Ausbildungsabgabe – Senatoren und „Dafür-Stimmer“ sollten die Gerichtskosten privat bezahlen
Wer, bitte, ist hier am Werk? Menschen, die unter Starrsinn, Besserwisserei oder an einer Krankheit namens „zwanghafter Fremdbeglückung“ leiden? Oder sind es vielleicht doch bloß Uneinsichtige, Unbelehrbare bzw. ganz simpel Politiker, deren schlechtes Gewissen angesichts katastrophaler Bremer Bildungsergebnisse sie dazu treibt…irgend etwas, bloß irgend was tun zu wollen? Liebe Leserinnen und Leser, Sie merken: Heute falle ich nicht mit der Tür, sondern mit einem ganzen Scheunentor ins Haus.
Achtung, kampferprobte Politiker, heute bitte keine Kroko-Tränen vergießen, weil die – ja – anklagende Schreibe angeblich die Politik-Verdrossenheit fördere. Nee, die erzeugen viele Ihrer Zunft bereits selbst!
Ausgangslage I:
Das Bremer Schulsystem produziert jährlich 600 Schulabgänger o h n e Abschluss. In Worten: KEINEN. Dazu kommen Abgänger mit Abschluss, wobei sich Lehrherren m/w/d zunehmend fragen: Wofür, in Herrgotts Namen, haben einige dieser – um im Bild zu bleiben – Kinder Gottes eigentlich einen Schulabschluss erhalten? Für gut erlerntes Rechnen und Schreiben jedenfalls nicht. Manchmal funktioniert nach zehn Schuljahren auch das Lesen nicht.
Ausgangslage II:
Handwerker und alle anderen Berufszweige suchen händeringend nach Auszubildenden, da der Nachwuchs dringender denn je vonnöten ist. Das Stammpersonal geht nach und nach in Rente. Einige Gewerbe und Gewerke erleben einen wahren Boom: Unmengen Auftrags-Anfragen. Aber der Personalmangel bremst viele Unternehmen aus. Suchen Sie aktuell mal einen Sanitär-Handwerker, der Ihnen Solarpanels, Wärmepumpen oder eine neue Heizung einbaut. Schwierig, schwierig.
Also, es fehlen – unter anderem – Auszubildende, die in ein paar Jahren in die Gesellenrollen nachrutschen können. Erstens gibt’s nicht genügend junge Menschen, und zweitens packt ein beachtlicher Teil von den Vorhandenen einfachste Aufgaben (Rechnen, Schreiben und zuweilen auch Lesen) nicht. Die Folge: Die Wirtschaft bietet mehr Ausbildungsplätze als es überhaupt Bewerber gibt.
Handwerker, Dienstleister und selbst die Polizei haben im Laufe der Jahre ihre Anforderungen für den Erhalt eines Ausbildungsplatzes reduziert. Nun aber sind die Ausbilder m/w am unteren Ende des Möglichen angekommen.
Ausgangslage III:
In dieser Situation kommen SPD, Linke und (eher halbherzig) Grüne Politiker mit ihrer vermeintlich heilbringenden Idee um die Ecke. Obwohl es mehr Lehrstellen als Bewerber gibt, zimmert dieser Parteienclub der Unermüdlichen ein Gesetz zusammen, um eine Ausbildungsabgabe einzuführen. Diesen Fonds sollen die Firmen füllen. Aus ihm will der Staat (neben den „verlockenden“ Prämien für das Einstellen von Lehrlingen) Azubi-Betreuungseinrichtungen basteln. Mit Psychologen, Sozialarbeitern, vielleicht auch Nachhilfelehrern.
Preisfrage: Weshalb will sich der Staat erst nach dem Schulabgang und nicht während der Schulzeit darum kümmern? Ist doch logisch, dass sich da Unternehmer vom Land Bremen missbraucht fühlen.
