Grüne stehend k.o., Linke für die Zukunft unzuverlässig – bleibt die Große Koalition

21.05.2023 Aus Von Axel Schuller

Vorab: Trotz aller Schwierigkeiten rechne ich mit einer Großen Koalition in Bremen. Dafür spricht: Die Grünen sind stehend k.o. Und die Linken haben zwar die richtige Gesundheitssenatorin, aber die falsche Fraktion. Soll heißen: Die Linke Fraktion kann – u.a. – niemals dem dringend notwendigen Klinikabbau im Gesundheitswesen zustimmen. Und die CDU hat vielleicht mehr Gemeinsamkeiten mit den Sozis (und umgekehrt) als vielen bewusst ist. Deshalb mein Tipp : Die SPD wird aus purer Vernunft eine Große Koalition eingehen, um Bremen sicher in eine bessere Zukunft zu führen.

Der schwierigste Knackpunkt für ein Zusammenkommen der beiden Großen ist nach meiner Einschätzung die vermaledeite Ausbildungsabgabe. Kein Mensch weiß, weshalb Andreas Bovenschulte und Co. das Ding ums Verplatzen kurz vor der Wahl (mit den Stimmen von Linken und Grünen) beschließen musste. Die endgültige Entscheidung hätte man gut in die neue Legislaturperiode schieben können. Der Bürgermeister hätte trotzdem die 141.199 Stimmen bekommen, die er vor einer Woche eingesammelt hat.

Die Abgabe liegt aktuell im Weg, den SPD und CDU zum Wohl der Stadt gemeinsam gehen könnten. Sollten sich die beiden Parteien in den – oder zumindest vielen – anderen Punkten einig werden, wird  man einen Kompromiss finden. 

Entweder der Staat füllt den Ausbildungsfonds tatsächlich für drei Jahre mit Steuermitteln – die stammen zum Teil ja ohnehin auch von den Unternehmen, die den Fonds nach aktuellem Plan füllen sollen. Nach drei Jahren bewertet man die Auswirkungen des Fonds. Im Erfolgsfall würden sich vermutlich deutlich weniger Firmen gegen die Mit-Finanzierung des Fonds sperren.

Oder die CDU drückt alle Augen zu und lässt die SPD gewähren. Denkbares „Argument“: Die Große Koalition von CDU und SPD in Berlin hat das „Ding“ neuerdings im Koa-Vertrag stehen – zumindest ab 2025, wenn bis dahin nicht mehr Ausbildungsstellen zur Verfügung stehen. 

Noch ein Blick auf die Grünen. Der Verhandlungskommission gehört unter anderem Sozialsenatorin Anja Stahmann an. Der Frau sieht man mittlerweile an, dass zwölf Jahre im Amt für sie genug sind. Fraktionschef Björn Fecker, ebenfalls Grüner Verhandler, taugt – um in seiner Welt als Bremer DFB-Chef zu denken – eher für die Verteidigung. Rekapituliert man den Wahlkampf, kann man ihn sich nicht so recht als Stürmer (Regierung) vorstellen.

Die Grünen sind stehend k.o. Denn: Sie haben sich offenbar von wichtigen Teilen der Bevölkerung entfernt; hatten geglaubt, weiter durchmarschieren zu können. Und dies so forsch, dass eine prominente Noch-Vertreterin der Partei nun urteilt: „Es kann nicht sein, dass die Menschen vor der Politik der Grünen Angst haben…“ So Sülmez Colak, Erstplatzierte der Grünen auf der Bremerhavener Wahlliste. Seit 16. Mai wissen wir, dass sie bei den Grünen austritt. Eigentlich unvorstellbar: Von Platz 1 ins parlamentarische Abseits.

Na ja, nicht ganz ins Abseits. Die bisherige Vizepräsidentin der Bürgerschaft will ihr HalbtagsMandat als Einzelabgeordnete ausüben. Eine Monatsdiät von 5.318,20 Euro plus rund 800 Euro für die Altersversorgung sind ja auch was.

Also: Seestadt-Spitzenfrau – weg. Bremer Spitzenkandidatin Maike Schaefer – weg. Die beiden Landesvorsitzenden Florian Pfeffer und Alexandra Werwath – spätestens im Herbst weg. Wer bleibt da eigentlich bei den Grünen als Tonangebende?

Der verkehrspolitische Chefideologe Ralf Saxe – ein Fan der autofreien Innenstadt; ein Fan der Premium-Radwege; ein Fan der „Ent-Kolonisation“ der Bremer Straßennamen und Denkmale (Bismarck). Tolle Aussicht. 

Dank 4.953 Stimmen (vermutlich) aus dem Bereich der alternativen Kulturszene ist deren Dauer-Fürsprecherin Kai Wargalla nun ganz vorn auf der Grünen Abgeordnetenliste. Zur Erinnerung: Diese Frau hat den Deal mit dem „Kulturbeutel“ vorangetrieben. Das ist der Mini-Verein, dem im Gewerbegebiet Airport ein wertvolles Grundstück für einen Appel und ein Ei überlassen wurde. Sie fand auch die Besetzer/innen (Flinta) der Dete in der Neustadt unterstützenswert. Und und und.

Weiteres wichtiges Mitglied der Grünen Fraktion wird Philipp Bruck sein. Das ist der Mann, der uns das Fleisch-Essen madig machen will. Und den Bauern 75 Prozent der Kühe wegnehmen möchte, um CO2 zu sparen. Aus seiner Feder stammte auch die Forderung, den Airport Bremen notfalls für Passagiere zu schließen.

Tolle Aussichten.

Fazit: Mit diesen Rest-Grünen kann die SPD nicht koalieren, wenn sie in Bremen eine Aufbruchstimmung erzeugen will. Ein Regierungsprogramm für die Mehrheit der Bevölkerung ist mit der Partei aktuell nicht möglich. Die Grünen sind aus meiner Sicht nach zwölf Jahren Regierungsbeteiligung reif für die Opposition.

Nun zu den Linken: Die beiden Senatorinnen stechen aus dem Linken-Trupp hervor. Doch ich rechne damit, dass ihre Bürgerschafts-Fraktion verrückt spielen wird. Beispielsweise, wenn Bremen (wie von der SPD gefordert) beim Thema Flüchtlinge grundsätzlich den „Königsteiner Schlüssel“ (Aufnahmequoten von Flüchtlingen) anwenden wird. Sie wird unberechenbar reagieren, wenn die SPD die Polizei endlich mit Tasern ausstatten lässt. Wenn der Bahnhof von jeder Art von Menschen freigehalten werden wird, die sich dort nicht zum Verreisen aufhalten

Spätestens die notwendigen Beschlüsse zur Gesundheitspolitik würden die Linken politisch „zerreißen“. Immerhin gehören wichtige GeNo-Betriebsräte dieser Partei an.

Bürgermeister Andreas Bovenschulte und seine Genossen m/w  werden – wenn sie klug und für Bremen handeln wollen – genau überlegen, welcher Partner am ehesten verlässlich und berechenbar sein dürfte. 

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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