Wird das Tabakquartier zum zweiten Güterverkehrszentrum?
Heute vorab – ehrlich – einen kräftigen Tusch: Airbus hat sich zum Standort Bremen bekannt. Wie gut für die Hansestadt, für die 2.100 hochqualifizierten Arbeitsplätze allein in der Tragflächen-Ausrüstung. Bravo!
Geht es noch verrückter? Gefühlt jeden Tag vermeldet die Polizei Raubüberfälle, begangen in aller Öffentlichkeit. Meist gleicher Ablauf: Zwei, drei junge Kerle, Messer in der Hand – Handy, Geld, Kette entreißen und weg. Jüngst wurde sogar die Kollekte aus dem Dom geklaut – am helllichten Tag. Breite, politische Debatte darüber – Fehlanzeige.
Break: Urlaub, liebe Leser, kann die Sinne weiten. Nachdem ich mehrere Zeitungen „nachgelesen“ habe, denke ich: Würde die rot-grün-rote Regierung nach der Bürgerschaftswahl am 14. Mai fortgesetzt, es würde überwiegend weiter eine Politik für Minderheiten gemacht. Bremen benötigt jedoch endlich mal wieder eine Politik für die Mehrheit der Bevölkerung.
Sie müssen sich das mal vorstellen. Da kommst du zurück an die Weser, schaust dir den WK schwungweise an und denkst: Die ticken ja nicht richtig – manchmal jedenfalls. Ein paar Highlights, die bei mir hängengeblieben sind. Die Grünen verlangen „genaue Zielvorgaben“ für die Mensen der Uni und der Hochschulen, was gesundes, Bio- und sonst was Essen angeht. Die Grünen wünschen sich neben der existierenden Baumschutz-Verordnung noch eine weitere, um besondere „Naturdenkmäler“ besser schützen zu können. Vor wem? Vor ihrer rastlosen „Holzfäller“-Senatorin Dr. Maike S., oder vor wem?
Die Koalition – also SPD, Grüne und Linke – will auf jeden Fall vor der Wahl die (bundesweit einmalige!) Ausbildungsabgabe durchpeitschen. Gegen den erbitterten Widerstand der Wirtschaft. Was denkt sich der Senat dabei? „Ja und?“ Vielleicht auch: „Uns doch egal.“
Die Grüne Sozialsenatorin Anja Stahmann zieht einerseits die Reißleine, schickt endlich einen Teil der weit überzähligen unbegleiteten minderjährigen Ausländer in andere Bundesländer weiter – und die Fraktionsvorsitzende der Linken fordert: Deutschland solle alle Flüchtlinge gleich behandeln, also nicht bloß Ukrainer, sondern auch Syrer, Türken, Afghanen „ohne wenn und aber“ aufnehmen.
Was mag wohl die vorhandene Wohnbevölkerung davon halten? Wird demnächst auch Bremer Sozialmietern – wie in Lörrach – zugunsten von Flüchtlingen gekündigt? Geht’s noch?!
Die Grünen drängen auf weniger Autos in Bremen. Der sogenannte Umwelt-Pate der Partei, Ralph Saxe, räumt – endlich ehrlich – mit dem Märchen auf, die Grünen wollten Autos mit Verbrennermotoren einfach durch E-Autos ersetzen. Nee, Autos sollen weg. Was denkt Mercedes, größter Arbeitgeber in der Hansestadt, darüber? „Uns doch egal?“
Soweit in groben Auszügen, was den amtierenden rot-grün-roten Bremer Regenten aktuell offenbar am Wichtigsten erscheint.
Jetzt mal zu einem Thema, das wohl nicht so richtig viel Arbeitszeit dieser Landesregierung beansprucht. Fassen wir mal die jüngsten Erfolgsmeldungen des neuen „Tabakquartiers“ gedanklich zusammen. Demnach treffen sich dort künftig zusätzlich rund 1.000 Menschen zum Studieren (und lehren). Demnach zieht Siemens mit 400 Mitarbeitern m/w von der Uni auf das Ex-Brinkmann-Gelände. Demnach will die Polizei eine größere Abteilung nach Woltmershausen (das ist der Stadtteil, in dem sich das Tabakquartier befindet) umziehen.
