Wilder DGB-Fight gegen Verbraucherzentrale – dabei brauchen Ratsuchende gerade jetzt dringend Hilfe

05.02.2023 Aus Von Axel Schuller

Kann die Verbraucherzentrale Bremen ihre Unabhängigkeit bewahren, oder funken ihr demnächst neuzeitliche Apparatschiks ins Handwerk? Auch wenn Sie spontan keine Betroffenheit spüren, lesen Sie bitte weiter. Es geht nämlich um das höchste Gut unserer freien Gesellschaft: Dass jeder denken und seine Meinung sagen darf. Und vor allem, dass niemand einem vorschreibt, mit  w e m  man sprechen darf. DGB, Linke und einige Sozialdemokraten wollen der Chefin der Verbraucherzentrale in einer eigens dafür einberufenen Sonder-Mitgliederversammlung ernsthaft vorschreiben, wem die Frau künftig  k e i n e  Interviews mehr geben darf.

Vorab, zur Einordnung: Alle Verbraucherzentralen haben aktuell alle Hände voll zu tun. “Ein Siebtel”, also fast 12 der 83,2 Millionen Bundesbürger, können sich momentan ihr Leben aufgrund von Energiepreis-Sprüngen und Inflation nicht leisten. Sprich: Ihre Konten sind im Minus, über elf Millionen Menschen leben auf Pump.

In dieser Situation ist es dem Bremer DGB-Chef, Bremer Linken und einigen Sozialdemokraten offenbar ein ganz, ganz wichtiges Anliegen, die Chefin der Bremer Verbraucherzentrale an die Kandare zu nehmen. Jedenfalls hat der DGB eine außerordentliche Mitgliederversammlung der VZ beantragt, um die Vorstandsfrau Annabel Oelmann zu maßregeln

Dr. Annabel Oelmann – gelernte Wirtschaftsjuristin, seit 2016 Chefin („Vorständin“) der Bremer Verbraucherzentrale mit über 30 Beschäftigten – ist eine selbstbewusste und meinungsstarke Frau. Sie vertritt die Verbraucherzentrale öffentlich so erfolgreich wie vermutlich kein Vorgänger m/w  je zuvor. Sie saß als Expertin bereits auf dem „Roten Sofa“ des NDR, bei Maybrit Illner im ZDF, bei 3nach9 von Radio Bremen, im Lang-Interview von “butenunbinnen” sowie in vielen Nachrichtensendungen der Republik.

Diese Frau wird stets aus einem Grund “gebucht“: Sie kann anschaulich formulieren, wo und wie es der VZ-Kundschaft unter den Nägeln brennt. Strom-, Gas- und Heizkostenexplosion, Inflation, drohende Mietsteigerungen durch energetische Sanierung von Wohnungen – diese Kostentreiber bringen aktuell ein Siebtel der Bevölkerung in den teuren Dispo-Bereich des eigenen Kontos.

Annabel, ach Annabell, komm mal schnell – zum Interview. Die hat’s drauf, normale Zuschauer m/w sowie Zuhörer verstehen, was Mrs. Verbraucherzentrale Bremen sagt. Aber dann, o weh, ließ sie sich im Oktober 2022 ausgerechnet vom YouTube-Kanal „Achtung, Reichelt“ zum Interview einladen. Dort berichtete Oelmann auch über Menschen, die angesichts der ständig steigenden Ausgaben im Extremfall sogar über Selbsttötung nachdächten.

Der Inhalt des Interviews, also Oelmanns Antworten, gelten auch im Kreis ihrer ärgsten Kritiker m/w als okay. Aber, der Interviewer – Ex-BILD-Chefredakteur Julian Reichtest – ist für eine bestimmte Bremer Blase bäh. Er gilt ihnen als äußerst „rechts“ und – strafverschärfend – als Sexist. Und mit solchen Leuten darfst du nach Auffassung einer wildgewordener Sprach- und jetzt offenbar auch noch Gesinnungs-„Polizei“ nicht einmal mehr reden. Selbst, wenn die Sendung mehrere hunderttausend “Zuschauende” erreichen.

Als heftigste Kritiker gerieren sich Bremens DGB-Chef, die Ex-Verwaltungsratsvorsitzende der Verbraucherzentrale (aktuell SPD-Bürgerschaftskandidatin und im Berufsleben „Büroleiterin“ der SPD-Justizsenatorin), Stephanie Dehne, sowie einige Linke. Darunter Claudia Bernhard (Linke), die als Gesundheitssenatorin auch für den Verbraucherschutz und damit für den Großteil der VZ-Finanzierung zuständig ist.

