Wildgewordener Senat will Uni-Umzug durchsetzen / Soziales schlampt mit Akten und zahlt Irrsinns-Mieten

27.02.2023 Aus Von Axel Schuller

„Omm!. Ich bin ganz ruhig, ich bin vollkommen entspannt.“ Auch wenn ich versuche, Gelassenheit aufzubauen, wird’s nicht besser. Dass der Senat am 28.2. aus der nackten Angst heraus (Karstadt könnte dicht macht) ungeachtet vieler offener Fragen den Fachbereich Jura aus der Campus-Uni herausbricht und in die Ex-Landesbank umzieht, ist – aus mehreren Gründen, Verzeihung – irre. Zugleich wurde gestern (27.2.) durch butenunbinnen bekannt, dass die Sozialsenatorin bis zu 85 Euro pro Quadratmeter und Monat für Flüchtlingsunterkünfte zahlt – Gaga. Übrigens an ein Hostel, an dem das (von Kultursenator Andreas Bovenschulte) staatlich bezuschusste „Lagerhaus Schildstraße“ maßgeblich beteiligt ist. Geht’s noch? Ist diese Stadt noch zu retten?

Liebe Leserinnen und Leser, Politik in Bremen ist – offen gesagt – kaum noch zu ertragen. Wo man hinguckt: seltsame Entscheidungen.

Vorige Woche findet man in einem Sozialzentrum rund 4.000 Akten und ungeöffnete Briefe. Verwaltungschaos schlimmster Ausformung.

Die Parkhausgesellschaft Brepark soll das Parkhaus Mitte an die städtische Brebau verkaufen, damit die das Ding abreißt und Neues baut. Bis heute völlig ungelöst: Wie gelangen künftig die Kunden von Saturn und Opti aufs Galeria-Parkdeck? Lässt der Bürgermeister die Blechkisten von Sherpa hochschleppen? Und: Wo können ältere, aufs Auto angewiesene Konsumenten künftig ihre Fahrzeuge abstellen?

Umzug der 1.500 angehenden Juristen und 160 Dozenten sowie Dienstleister an den Domshof. Will der Senat heute beschließen, obwohl es für die Studies dort keinen Hörsaal gibt. Obwohl dies Mehrkosten zur jetzigen Unterbringung an der Uni produziert. Bremen wird 30 Jahre lang jährlich 2,8 Millionen Euro Kaltmiete und 1,3 Mio für Nebenkosten abdrücken. Wer zahlt diese Zeche? Das Wissenschaftsressort – hat keine Moneten dafür. Nichts genaues weiß man nicht… Hauptsache, Beschluss fällt vor dem 14. Mai. Man hat den Eindruck: Der Senat dreht angesichts des Wahltermins einfach nur noch durch.

Der Akademische Senat hat über den Umzug übrigens nicht abgestimmt. Obwohl die Damen und Herren sonst über jeden Fieselkram mitbestimmen (wollen).  Hier müsse der AS – so Rektorin Prof. Jutta Günther –  nicht gefragt werden.

Eigentlich irre, dass die Uni so handzahm reagiert. Immerhin hat Bremen diese Universität 1971 mit dem Ansatz der „interdisziplinären Arbeitsweise“ in die Welt gesetzt. Was das heißt? Die Studiengänge müsse alle Methoden und Denkweisen anderer Fachrichtungen einbinden und miteinander arbeiten. Deshalb wurde alles auf einem Campus geplant und gebaut. Und nun? Die Juristen, ohnehin ein leicht zur Arroganz neigendes Völkchen der späteren Alleskönner, wird künftig im eigenen Saft schmoren. Nennt sich wohl: Neue, schöne sozialdemokratische Standespolitik

Spielt alles keine Rolle. Selbst das Heimatblättchen WK ist derart besoffen von was auch immer, dass im Ankündigungsartikel (27.2.) des Umzugs inklusive der Lobpreisung des Ganzen (Kommentar genannt) nur der Senat vorkam. Was die Uni davon hält? Kein Sterbenswörtchen. Wo – hex, hex – der fehlenden Hörsaal herkommt – kein Wort. Wer die Mehrkosten trägt? Egal. Geld liefert ja die Bank.

