Rekommunalisierung der Müllabfuhr treibt Preise und sorgt für Verdruss
Nicht auszudenken, in Bremen aber Realität: Die Bremer Stadtreinigung (DBS) will seit einem Jahr 9 Mitarbeiter m/w einstellen, darf es aber nicht. Weil der Personalrat es nicht will. Folge: Wir Bürger m/w „dürfen“ notfalls mit unserem Gedöns wie Grünabfällen, „Sperrmüll“ etc. von der Grün- und Recycling-Station wieder nach Hause fahren. Toll. Die „Rekommunalisierung“ der Müllabfuhr 2018 sollte uns Verlässlichkeit, Gebührenstabilät und was nicht noch alles bescheren. Ergebnis: teilweise das Gegenteil.
Den Oberklopfer vor dem Hintergrund geschlossener und nur teil-geöffneter Recyclinghöfe liefert die Pressestelle der DBS. Sie erklärte diese Woche wörtlich:
„Kommunalisierung aus Sicht von DBS ein Erfolg:
Seit der Kommunalisierung im Jahr 2018, die auch die Recycling-Stationen betraf, hat sich die Situation für die Mitarbeitenden auf den Stationen deutlich verbessert – von der Arbeitssicherheit über die Vergütung bis hin zu den Arbeitsbedingungen. Auch der Service für die Bremer*innen wurde durch den Ausbau der geeigneten Stationen erweitert und modernisiert. Die Öffnungszeiten wurden zum Beispiel an Samstagen um 1 Stunde verlängert. Die Kommunalisierung ist aus Sicht von DBS daher positiv verlaufen.“
Na prima. Wenigstens aus Sicht der DBS ist die Rekommunalisierung also ein Erfolg. In den Augen der Bürger, liebe DBS, kann das freilich durchaus anders erscheinen.
Während früher die Firma Nehlsen AG (zwischen 1998 und 2018) nicht ein einziges Mal die Gebühren erhöht hatte, „erfreute“ uns die DBS bereits zweimal (2022 und 2024) mit höheren Forderungen. Ein Recyclinghof wurde geschlossen, die anderen 15 wurden – wie Insider schätzen – um rund 20 auf 90 Stellen aufgestockt. Auf dem Papier. Aktuell fehlen Mitarbeiter m/w wegen Urlaub, Krankheit und Nicht-Besetzung.
Aktuell verweigern Gewerkschaft und Personalrat die Einstellung neuer Kräfte für die Recyclinghöfe. Klingt widersinnig, ist aber so. Die Belegschaftsvertreter wollen mit diesem Boykott durchsetzen, dass Berufseinsteiger sofort nach Tarifklasse 4 statt 3 bezahlt werden. Vorher gibt’s keine Zustimmung. Peng.
Die Pressestelle der DBS Stadtreinigung veröffentlicht dazu Details:
„Konkret geht es um die Eingruppierung der (ungelernten) Mitarbeitenden auf den Recycling-Stationen von der Entgeltgruppe 3 in die Entgeltgruppe 4. Die Verhandlungen zur Eingruppierung (Lohngruppenverzeichnis Bremen) werden vom Kommunalen Arbeitergeberverband Bremen e. V. und ver.di geführt – die letzte Sitzung dazu fand am 23.01.2024 statt.“
Liebe Leserschaft, man fragt sich: Was ist seit dem 23.1.24 geschehen. Ist es den Verhandlern völlig schnurz, dass der Konflikt zulasten der Kunden – also uns Bürgern – ausgetragen wird?
Nun ein Blick in besagten Tarifvertrag: Die Gruppe 3 der „Entgelt-Tabelle TVöD-E (Tarifvertrag öffentlicher Dienst-Entsorgung), gültig ab 1.3.2024, bedeutet im ersten Jahr brutto 2.762,69 Euro. Klasse 4 entspricht in der Eingangsstufe 2.802,62 Euro.
Laut Betriebsverfassungsgesetz (BVG), Paragraf 2, sollen „Arbeitgeber und Betriebsrat zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammenarbeiten.“
Leider gilt das BVG nicht für die Müllabfuhr. Denn Bremen hat 2018 eine „Anstalt öffentlichen Rechts“ gegründet, unter deren kommunalen „Dach“ sich die Abfall Logistik Bremen um die Müllabfuhr kümmert. An dieser GmbH ist die Stadt mit 49,9 Prozent beteiligt, die alten „Müllkutscher“ der Nehlsen AG halten (noch) 50,1 Prozent.
