Karstadt-Bremen – ist die Mietvertrags-Verlängerung wirklich die einzige Lösung?

14.03.2023 Aus Von Axel Schuller

Schließt Karstadt 2024 sein Haus in Bremen tatsächlich, oder wird gerade in Wahrheit um die Absenkung der Miete und um eine deutliche Verkleinerung der Verkaufsfläche von etwa 27.000 auf 18.000 Quadratmeter gepokert? Schauerlicherweise fällt der weitere Niedergang des Warenhauskonzerns in Bremen in die Wahlkampfzeit. Bürgermeister und Wirtschaftssenatorin produzieren eine Solidaritätsbekundung nach der anderen. Mit den Mitarbeitern. Was fehlt: Klare Aussagen, wie die beiden Politiker die City vor dem verkehrlichen Niedergang retten wollen. Das eine bedingt nämlich das andere.

Es ist mal wieder typisch Bremen. Der Wall ist zwischen Herdentor und Polizeihaus zwangsweise zur Einbahnstraße kastriert worden. Die andere Wallseite bis zur AOK ist praktischerweise ganz dicht. In der Martinistraße ist ein Radweg mit Pollern abgetrennt. Folge: Selbst der vielgepriesene ÖPNV, in diesem Fall der Bus, steht mit im Stau. Frau Anti-Verkehrssenatorin Dr. Maike S. möchte ihren Mobilitäts-Dickkopf durchsetzen. Poller mag sie sehr. Vielleicht sollte man künftig vom „Abschaefern“ statt vom „Abpollern“ sprechen.

Zu den beiden Katastrophenstraßen kommt noch das Grüne-Dauergerede vom notwendigen Einengen der Bürgermeister-Smidt-Straße. Wetten: Das steigert die Lust von potenziellen Kunden im Umland, in die Bremer Innenstadt zu fahren. Schaefer und Konsorten „erdrosseln“ die City.

Dazu kommen übrigens saftige Preise in den Parkhäusern. Wer zwei Stunden lang bei der Brepark am Brill, im Pressehaus, in Mitte oder am Dom parkt, zahlt 4,40 Euro. Eine Minute über zwei Stunden schlägt mit weiteren 1,10 (je angefangene halbe Stunde) zu Buche – in den normal-engen Boxen. Kundenfreundliche XXL-Plätze kosten mehr.

Nun zu Karstadt. Läuft mal wieder bremisch. Bei Radio Bremen wurden am Dienstag morgen Hörer m/w zitiert. Demnach sei u.a. die „profitgierige Firma Zech“ am Karstadt-Dasaster schuld. Zech zerstöre mit der zu „hohen Miete die Bremer Innenstadt“. Aha, der Vermieter wirtschaftet den Karstadt-Konzern in die Insolvenz… So denkt sich klein Erna das.

Genährt wird diese Sicht durch Politiker. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke), die sich auf Karstadt-Äußerungen (von wem eigentlich?) beziehen, wonach der Bremer Standort „tragfähig“ sei.

Ist das irgendwie belegt? Wer von den Karstadt-Fürsprechern war eigentlich in letzter Zeit mal in dem Kaufhaus? Hat jemand von denen selbst erlebt, dass sich zuweilen bloß einige Kunden auf den Etagen „verlaufen“ – manchmal auf nahezu verzweifelter Suche nach Personal? Ist einer der Wissenden in letzter Zeit einmal von der einen in die andere Etage geeilt – auf der Suche nach einer offenen Kasse? Wissen die Super-Informierten wirklich, worüber sie da reden?

Anders stellt sich die Situation dar, wenn man in bestimmten Shops innerhalb des Kaufhauses etwas erwerben will. Zugewandtes Personal, Service, alles paletti.

Wenn Ihnen dieses im Hause Karstadt widerfährt, sind Sie vermutlich bei einem Konzessionär geladet. Mittlerweile, so raunt man in der Einzelhandels-Branche, befinden sich angeblich rund 40 Prozent der Regale und der darin befindlichen Waren in den Händen von anderen. Zwei, drei Hersteller von Markenwaren schließen sich zusammen, heuern pro Schicht eine Kraft an und zahlen dem Vernehmen nach bis zu 25 Prozent des Verkaufspreises an Karstadt (für Fläche, Kassensystem etc.).

Vor diesem Hintergrund wäre es übrigens denkbar, dass sich Zech vom seit Jahren dahin-siechenden Mieter Karstadt verabschiedet. Sich noch ein paar weitere Konzessionäre ins Gebäude holt, einen Hausleiter anheuert – und mit diesen Einnahmen seine Kosten deckt. Denkbar auch, dass in oberen Etagen Wohnungen, Büros oder – einen Hörsaal für den Juristen-Studiengang einbaut. Den hat Bovenschulte bekanntlich noch nicht aufgetrieben.

Kann aber auch sein, dass Karstadt seine Verkaufsfläche dramatisch von etwa 27.000 auf 18.000 Quadratmeter durch Wegfall des „Neubaus“ verkleinert. Dies ist der Immobilienteil in der Obernstraße links vom historischen Gebäude. Das Abtrennen dieses „Flügels“ neben „Gosch“ (von der anderen Seite gesehen) hat eine eigene Rollentreppenanlage. Alle Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Luft, Abluft etc.) müssen gekappt und neu verlegt werden. Preisfrage: Wer trägt die Kosten? Karstadt ist bekanntlich schwach „auf der Brust“.

Könnte sein, das Karstadt und Zech gerade jetzt darüber verhandeln. Keine der beteiligten Seiten mag sich dazu äußern.

Karstadt, so ist zu vermuten, wird wohl auch versuchen, die Miete zu drücken. Und da ein Insolvenzverfahren läuft, wird man sich womöglich auch wünschen, Mietzahlungen per Vertrag auszusetzen oder Ähnliches.

Der SPIEGEL hat am 3.2.23 fein aufgelistet:

Der Konzern Karstadt – aktuell: „Galeria Karstadt Kaufhof“ – siecht seit Jahren dahin. Der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) habe seinerzeit – aus politischen Gründen – insgesamt 700 Millionen Euro aus dem „Corona-Wirtschaftsstabilitätsfonds“ in mehreren Tranchen an den Konzern überweisen lassen. Laut SPIEGEL habe kein Experte weder an den Erfolg noch an die Zurückzahlung geglaubt.

Wieder nach Bremen. Hier attestieren Politiker und Medien dem Karstadt-Haus – auf welcher Grundlage auch immer – eine wirtschaftliche Zukunft und fordern: Mieter Karstadt und Vermieter Zech müssten sich einigen.

Sonst? Ja sonst könnte es passieren, dass Karstadt zum 1. Januar 2024 schließt. Der Konzern hat Bremen offenbar erst für die zweite Schließungswelle in 2024 vorgesehen, um genügend Zeit für Verhandlungen mit Zech zu haben. Sollte das Traditionskaufhaus am Ende dennoch schließen, wären rund 240 Karstadt-Angestellte vom Arbeitsplatzverlust betroffen – plus etwa 160 Mitarbeiter m/w von den bereits genannten Konzessionären. Unter den 240 Karstadt-Leuten sollen etwa ein Drittel älter als 57 Jahre sein – und könnten möglicherweise (mit einer Abfindung/Verlustausgleich) in vorgezogene Rente gehen.

Der Einzelhandel klagt wie das Handwerk über den Fachkräftemangel. Möglicherweise gäbe es also eine Möglichkeit für die anderen 160, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Munter bleiben

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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