E x k l u s i v: Wohnungsnot, aber die städtische BREBAU macht Bremer Hoteliers Konkurrenz

07.08.2023 Aus Von Axel Schuller

Das Unternehmen wurde 1938 mit klarer Zielsetzung gegründet: Sozialwohnungen zu bauen. Mittlerweile, zu 100 Prozent im städtischen Besitz, macht man noch viel mehr: Die BREBAU besitzt rund 6.000 eigene und verwaltet rund 5.000 fremde Wohnungen. Außerdem baut sie für Bremen dringend benötigte Schulen. Ganz neu und – wie ich finde – etwas seltsam: Die Firma mutiert zum Vermieter von möblierten Zimmern und Apartments an der Schlachte. Die Ein- und Mehrraum-Wohnungen sind aber nicht etwa für einige der 150 Bremer Obdachlosen oder andere Wohnungssuchende vorgesehen, sondern für coole Bremen-Besucher. Die Ausstattung der kleinen und größeren Einzelzimmer sowie mehrerer Apartments wird als „industrial style“ beschrieben. Bremer Hoteliers dürften sich angesichts der staatlichen Konkurrenz verwundert die Äuglein reiben.

Geneigte Leserschaft, heute mal bsg.c – Sie verstehen schon: bremensogesehen.com –” investigativ”. Das aufwändig und teuer gemachte BREBAU-Magazin „Tür an Tür“ jubiliert in der jüngsten Ausgabe:

„Festmachen im Stadtdschungel – direkt an der Bremer Schlachte. Unsere voll ausgestatteten Zimmer und Apartments eignen sich perfekt für Städte- und Geschäftsreisende, die ein paar Tage in der City verweilen möchten, aber auch für Student*innen und andere Besucher*innen, die eine überschaubare Zeit eine geschmackvolle Unterkunft suchen. Unsere Living Spaces machen es möglich: Checken Sie via Smartphone einfach für wenige Tage oder sogar für bis zu sechs Monate bei uns ein.

Puh, jetzt habe ich ausnahmsweise diese unsinnige Genderitis übernommen, um für Sie, liebe Leserinnen und Lesern, den Wortlaut der BREBAU-Presseerklärung haarscharf auf Punkt und Komma zu zitieren. 

Ich setze übrigens darauf, dass die BREBAU sowie alle anderen bremischen Unternehmen – und natürlich auch Behörden – diesen sprachlichen Unfug in Kürze einstellen werden. Immerhin hat der „Rat für deutsche Rechtschreibung“ jüngst keine Empfehlung zur einheitlichen Gender-Schreibweise gegeben. Das Expertengremium beschloss hingegen eine Ergänzung des Regelwerkes zur deutschen Sprache. Inhalt: „Die Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der Deutschen Orthografie“, ihre Setzung könne in verschieden Fällen „zu grammatischen Folgeproblemen führen, die noch nicht geklärt sind“.

Bevor ich mich jetzt womöglich am Thema Verhunzung der deutschen Sprache festbeiße, zurück zur neuen BREBAU-Wohlfühlwelt in der Schlachte 22. Dieses Thema enthält eine weitere Besonderheit – jedenfalls für ein 100% städtisches Unternehmen. 

Als würden in Bremen aufgrund von massenhaft Homeoffice nicht schon genug Büros leerstehen, wirbt die BREBAU außerdem: 

„Über vier Etagen erstrecken sich insgesamt 16 Living Spaces, in den weiteren drei Etagen befinden sich die Working Spaces, die getrennt von den Living Spaces gebucht werden könne. Hier wird es ruhige Arbeitsplätze in Einzelbüros, aber auch kommunikative Gemeinschaftsbereiche, in denen Teamwork und Kreativität gefördert wird, geben. In der 7. Etage steht außerdem ein großer Konferenzraum zur Verfügung, der auch separat gebucht werden kann.“

Bislang stehen bloß die Preise für die „Living Spaces“ fest: Eine Übernachtung im kleinen Zimmer kostet 70 Euro, wer einen Monat mietet, zahlt 450 Euro. Das große Zimmer schlägt in der Nacht mit 80 Euro, im Monat mit 600 Euro zu Buche. Für das möblierte Apartment berechnet die BREBAU 150 Euro, der Monat kostet 1.500 Euro.

Fazit: Die BREBAU baut und vermietet nicht mehr bloß nackten Wohn- und Geschäftsraum sowie neuerdings Schulgebäude, sondern steigt in den möblierten Markt ein. Dem Vernehmen nach ist das “Spaces“-Projekt eines aus vergangenen Zeiten, als noch Banken Eigentümer der BREBAU waren. Realisiert wurde es aber jetzt.

“Spielverderber” – oder auch nüchtern denkende Menschen – könnten leicht zu der Auffassung gelangen, die sieben Etagen der Schlachte 22 ließen sich vermutlich auch als regulärer (unmöblierter) Wohnraum von Bürgern und Bürgerinnen dieser Stadt nutzen. 

Ganz witzig übrigens ein Blick in die BREBAU Geschichte. Nein, ich meine jetzt nicht die von Radio Bremen aufgeblasene MieterAuswahl-Geschichte. I wo. Ich denke jetzt an die echte Historie. 

Die Hälfte der BREBAU gehörte bis 2019 der Sparkasse. Die Stadt Bremen erhielt im Zuge der Landesbank-Auflösung und deren Übergang in die Nord-LB  50 Prozent der BREBAU-Anteile. Bremen kaufte der Sparkasse die 50 Prozent – wie die damalige baupolitische Sprecherin der Linken, Claudia Bernhard schimpfte – für einen überhöhten Preis ab. Seitdem ist die BREBAU ein 100% städtisches Unternehmen, das insbesondere Wohnraum an nicht so gut Betuchte vermieten soll.

Ach, Sie wollen noch wissen, wie der Deal zwischen Bremen und der Sparkasse aussah? Zum einen flossen 190 Millionen Euro für die Hälfte der rund 6.000 BREBAU-eigenen Wohnungen. Zusätzlich überschrieb die Stadt der Sparkasse 6,9 Prozent ihrer Gewoba-Anteile. Zum Hintergrund: 7 Prozent der damals 42.000 Wohnungen entsprachen 2.940 Behausungen. Anders ausgedrückt: Die Sparkasse gab 3.000 Wohnungen der BREBAU her, kassierte dafür (in direkt) rund 2.900 bei der Gewoba – p l u s  190 Millionen Euro. Das nennt man landläufig vermutlich „einen goldenen Schnitt machen“.

Die damalige Grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert begründete den Deal damit, dass Bremen damit Zugriff auf zwei städtische  Wohnungsgesellschaften habe. Dank noch immer 75,1 Prozent Eigentum an der Gewoba und 100 Prozent an der BREBAU.

Ob Linnert damals wohl damit gerechnet hat, dass die BREBAU dereinst in Konkurrenz zu Bremer Hoteliers und airbnb-“Vermietern” treten würde, statt dringend benötigten Wohnraum zu schaffen?

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller   

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