispiele: Bremen ist dank Mercedes eine Autostadt. Gleichwohl meint am heutigen Dienstag ein umweltbewegter WK-Kommentator: „Besser überhaupt kein Auto“. Oder zur himmelschreienden Bremer Schulmisere durften wir vorige Woche lesen: „…Es wäre zu einfach, mit dem Finger auf die SPD zu zeigen…“ Finde ich auch: Schließlich hat die SPD erst seit 22. Januar 1948 ununterbrochen das Sagen im Bildungsressort. Dieser Zeitraum ist nun wirklich zu kurz, als dass man für die Ergebnisse des politischen Handelns zur Verantwortung gezogen werden könnte…
Solche Glanzleistungen überragenden Journalismus’ dürfen Sie, liebe Leserinnen und Leser, nahezu täglich im WK genießen. Das macht – zumindest – stets gute Laune…
Werte Leserschaft, wie Sie wissen, blicke ich gerne in die Zukunft. Meine Vermutung: Der WK wird nach den erneuten Auflagenverlusten, den gestiegenen Papierpreisen und dem brutal auf das Trägerentgelt wirkenden Mindestlohn auch in diesem Jahr einen höheren Abo-Preis verlangen – ungeachtet der Ersparnis durch den Wegfall der Sonntagsausgabe.
Schauen wir mal. Bislang ereilte uns die „Bitte um Verständnis für den Ausgleich der höheren Kosten“ – Preiserhöhung genannt – einmal im Jahr.
Dank Wegfall des KaS müsste der Verlag in diesem Jahr seriöserweise darauf verzichten…
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Nach meinem Beitrag „9-Cent-Pacht und 180.000 Euro für Alternativ-Kunst“ vom 17. Januar 2023 meldeten sich gleich mehrere Wissende, um auf folgenden Umstand hinzuweisen. Die Kulturdeputation hatte Ende 2022 nicht nur beschlossen, den „Kulturbeutel“ mit jetzt jährlich 180.000 Euro zu unterstützen. Nein auch das Kulturzentrum „kukoon“ in der Neustadt kriegt jetzt dank Rot-Grün-Rot sogenannte institutionelle statt projektbezogene Förderung. Fröhliche 50.000 Euro pro Jahr. By the way: „kukoon“ ist jene Einrichtung, die im vergangenen Jahr eine Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung platzen ließ (konnte man erfreulicherweise im WK lesen). Dem Betreiber-Kollektiv hatte es nicht in den Kram gepasst, dass eine Abteilungsleiterin des Bremer Verfassungsschutzes an der Diskussion teilnehmen sollte. Egal. Die Staats-Knete – vermutlich auch von steuerzahlenden Verfassungsschützern aufgebracht – nimmt man jetzt umso lieber.
P.P.S: Im Ausgrenzen hat Rot-Grün-Rot in Bremen auch eigene Qualitäten zu bieten: Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU) wollte am 27. Januar anlässlich des Holocaust–Gedenktages alle Abgeordneten zu einem Foto in den Plenarsaal bitten. Nach dem Motto: Gemeinsam gegen den Holocaust. Jedoch: SPD, Grüne und Linke verweigern sich dieser Demonstration des Gutgemeinten. Begründung: Dann wären ja auch AfD-Politiker mit auf dem Foto. Mit Politikern, die häufig antisemitisch und rassistisch seien, wolle man aber nicht gemeinsam ablichten lassen.
Was, liebe Leserinnen und Leser, meinen Sie? Ist das lediglich verbohrt oder einfach schon blöd? Es wäre doch ein unbezahlbares Zeichen für alle interessierten Wählerinnen und Wähler, wenn sich AfDler öffentlich gegen den Holocaust gestellt hätten – sofern Sie es denn überhaupt getan hätten…
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