Erstmal: toll. Leider nicht so prall, wenn man die Infrastruktur betrachtet. Die BSAG erschließt diesen aufstrebenden Stadtteil mit einer einzigen Buslinie (24).
Nach Woltmershausen, an dessen Ende am Neustädterhafen am Lankenauer Höft (erfreulicherweise) eine Partylocation mit Wohnschiff-Park entsteht, also in dieses Woltmershausen gelangt man per Auto durch einen einspurigen Tunnel (unter der Bahnstrecke Bremen-Oldenburg). In Zahlen: 1.
Für einen zweiten in Höhe – etwa – Mitte des Neubaugebietes „SPURWERK“ fehlt… Ja, was eigentlich? Die Phantasie, die Zeit, das Geld?
Mit Umweg kann man auch außen rum über die A 281 nach Woltmershausen gelangen.
Das ist übrigens jene unvollendete Autobahn, über die das Güterverkehrszentrum (GVZ) bei Arsten an die A1 und per Wesertunnel bei ArcelorMittal an die A 27 nach Cuxhaven angeschlossen werden s o l l.
Anders ausgedrückt: Bremens Stadtplaner haben in den vergangenen 35 Jahren nix dazugelernt. Erst wurde Mitte der 1980er begonnen, das GVZ zu bauen. Heute auf einer Fläche von etwa 500 Hektar (mithin fünf Millionen Quadratmetern) Deutschlands größtes GVZ! Mit etwa 8.700 Beschäftigten, mit etwa 1,3 Millionen Quadratmetern Hallenflächen. Anbindung zur A 1 (Richtung Hamburg und Richtung Ruhrgebiet): mangelhaft. Anbindung Richtung A 27: Immer noch nicht existent.
Sorry, aber da fällt mir natürlich auch die Überseestadt ein. Ex-Überseehafen- und Ex-Europahafengebiet, vieles neu, alles schick, Platz für tausende Bewohner und tausende Arbeitsplätze. Und für alle: eine armselige Buslinie. Keine Straßenbahn. Jetzt – 20 Jahre nach Baubeginn – überlegen die Planer, da doch noch irgendwie eine Straßenbahn reinzukriegen. Ginge möglicherweise bloß per Brücke über den Europahafen. Dummerweise hat man in diesem alten Hafenbecken jedoch eine Marina angelegt.
Liebe Freunde des Blogs! Würden wir in einer ordentlich geplanten, verwalteten und regierten Stadt leben, dann würde vielleicht mal jemand auf eine Idee wie in einer echten Großstadt kommen. Etwa so: Leute, wir konzentrieren uns jetzt auf das Areal links der Weser! Wir erschließen die Neustadt, Woltmershausen und weiter die Überseestadt mit einer U-BAHN.
Hui, das wäre mal was.
Aber in Bremen, im Rathaus, in vielen Beiräten: kleinklein. Die Stadtplaner haben sich Ende der 1960er Jahre mit einem groben, leider nie realisierten Plan für eine U-Bahn zwischen Viertel und Brill völlig verausgabt. Offenbar auf Generationen. Schade.
Kommen Sie mir jetzt bitte nicht: Ja, wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld? usw.
Bremen hat offenbar genug Geld, lässt es jedoch förmlich auf der Straße liegen – und gibt vorhandenes teilweise auch noch für falsche Dinge aus. Anders ist ein WK-Bericht aus meiner Urlaubszeit kaum zu deuten. Bei der Betriebsprüfung und bei der Steuerfahnung des Grünen Finanzressorts sind so viele Stellen unbesetzt, dass Großbetriebe in Bremen bloß alle 10 statt früher alle 5 Jahre mit einer Prüfung rechnen müssen. Kleinstbetriebe werden aktuell alle 66 (statt früher 28) Jahre geprüft.
Der Linke Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp meinte, Bremen ginge auf diese Weise jährlich eine „hohe zweistellige Millionensumme“ durch die Lappen.
Ich frage Sie: Kann man, muss man eine solche öffentliche Verwaltung wirklich noch ernst nehmen?
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
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