Schaefer hinterlässt “Amt für Bauverhinderung” / Abteuerliche Zahlen zur BSAG-Verlegung

21.07.2023 Aus Von Axel Schuller

Wo leben wir? Im Herzen Mitteleuropas, oder vielleicht doch im aller-hintersten Hintertupfingen? Die (weiter denkbare) Verlegung der Straßenbahn von der Obern- in die Martinistraße würde nach Ansicht „unserer“ Baubehörde – Achtung, festhalten – geschlagene 14 Jahre dauern. Ist das ernst gemeint, oder ein Verhinderungs-„Argument“? Ich will jetzt nicht China anführen. Aber ein Mittelding aus unserem lahmen Deutschland/Bremen und den Radikal-Erbauern in China. Das wär’s doch.

Die Besonderheiten der bremischen Baubehörde reißen nicht ab. Ein Horner Firmenchef wartet nunmehr seit 6 Jahren auf eine Umwidmung seines Altgrundstücks – damit er Wohnungen bauen kann. Einen ähnlich katastrophalen Behörden-„Service“ erlebt der Baumarkt Viohl in Borgfeld seit 4 Jahren.

 Wenigstens  e i n  Lichtblick im tief-grünen Dickicht der Baubehörde: Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) hat seinen Planungschef der Senatskanzlei, Dr. Ralph Baumheier, als neuen Staatsrat fürs Grün-getränkte Bauressort freigegeben. Der Mann kennt das Ressort. Er war dort von 1995 bis 2012 tätig. Bis 2012 er in die Regierungszentrale berufen wurde.

Geht Ihnen das auch so? Man sitzt manchmal einfach nur fassungslos vor der Tageszeitung. Da stehen Geschichten drin, die man als normal denkender Mensch eigentlich nicht glauben mag. Eine davon: Der Senat streitet intern seit Jahren über die Verlegung der Straßenbahn von der Obern- in die Martinistraße. Der Weser-Kurier beglückte uns zunächst mit seinem „exklusiven“ Einblick in ein Gutachten, das es noch gar nicht gibt. Die Zahlen und Fakten, die der Kollege zitiert, stehen allesamt in einem Papier vom 30. Mai 2023, das 4 Mitarbeiter m/w des Ex-Schaefer-Bauressort, zwei vom früher Schaefer unterstellten ASV (Amt für Straßen und Verkehr), und einer der BSAG (noch-Aufsichtsratsvorsitzende: Dr. Maike Schaefer) zusammengeschrieben haben. Ergebnis: Verlegung der Bimmelbahn geht zwar technisch, ist aber mit Kosten in Höhe von 140 Millionen Euro abstrus teuer und einer Bauzeit von bis zu 14 Jahren viel zu lang, um die City über diesen Zeitraum am Leben zu erhalten.

Ich vermute, Frau Maike S. und ihre Gehilfen m/w haben sich nach dem Artikel und unterstützenden Kommentar zu einem kleinen Freudenfest getroffen, um den gelungenen Zeitungs-Coup zu feiern.

Aber, bei aller stadtplanerischen Liebe des WK-Kollegen: Das für den Senat entscheidende Gutachten wird erst im Herbst vorliegen. Daran erinnerten auch Handelskammer Präses Eduard Dubbers-Albrecht und der – „dank“ seines Geschlechts – nicht zum Zug gekommene SPD-Bausenator Falk Wagner. 

Mal schauen, ob Bovenschultes gesandter Staatsrat die grün-durchtränkte Baubehörde bis Herbst schon trockengelegt hat. Offen gesagt: Ich wünsche es mir, glaube aber nicht daran. Denn in Bremen macht die Verwaltung seit Jahrzehnten, was sie will. Politiker kommen und gehen, doch die Verwaltung bleibt stehen.