Herr Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte! Was ist an einem Teilumzug innovativ? Dass Sie eher junge Leute sehen werden, wenn Sie aus dem Rathaus kommen? Glauben Sie ernsthaft, die Studies hätten soviel auf der Naht, dass sie künftig die Innenstadt leerkaufen?

Innovativ wäre es, im Ex-Gebäude der Landesbank einen Lehrstuhl für Luft- und Raumfahrt zu gründen! Mit OHB und Airbus, das sich gerade zum Standort Bremen bekannt hat, verfügt Bremen über zwei herausragende Firmen der Luft- und Raumfahrt. Ein paar People vom Campus in die City umzuziehen, ist – mit Verlaub – brutal einfallslos.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

 

P.S: Als „Anhang biete ich Ihnen heute noch auszugsweise den Post einer Bremer Bäckereibesitzerin, die ihre Einstellung zur Ausbildungsabgabe aus purer Verzweiflung aufgeschrieben hat. Lene Siemer auf LinkedIn:

„Die Ausbildung sichert uns die Fachkräfte von Morgen. Ich kenne besonders im Handwerk keinen Betrieb, der die innerbetriebliche Ausbildung nicht fördert und als Chance sieht… Klar ist aber auch, dass die Ausbildung von Fachkräften immer mehr zur Herausforderung für Unternehmen wird.

Wir in der Backstube Bremen haben aktuell 11 Auszubildende, das entspricht einer Ausbildungsquote von guten 13%. Das klingt doch erstmal super.

Doch hinter den positiv aussehenden Zahlen sieht es wie folgt aus:

Letztes Jahr konnten wir 2 Ausbildungsplätze nicht besetzen, da es schlicht keine geeigneten Bewerber gab! Für dieses Jahr haben wir aktuell noch 4 offene Stellen und 0 Bewerbungen. Und wir sind schon ein sehr diverser Betrieb, haben keine sonst übliche Nachtarbeit, bieten viele Benefits, arbeiten seit 2014 mit EQ-Praktikanten und legen auf Schulabschlüsse und Zeugnisse weniger Wert. Was für uns zählt, ist die Motivation und die Leidenschaft für den Beruf.

Doch immer weniger junge Menschen wollen einen Handwerksberuf erlernen.

Gerade aktuell haben wir wieder 4 Schülerpraktikanten. Das ist für uns jedes Mal die Chance a) jungen Menschen dieses wunderschöne Handwerknäher zu bringen und b) sind die Praktikanten mit Glück unsere Azubis von morgen. Doch von den teilweise großen allgemeinen Bildungslückendurch das marode Bildungssystem abgesehen, wird in den Schulen wenig Praxis vermittelt und noch weniger die diversen Möglichkeiten dargelegt, die es neben dem Abitur und einem Studium gibt. All zu oft hören wir von unseren Praktikanten oder Azubis, dass sie sich für die Ausbildung im Handwerk rechtfertigen müssen.

Zurück zum Bremer Ausbildungsfonds.

Ich sehe durch diesen keine Lösung, wie der aktuell schon bestehende und noch gravierender werdende Fachkräftemangel dadurch verbessert werden soll. Viel mehr sollte es einen Bildungsfonds geben und mehr Geld in die Schulen gesteckt werden. Denn dort sollte die Basis geschaffen werden, damit mehr junge Menschen die Fähigkeit und Motivation bekommen, eine Ausbildung anzutreten!

Doch wenn wir im 1. Ausbildungsjahr mit der Basis einer schulischen Ausbildung beschäftigt sind und ein einfacher Dreisatz schon eine Herausforderung darstellt, dann liegt das Problem woanders!

Daher kann ich nur alle aufrufen, die Petition „Ja zu besserer Bildung – Nein zur Ausbildungsabgabe“ zu unterstützen!“

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