Die DBS ist nach dieser Konstruktion wie der öffentliche Dienst zu behandeln. Und dort gilt das Bremische Personalvertretungsgesetz mit „der Allzuständigkeit“ des Personalrates. Deshalb muss die Arbeitnehmervertretung allen Entscheidungen des DBS-Vorstandes zustimmen. Wenn nicht, bedeutet dies: Blockade. Der Senat hat ein Letztentscheidungsrecht. Aber: Welcher Amts- oder Betriebsleiter will mit seiner Tagesarbeit ständig den Senat belämmern?
Zwischendurch mal was zum Lachen/Weinen. Als die LINKE, Verdi und schließlich auch die SPD 2014 für die komplette Rekommunalisierung der Müllabfuhr kämpften, behauptete Verdi laut Weser-Kurier vom 28.7.2014 ernsthaft, die Rückführung der Müllabfuhr in die Obhut der öffentlichen Hand sorge jährlich für Einsparungen in Höhe von 8,2 Millionen Euro. Haha.
Dabei war schon damals klar, dass die Personalkosten steigen würden. Denn der Tarif der privaten Entsorger (galt für die Nehlsen AG) lag seinerzeit etwa ein Drittel unter dem des öffentlichen Dienstes.
Zwischen 2014 und der Neugründung der DBS im Jahr 2018 bekamen einige Sozialdemokraten übrigens kalte Füße und sorgten schließlich dafür, dass Nehlsen für weitere 10 Jahre an der Abfuhr-Firma beteiligt bleibt.
Bleibt abzuwarten, ob die Stadt vor dem Hintergrund der für die Bürger nicht immer erfreulichen Begleiterscheinungen (wie höhere Gebühren) -Entwicklung die Müllabfuhr ab 2028 komplett unter das öffentliche Dach holt, oder einen privaten Akteur im Boot behält.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Die Bremer Landesregierung::Zu allem fähig, zu nichts zu gebrauchen!
Was immer unerwähnt bleibt : der Senat hat immer die Möglichkeit , das Votum des Personalrates auszuhebeln , wenn er es für unangemessen hält- auch ohne Änderung des Personalvertretungsrechts . Tut er aber nicht , die Interessen der Bürger haben keine Relevanz…
Den Bremern sagt man ja Leidensfähigkeit nach; meine ist bei diesem Thema ausgereizt. Wer ist eigentlich wichtiger? Die DBS und die Gewerkschaften oder der Kunde? Es ist der leidensfähige Kunde, der ja alles in den letzten Jahren getragen und im Voraus bezahlt hat. Die Kosten sind gestiegen und die Leistung ist dramatisch gesunken. Bremer, rafft Euch auf und reduziert die Zahlungen an die DBS bis das Preis-/Leistungsverhälnis wieder stimmt! Wenn die Verhandlungsparteien weiterhin ihr zum Teil kundenfeindliches „Spielchen“ treiben, müssen sie unter Druck gesetzt werden, damit sie folgendes nicht vergessen::Sie sind nicht zum Selbsterhalt, sondern zuerst und ausschließlich für den Gebühren zahlenden Kunden und Bürger da.
„Zurück in den Schoß des öffentliches Dienstes“: so hat es Bürgermeister Bovenschulte gefordert und umgesetzt. Die Herzen der SPD Mitglieder waren warm und auf Dauer erobert. Na dann, der ganzen Quatsch wird ja durch die Bremer Bürger (m/w/d) bezahlt und das ist doch einfach wunderbar. Jedenfalls aus Sicht der Sozis.
Kunde, Bürger, was ist das denn? Alles nur Marketinggequatsche! Dahinter steckt nach eigener Erfahrung nur heiße Luft. Ich musste auch schon die Recyklingstation wieder verlassen, weil dort nicht mal mehr ausgediente Batterien entsorgt werden konnten. Dafür fahre ich dann mal eben ein paar Kilometer weiter (noch immer mit dem Auto und nicht mit dem Fahrrad!) zur Mülldeponie ins Blockland.
Als Bürger und (noch immer) treuer Demokrat dreht sich beim Thema Senat / Personalvertretung usw. bei mir so langsam der Magen um. Das ist Machtpolitik pur und einer funktionierenden Demokratie unwürdig.
Ich besuche regelmäßig die Recycling-Stationen zu unterschiedlichen Tageszeiten. Bei allem Respekt: ich habe stets Gruppen (!!) von Beschäftigten dort freundlich miteinander plaudernd gesehen – von schlechten Arbeitsbedingungen oder Personalmangel offensichtlich keine Spur! Statt dessen wurden wiederholt die Stationen wegen „Personalmangel“ geschossen!