Völlig ratlos sind inzwischen auch die Eigentümer des Baumarktes Viohl in Borgfeld. 2019 haben sie Umbaupläne für ihr fast 12.000 Quadratmeter großes Areal am „langen Jammer“ vorgestellt. Erst in der Baubehörde, dann im Beirat und weiteren Gremien. Doch ans Bauen ist nicht zu denken. 

Zur Info: Jörg Viohl (sein Bruder Michael ist 2022 mit nur 52 Jahren gestorben) will kein Luxushotel oder eine Pool-Landschaft in Borgfeld bauen. Nein, er möchte seinen Baumarkt schicker und kleiner bauen, drum herum ein Einkaufszentrum mit Aldi und einem Drogisten und – Achtung: jetzt kommt’s – rund 70 Wohnungen. 

Und die Baubehörde? Die besteht offenbar darauf, dass der Lieferverkehr für Discounter und Co platzfressend über eine bewohnte Nebenstraße geführt wird. Viohl setzt indes darauf, dass die Lieferanten – wie andernorts – rückwärts an die Rampen fahren. 

Ich vermute, Jörg Viohl wird sich diese behördliche Nicht-Treiben bzw. die Hinhalte-Taktik nicht mehr lange anschauen – und irgendwann den dann bestimmt völlig überraschten Politikern das Ende seiner Neubaupläne mitteilen. 

Spätestens dann könnte man an der Baubehörde eines neues, glänzendes Messingsschild anbringen:

Amt für Bauverhinderung – oder ähnlich.

Nicht weit entfernt von Viohl liegt in Horn ein Betriebsgrundstück brach. Der Metallbauer ist mit seinem Betrieb in Richtung Stahlwerke gezogen. Dort hat er mehr Platz, kann seinen Betrieb ausbauen. Prima.

Aber: Wer in eine neue Firma 1,8 Millionen Euro investiert, benötigt meistens den Erlös aus dem Verkauf der Alt-Immobilie samt Grundstück. Im konkreten Fall sind das immerhin 3.000 Quadratmeter. Seit 6 Jahren wartet der Mann darauf, dass aus dem Gewerbe- ein Mischgebiet wird. Dann dürften dort auch Wohnungen gebaut werden. Wie gesagt: Seit sechs Jahren tut sich nix. Erst hatte ihm die Baubehörde signalisiert: „Läuft“, dann aber einen Rückzieher gemacht. Und nun? Still ruht der Behörden-See.

Frau Neu-Bausenatorin Özlem Ünsal samt Wunder-Staatsrat Ralph Baumheier: Machen Sie sich um Bremen verdient! Schaffen Sie Ordnung in dieser Baubehörde! Und zwar schnell. Sonst werden Investoren abwandern. Und potenzielle vermutlich einen weiten Bogen um das Verhinderungs-Ländchen Bremen machen.

Immerhin hat die Politik das grundsätzliche Problem erkannt. Deshalb heißt es im Koalitionsvertrag hoffnungs-stiftend: „Die Koalition wird die Baugenehmigungsverfahren kurzfristig vollständig digitalisieren, vereinfachen und beschleunigen. Unser Anspruch ist bis zum Ende der Legislaturperiode, bei der Bearbeitungs-Geschwindigkeit unter den TOP 3 der 15 größten Städte zu sein.“

Gut gebrüllt, Koalitions-Löwe!

Dennoch kommen an diesem gut gemeinten Ziel Zweifel auf, wenn man die Textpassage zum Personalvertretungsgesetz liest: 

„Die Koalition sieht in der Mitbestimmung der Personalräte einen wichtigen Faktor für die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Gemeinsam mit dem Gesamtpersonalrat und den Gewerkschaften werden wir erörtern, wo Mitbestimmungsprozesse in beiderseitigem Interesse gestrafft werden können. Das BremPersVG soll dabei unverändert bestehen bleiben.“

Deutlicher, liebe Leserinnen und Leser, kann man es leider kaum auf den Punkt bringen: Alles bleibt (vermutlich) beim Alten!

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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