„Lösung“ aus Sicht von Politikern:
Laut Weser-Kurier sind die Regenten mittlerweile so weit, dass sie den Gesetzentwurf am morgigen Dienstag auf den Weg bringen wollen. Übrigens, inklusive mehrerer Unbekannter. Offen ist weiterhin, ab welcher Betriebsgröße man die Gebühr löhnen muss, und wieviel Geld Betriebe nach jeweiliger Größe abdrücken sollen. Ist das der neue Bremer Gesetzes-Standard? Gut gemeint, aber unvollkommen – und von Betroffenen unerwünscht.
Sorry, über wieviel Ignoranz können Politiker eigentlich noch verfügen, um etwas gnadenlos durchziehen? Obwohl es keiner außerhalb der eigenen Blase haben will.
Ich zähle noch mal auf: Handelskammer, Handwerkskammer, Innungen für Sanitär, Fleischerei, Kraftfahrzeuge und weitere lehnen diese Abgabe ab. Obwohl ihnen selbst Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) mit dackeltreuem Blick versichert: „Sie erhalten für jeden Auszubildenden 2.500 Euro als Prämie.“ Doch diese künftig Zwangsbeglückten antworten darauf: „Wir wollen das Geld nicht, wir wollen Schulabgänger, die zu einer Ausbildung fähig sind, ohne dass wir Ausbilder ihnen zuvor Rechnen, Schreiben, Lesen beibringen müssen.“
Wann kapieren Senat, SPD, Grünen und Linke inklusive der Einpeitscher am Rand – z.B. die DGB-Gewerkschaften – endlich, dass den Betrieben mit der Ausbildungsabgabe nicht geholfen ist?
Ist es dazu tatsächlich erst notwendig, dass die Handelskammer ihre Androhung wahrmacht und gegen die bundesweit einmalige Abgabe klagt? Allein das ist schon ein Unding: Das kleinste Bundesland prescht mal wieder vor, um den anderen zu zeigen, wie man’s macht. Vielleicht ist das ja der wahre Grund für die Abgabe. Bremer Politiker wollen sich mal wieder brüsten. So wie mit der Total-Inklusion in Schulen? Nota: Ist nicht so überzeugend gelungen.
Ich finde übrigens, die Senatsmitglieder und Abgeordneten, welche die Zwangsabgabe so toll finden, vehement verteidigen und durchsetzen, sollten wenigstens soviel Mumm haben, dass sie bei einer Klage der Kammer die anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten aus der eigenen Tasche berappen. Dieser Einsatz sollte es den Polit-Funktionären doch wert sein.
Vorwarnung:
Liebe Wählerinnen und Wähler – ja, am 14. Mai ist es soweit – Regierungspolitiker werden vermutlich versuchen, Ihnen ein X für ein U vorzumachen. Nach dem Motto: Was soll das Herumlamentieren über eine Bremer Ausbildungsabgabe? „Eine solche Abgabe für eine überbetriebliche Ausbildung gibt’s im Baugewerbe bereits seit Jahren“, sülz, sülz, usw. Achtung: Für diese Abgabe haben die Arbeitgeber-Verbände des Baugewerbes mit der zuständigen Gewerkschaft einen Tarifvertrag geschlossen. So können in allen größeren Städten und Kreisen praktische Ausbildungsstätten fürs Mauern, Zementieren etc. zentral für alle Betriebe vorgehalten werden. Ist etwas wesentlich Anderes als die staatlich verordnete Zwangsabgabe.
Also, liebe Leserschaft, lassen Sie sich von sendungsstarken Politikern/Gewerkschaftern keinen (Abgaben-)Bären aufbinden.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Nachtrag zu meinem Ukraine-„Verzweiflungsblog“. Wenn Sie Interesse an anderen Sichtweisen auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine (insbesondere die Entstehungsgeschichte) haben, empfehle ich Ihnen den Blick in Schweizer Medien. „NZZ“, „Weltwoche“ und andere bieten eine, wie ich finde, notwendige Ergänzung zu dem deutschen – sorry, kann ich nur so sagen – Mainstream.
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