Doppelzüngig – am Militär verdienen, aber nicht fürs Militär forschen dürfen

18.07.2023 Aus Von Axel Schuller

Bevor es ums heutige Thema “Zivilklausel” geht, mal das “P.S.” vorneweg: Die „Tagesschau“ hat gestern gemeldet, im deutschen Handwerk seien immer noch 35.708 Lehrstellen unbesetzt. Seltsam, dass bislang niemand auf den Gedanken gekommen ist, das neue, einzigartige Azubi-Mekka an der Weser (Bremen genannt) zu kopieren. Hier schafft die rot-grün-rote Koalition ab 2024 – so jedenfalls der Plan – zusätzliche Lehrstellen per Ausbildungs-Zwangsabgabe. Wie bitte? Ach so, an der Weser gibt es bereits jetzt (wie im Bund) mehr Lehrstellen als Azubis – fast 1.300 sind unbesetzt. Na ja, macht ja nix. Bremen war schon immer was Besonderes. Hier legt es eine Landesregierung sogar darauf an, die gesamte Wirtschaft gegen sich aufzubringen. A bisserl abgedreht ist’s ja schon. Vielleicht kopiert deshalb bislang niemand den Lehrstellen-“Erfolg” von der Weser…

 

Nun zur Zivilklausel. Kennen Sie die Bedeutung von ELDD? Nein? Ich übersetze: Es lebe die Doppelzüngigkeit. Aktuell ist unser kleines Bundesland wieder mal so richtig stolz, dass die „Zivilklausel“ für bremische Hochschulen erneut im Koalitionsvertrag steht (Textzeile 3.756). Dabei ist es nur wenige Wochen her, da hat sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) mächtig ins Zeug gelegt, damit der Rüstungskonzern Rheinmetall in Bremen auch den Mittelteil des neuen Kampfflugzeuges F 35 produziert. Jedoch, vergeblich. Hat die heile Bremer Welt ja noch mal Glück gehabt… Oder doch nicht? Ich erinnere nur an die vielen Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Boris Pistorius – und ans “Duale Studium”. Firmen, die  a u c h  für die Rüstungsindustrie arbeiten, bieten diese Kombi aus Studium und Lehre an. Zum Glück! Aber, ist da die “Zivilklausel” im Koa-Vertrag wirklich noch passend?

Seit 1986 steht in den Statuten der Bremer Uni und Hochschulen, dass an der Weser keine Forschung fürs Militär betrieben werden darf. Selbst Dual Use (Produkt/Wissen ist zivil und militärisch nutzbar) ist untersagt. Der Akademische Senat der Uni wurde bereits seinerzeit darauf festgelegt, „jedwede Beteiligung an Forschung mit militärischer Nutzung“ abzulehnen.

Bremens Uni war damals die erste, welche die Zivilklausel eingeführt hat.

„Dummerweise“ hat sich die Welt weitergedreht. Für die Koalitionäre von SPD, Grünen und Linken möglicherweise zu schnell. In unserem Bundesland befinden sich beispielsweise mehrere namhafte Firmen, die auch für das Verteidigungsministerium tätig sind. Mit OHB-Satelliten können Militärs kleinste Fitzelchen auf der Erde betrachten. Krupp Atlas und die Lürssen-Werft stellen Produkte her, die auch die Bundeswehr kauft: Sonar, Schiffe etc. Rheinmetall Electronics Bremen kümmert sich um die technische Aufrüstung des Panzers Puma verdient. Nicht zu vergessen Airbus und seine Ableger.

Der Krieg in der Ukraine hat eine Grüne Bundesaußenministerin hervorgebracht, die – vor der Bundestagswahl undenkbar – häufiger mit der Forderung nach mehr Waffen für das überfallene Land in Erscheinung tritt als in der klassischen Rolle der Chef-Diplomatin, die wort-gewaltig Verhandlungen einfordert.

Und, ganz am Rande, haben in den vergangenen Jahren viele Firmen – zum Glück – das duale Studium für Schiffbauer, Informatiker, Betriebswirte und Maschinenbauer eingeführt.

Arme Studenten, armes Hochschulpersonal. Die Betreffenden müssen zuweilen kunstvolle Verrenkungen vornehmen, um nicht mit den Statuten zu kollidieren .

Da wird im Studium – beispielsweise – gelehrt und gelernt, wie man z.B. eine Schiffsschraube oder auch einen Schiffsrumpf optimiert. In den schriftlichen Arbeiten müssen die Studis dann wie ein „Schießhund“ aufpassen, die Begriffe Militär, Dual Use und ähnliches zu vermeiden. Jedoch: Jeder weiß, dass die Erkenntnisse auch militärisch von Nutzen sein können.

Und weil die Bremer Politik so doppelzüngig ist, hat OHB seine bereits damals (2010) angefeindete Stiftungsprofessor an der Bremer Uni nicht verlängert. Nun fördert der Bremer Konzern lieber eine Professur an der Universität der Bundeswehr in München.

Kleine Anekdote zum Schluss: 2012 tönte eine Frau bei einer Buchvorstellung des Bremer Friedensforums zum Thema Zivilklausel markig: „Wir wollen Druck machen, damit der Senat sich zur Universität und zur Rüstung positionieren muss.“ Wer das war? Die damalige Linken-Bürgerschafts-Fraktionschefin Kristina Vogt – inzwischen Wirtschaftssenatorin im rot-grün-roten Senat.

Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz ist sich da treu geblieben. Er hat erst wieder am vorigen Wochenende gefordert, Universitäten und Hochschulen sollten die „nicht mehr zeitgemäßen“ Zivilklauseln aus ihren Statuten streichen. 

Munter bleiben!

Herzlichst 

Ihr Axel Schuller

Zum Seitenanfang