Zum Frauentag – “Beat Bovi” – oder weshalb die anderen Spitzenkandidaten froh sein können…

08.03.2023 Aus Von Axel Schuller

Ich gestehe: Ich habe die Veranstaltung der Frauenbeauftragten des Landes Bremen besucht, um die Behörde (möglicherweise) runterzuputzen. Wie durchgeknallt muss frau sein, neun Wochen vor der Wahl (am 14.5.) nur den Bremer Bürgermeister (der halt auch Spitzenkandidat der SPD ist) und sonst niemanden/in (?) zu einer mit Steuermitteln (etwa 6.500 Euro) bezahlten Veranstaltung in die Schwankhalle einzuladen? Jedoch: Meine Vorurteile wurden nicht – jedenfalls nicht gänzlich – bestätigt. Und: Die anderen Spitzenkandidaten können – im Nachhinein betrachtet – froh sein, dass sie dort nicht eingeladen waren.

Als bekennender und tatsächlich alter, weißer Mann habe ich auch dazugelernt. Wow, muss das ne Fabelveranstaltung gewesen sein – denken Sie jetzt womöglich. Na ja, sagen wir mal so: Sie war jedenfalls nicht frei von Überraschungen.

Überraschung 1: Im etwa 140-köpfigen Publikum saßen deutlich mehr junge Menschen – überwiegend – Frauen als ich dort erwartet hatte.

Überraschung 2: Bettina Wilhelm, Leiterin der Zentralstelle für die Gleichstellung der Frauen im Land Bremen, hatte sich bei der Vorbereitung der Veranstaltung aufs Rechnen verlegt. Im Laufe des Abends wies sie unter anderem darauf hin, dass bei der von der städtischen Messegesellschaft veranstalteten Jazzahead 19Männer-Gruppen, aber nur drei Frauen-Bands aufgetreten waren. Und: Bei den drei open-air-Konzerten in 2022 vor der ÖVB-Arena, so Wilhelm, seien drei Gruppen von alten weißen Männern (Ärzte, Hosen und Iron Maiden) aufgetreten. Und das Publikum seien mehrheitlich alte, weiße Männer gewesen.

Wilhelm forderte unter dem Jubel des kostenfrei in den Saal gelangten Publikums eine „feministische Kulturpolitik“.

Überraschung 3: Bovenschulte wurde nicht der rote Wahlkampfteppich ausgerollt. Braucht der aber auch gar nicht. Der schafft es sogar, eine Veranstaltung für sich zur nutzen, bei der er nicht von Vornherein gute Karten in der Hand hält.

Wilhelm, die aus Berlin angereiste Moderatorin Tina Groll, die Festival-Veranstalterin Katrin Windheuser und die Sängerin Morti nahmen „Bovi“ (so leutselig war er angekündigt worden) zwar in die Zange, doch der BM, der auch Kultursenator ist, gab sich teilweise so unterwürfig, dass er am Ende nix zu befürchten hatte.

Brenzlig wurde es noch mal, als es um Bovenschultes private Playlist ging. Die musste der „arme Hund“ vorher einreichen. Und, Skandal, seine Audio-Favoriten sind doch tatsächlich mehrheitlich nicht Frauenbands. So ein böser Kerl, aber auch.

Ich will Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt nicht mit weiteren Berichts-Elementen langweilen. Ach so, noch eine Erklärung: “Beat Bovi” sollte darauf hinweisen, dass alle Podiums-Besetzerinnen in einem “battle” gegen den Bürgermeister Musiktiteln und deren Bedeutung für die Frauenrechte erraten sollten. 

Jetzt noch, was ich auf die Schnelle herausgefunden habe:

Die Jazzahead wird von einem Team gemanagt, an dessen Spitze eine Frau steht. Insgesamt umfasst die Gruppe zehn Personen – von der Projektleiterin bis zum Presse-Fuzzi. Von den zehn sind vier Männer.

Zur Messe Bremen-Classic-Motorshow würde die Messegesellschaft – so vermute ich – liebend gern mehr Frauen in den Hallen sehen. Bei der HanseLife wiederum, so könnte ich mir vorstellen, würde die Messe-Geschäftsleitung vermutlich liebend gern mehr Kerle in den Hallen sichten.

Sie merken unschwer, worauf ich hinauswill: Man muss – aus meiner Sicht – schon über eine ganz besondere Sichtweise verfügen, um bei Open-Air-Konzerten durchzuzählen, ob mehr Frauen oder Männer vor der Bühne stehen. Das gleiche müsste man dann ja auch auf Ausstellungen übertragen.

Aber wer weiß, vielleicht verbietet ja irgendjefrau künftig, dass die BCM künftig verboten wird, weil sich viel mehr Kerle als Weibsen dafür interessieren.

In Bremen muss/kann man stets mit allen Abstrusitäten rechnen.

Nur nicht mit dem Normalen: Zum Beispiel einem Bildungswesen mit passablen Ergebnissen, gutem Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, funktionierendem Auto-Verkehr und ÖPNV, zügiger und funktionierender Verwaltung und so weiter.

Ist in Bremen aber vielleicht auch zuviel verlangt…

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Noch Ne Überraschung: Auf dem Herren-Klo der Neustädter Schwankhalle lagen Tampons und Binden. Sie merken: Ich bin wirklich ein alter, weißer Mann…

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