Haushalts-Chaos: Sparkommissar und Verfassungsänderung nötig

28.07.2024 1 Von Axel Schuller

Vorab ein Geständnis: Ich bin heilfroh in der jetzigen Situation kein Politiker zu sein. Erst recht keiner in der Regierung. Bremen ist finanziell stehend k.o. Die Ressorts für „Bildung“ und für „Soziales“ mussten Haushaltssperren verhängen – nichts geht mehr. Das hat es in der Bremer Geschichte noch nicht gegeben. Was sagen eigentlich Finanzsenator Fecker und Bürgermeister Bovenschulte dazu? Da ist nur ein lautes Nichts zu hören. Bremens letzte Rettung: Der Bund muss einen Sparkommissar an die Weser schicken. Und: Bremens Verfassung muss geändert werden.

„Die Landesregierung legt einen Haushalt des Machbaren vor, der die Balance zwischen notwendiger Haushaltsdisziplin und klarem Gestaltungswillen für ein wirtschaftlich starkes, klimaneutrales und soziales Bremen wahrt.“ (Zitat aus der Senatspressekonferenz vom 2. April 2024 bei der Vorlage der Haushalte für 2024).

Soziales Bremen“. Aha. Seit 26.7.2024 dürfen Schulen, Kindergärten und auch die Sozialämter nur noch Gelder ausgeben, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Jeden weiteren Euro müssen Bildungssenatorin Sascha Aulepp und Sozialsenatorin Claudia Schilling (beide SPD), einzeln genehmigen.

Entspricht dies dem Primat des „sozialen Bremen“?

Bald noch schlimmer fällt das Ergebnis aus, wenn man die wortgewaltigen Ankündigungen der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken zu den Haushaltsberatungen mit dem aktuellen Jetzt vergleicht. Zitat: „Bürgernähe, Zusammenhalt und eine gerechte Zukunft sowie der Kampf gegen Rechtsextremismus sind rot-grün-rote Schwerpunkte.“

Man kann sich bloß mit Grausen abwenden.

Wenn man bedenkt, wie arrogant, ignorant und völlig unverständlich die Regierenden auf die Einwände von CDU, FDP und BD auf den vor fünf Wochen beschlossenen Haushalt reagierten, kann einen vor dem Hintergrund des aktuellen Finanzchaos die nackte Verzweiflung packen.

Die Damen und Herren von SPD, Grünen und Linken sind von ihrem Tun derart beseelt, dass sogar konstruktive Kritik an ihnen abperlt. Für diese Koalition gibt es zwei Standard-Ausreden: A der Krieg in der Ukraine und B der Klimawandel. Wenn irgendwo die Kosten aus dem Ruder laufen, müssen A und/oder B herhalten.

Liebe Koalition, das wirkt auf Dauer einfach nur lächerlich!

Was, bitte sehr, haben die Finanzprobleme der GeNo oder der Bremer Straßenbahn AG mit A oder B zu tun?

Rot-Grün-Rot hat nicht einmal die enormen Unterschiede zwischen BSAG und ÜSTRA (Hannover) aufgegriffen, welche die CDU-Opposition herausgearbeitet hat. Ein ernsthafter Vergleich könnte zu Beschlüssen führen, welche die BSAG-Kosten und damit den Bremer Zuschuss erheblich senken würden.

Passiert aber nicht. Warum?

Kann dies nur ein unabhängiger Sparkommissar des Bundes erreichen?

Oder die GeNo. Seit Jahren ein Millionen-Grab. Immer weitere Steuergelder in die Kliniken zu werfen, kann doch dauerhaft nicht die Lösung sein.

Unabhängig von der Notwendigkeit, einen Sparkommissar einzusetzen, muss Bremens Verfassung geändert werden.

Es ist ein Armutszeichen, dass Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) die einzelnen Senatsressorts beim Schaffen immer neuer Stellen nicht ausbremsen kann. Der Senator selbst hatte vor den Etatberatungen gefordert, dass im Finanzressort eine zentrale Personalplanung für alle Ressorts eingerichtet werden müsse.

Damit hat er sich in der Koalition nicht durchsetzen können.

Dass die Senatsressorts für ihre Bereiche umfassend selbst zuständig sind (Artikel 120 der Bremischen Landesverfassung), führt beispielsweise dazu, dass Bildung und Soziales (und nicht etwa der Finanzsenator) – zu spät – Haushaltssperren verhängen.

Diese Zuständigkeit gehört ins Haus des Finanzsenators.

Bleibt noch die wichtigste Person der bremischen Regierung. Der Präsident des Senats – in anderen Ländern Ministerpräsident genannt – verfügt in Bremen über keine Richtlinienkompetenz. Damit hat er kein Recht, die einzelnen Senatsressorts zur Ordnung zu rufen – weder beim Ausgeben von Geld noch beim Einrichten zusätzlicher Personalstellen.

Diese organisierte Verantwortungslosigkeit ist ebenfalls in der Verfassung festgeschrieben: Demnach wählt die Bürgerschaft den Präsidenten des Senats und anschließend die einzelnen Senatoren. Und nur die Bürgerschaft kann die Senatsmitglieder aus ihren Ämtern entfernen (wählen). Der Bürgermeister darf es nicht. Andere Ministerpräsidenten berufen und entlassen ihre Regierungsmitglieder.

Aus dieser bremischen Rollenverteilung resultiert das ausgeprägte Selbstbewusstsein mancher Senatoren m/w, sie könnten tun und lassen, was sie wollen – bis zum nächsten Wahltag.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Heute finden Sie im Blog mal wieder eine Dokumentation. Der Journalist Patrik Baab hat in einem Buch die seiner Ansicht nach einseitige Berichterstattung unserer Medien über den Krieg gegen die Ukraine beschrieben („Moralischer Banktrott der Medien“). Ich kann seine Darstellung weder überprüfen noch bewerten, empfehle dennoch die Doku zwecks Erweiterung des eigenen Blickwinkels.