Frau Dehne ist als VZ-Oberaufseherin zurückgetreten, nachdem sich ihre Mit-Verwaltungsräte geweigert hatten, Oelmann wegen des mit Reichelt geführten Interviews zu verdammen und einen Maulkorb umzuhängen.

Bernhard, die sich nach dem speziellen Interview erkundigt und festgestellt hatte, Oelmanns Teilnahme an “Achtung Reichelt” sei ihr “unverständlich“,  hat inzwischen womöglich gemerkt, dass ihr jemand  einen Floh ins Ohr gesetzt hatte. Von Bernhard ist zu dem Thema nix mehr zu hören.

Details, liebe Leserschaft, können Sie der Homepage der Verbraucherzentrale entnehmen. Den Link dazu finden Sie am Ende des Textes. Ausdauer lohnt sich heute – am freien Sonntag ohne frische Tageszeitung ja ohnehin.

Ich bin sicher, Sie werden beim Lesen staunen. Von mir bloß so viel dazu: Äußerst ungewöhnlich an dem Stück ist, dass es von den drei wichtigsten Frauen der VZ gemeinsam getragen wird: Von der kommissarischen Verwaltungsratsvorsitzenden Sina Dertwinkel, der Betriebsratsvorsitzenden Sarina Segelhorst und der Vorständin Dr. Annabel Oelmann.

Diese „Chronologie“ auf der VZ-Homepage ist für Oelmanns Kritiker keine schallende Ohrfeige – nein, das ist schon ein brennender Peitschenhieb.

Das lässt einen machtbewussten „Arbeiterführer“ wie Bremens DGB-Chef Dr. Ernesto Harder aber lange noch nicht ruhen. Er drangsaliert Oelmann, gerne auch öffentlich. Er beharrt darauf, die Vorstandsfrau müsse gerade (warum eigentlich?) in Krisenzeiten klare Kante gegen Rechts zeigen – also auf jeden Fall das Interview mit Reichelt als Fehler eingestehen.

Ungeachtet des Schulterschlusses der Betriebsratsvorsitzenden mit Oelmann wirft Harder der VZ-Chefin schlechten Umgang mit dem Personal vor. Da geht es auch um die Kündigung eines VZ-Juristen – übrigens wiederum mit Zustimmung des Betriebsrates…

Hinter dem Link finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch mehrere Verweise auf Oelmanns Interviews. Und weil die Vorstandsfrau ihr Personal angeblich so schlecht behandelt, soll sie einem Mediationsverfahren zustimmen, fordert der DGBler.

Witzigerweise gibt die Betriebsratsvorsitzende in einer eigenen Erklärung zu Protokoll, dass es an Oelmanns Führung keine Beanstandungen gäbe. Und dass der laute DGB-Chef mit ihr, der gewählten Arbeitnehmervertreterin, über angebliche Personal-Probleme nicht gesprochen habe…

Für wen kämpft der Mann, der mal für die SPD Bonner Oberbürgermeister werden w o l l t e und von den eigenen Genossen verhindert wurde? (Konkret: Die Bonner SPD, deren Vorsitzender er 2015 war, hatte ihm die Kandidatur für den OB-Posten verwehrt. Darauf hatte er die Vorstands-Brocken hingeschmissen.) Warum ist der Mann in der VZ-Bremen so verbissen am Werk?

Seine Frau Dr. Claudia Bogedan, ist seit ihrem Rücktritt als Bremer SPD-Bildungssenatorin im Jahr 2021 als Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung (Düsseldorf) tätig. Für sie in Bremen einen schlechter bezahlten Job freizukeilen… Nee, derartige Gerüchte halte ich für dummes Zeug. Vermutlich befeuert ihn lediglich sein schier unbändiger Wille, immer und überall „Rechts“ zu bekämpfen. Und dabei eben – hoch emotionsgeladen – auch übers Ziel hinauszuschießen.

Blöd nur, dass gerade jetzt – in einer für ein Siebtel der Bevölkerung existenziell bedrohlichen Krise – in Bremen eine gut funktionierende Verbraucherzentrale dringender benötigt wird – als die „richtigeGesinnung von Interview-Partnern der Verbraucherzentrale.

Naive Frage am Rande: Hat Herr Harder im DGB eigentlich Vorgesetzte oder Aufsichtsräte? Irgend jemand sollte den Mann jedenfalls – schon aus Gründen der Fürsorgepflicht – einfangen.

Jetzt, wie versprochen, der Link:

Chronologie der Gerüchte

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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