Verzweifelte der Haushaltsbeauftragte an der Realitätsverweigerung seiner Senatorin?

18.08.2024 7 Von Axel Schuller

Frage an Radio Erwin: Verursacht eine eingeschränkte Wahrnehmung der Realität Schmerzen? Antwort: Im Prinzip ja. Es sei denn, man schließt die Augen und/oder: Genossen halten Händchen. Liebe Leserschaft, Bremens wichtigste, aber leider erfolglose Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD), müsste eigentlich häufig vor Schmerzen stöhnen. Verstöße gegen Haushaltsrecht, Aufbegehren von eigenen Mitarbeitern, Haushaltsloch, verstolperte Umzugspläne ganzer Schulen (am Brill), Brutalst-Kritik des ZentralElternBeirates – was hält die Psyche eines einzelnen Menschleins denn noch alles aus? Selbst, wenn der Bürgermeister – wider heftige Fakten – zu einem steht.

Die Einzelteile des Aulepp-Puzzles sind bekannt, aber dass Gesamtwerk kann dem Betrachter schon den Atem rauben. Die Krönung steuerte jüngst der „BfH“ des Ressorts für Kinder und Bildung bei. Jedes Senatsressort muss laut Landeshaushaltsordnung, Paragraf 9, einen „Beauftragten für den Haushalt“ – BfH – benennen.

Dieser hatte in einem internen Vermerk für Aulepp expressis verbis aufgeschrieben: „… wird nach jetzigem Stand spätestens im Monat Oktober die absolute Zahlungsunfähigkeit erreicht“.

Damit seine Chefin die alarmierenden Wörter auch bei flüchtiger Betrachtung wahrnehmen konnte, hatte es der BfH (so, wie von mir wiedergegeben) gefettet.

Was sagt das über die Fähigkeit der Senatorin aus, Fakten an sich heranzulassen?

In öffentlichen Haushalten gibt es den Begriff „Zahlungsunfähigkeit“ nicht. Der Staat kann nicht pleite gehen. Er ist immer kreditwürdig. Der „BfH“ hat das Wort wohl aus purer Verzweiflung gewählt, damit die Ressortchefin aufgeschreckt wird und endlich die Augen für die Realität öffnet.

Der Satz mit dem Begriff Zahlungsunfähigkeit steht übrigens in einem 42-seitigen Controllingbericht. Diese Unterlage wurde den Mitgliedern des parlamentarischen Haushalts- und Finanzausschusses (HaFa) erst kurz vor dessen Sitzung am vorigen Freitag, um 14.30 Uhr, vorgelegt.

Dies allein, ist eine unverfrorene Frechheit. Wer soll in einer halben Stunde eine derartige Fach-Unterlage lesen und erfassen?

Zuvor hatte sich das Ressort stets gedrückt, konkrete Defizit-Zahlen zu nennen. Erst waberte die Zahl von 101 Millionen Euro an Miesen durch Bremen, dann 80, jetzt angeblich „nur“ 45 Millionen Euro. Zum Ende ihrer Befragung teilte Aulepp dann noch verwirrend mit, 13 Millionen Euro seien versehentlich doppelt gebucht worden. Was immer dies nun wieder heißen soll.

Fest steht: Das Bildungsressort hat von Beginn an mit Zahlen operiert, damit der eigene Haushalt „irgendwie“ in den Gesamthaushalt des Senates passte – leider fern der Realität.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte ist seiner Genossin dafür offenbar so dankbar, dass er sich blindlings vor Sascha Aulepp stellt. Der Regierungschef brachte sogar die Chuzpe auf, am Freitag, eine halbe Stunde nach Beginn der HaFa-Sitzung seine „Bürgermeister News“ zu veröffentlichen. Kern dieser Botschaft aus dem Rathaus: Der Bildungshaushalt sei „auf Kante genäht“. Wörtlich: „Da kann es vorkommen, dass es mit der eigenen Kalkulation eng wird.“

Aha, ganze fünf Wochen nach Verabschiedung des Etats im Parlament.

Vorschlag: Bremische Behörden führen mittlerweile elektronische Akten. Der HaFa könnte mal sein Recht zur Akteneinsicht nutzen. Und zwar durchaus Einblick für den Zeitraum ab Haushaltsaufstellung verlangen, ab Juli/August vergangenen Jahres. Dann könnte der Ausschuss herausfinden, ob Aulepp möglicherweise bereits damals Hinweise auf ein 2024 drohendes Defizit von 140 bis 160 Millionen hatte. Der HaFa könnte auch mal der Frage nachgehen, ob Beamte des Bildungsressorts gegen unrealistische Planungen und Handlungen der politischen Spitze „remonstriert“, also schriftlichen Protest eingereicht haben – Beamte dürfen ja nicht einfach die Arbeit verweigern. Hat es möglicherweise sogar Fälle gegeben, in den Aulepp-Mitarbeiter aus der Verantwortung geflohen sind?

An sich müssten diese und weitere Fragen von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geklärt werden. Doch diesen Mega-Aufwand scheuen Bürgerschaftsabgeordnete, auch oppositionelle.

Die von mir bereits eingangs angesprochene heftigen Abrechnung des ZentralElternBeirates des Landes Bremen finden Sie in einem Extra-Stück. Titel: „Dokumentation: Brutalo-Kritik der organisierten Elternschaft an Aulepp und Bovenschulte”

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Deutschlandweit gibt es mehr Ausbildungsplätze als Lehrstellen-Suchende. Die Zahlen für den Arbeitsamtsbezirk Bremen (Bremen, Bremerhaven und OHZ): Die Unternehmen haben 5.224 Lehrstellen gemeldet, es gibt aber nur 4.715 Bewerber.

Unser glorreicher Senat hält dennoch an seinem Plan zur Einführung einer Landes-Ausbildungs-Zwangsabgabe fest. Diese soll im Kern dafür sorgen, dass die Wirtschaft zusätzliche Lehrstellen bereitstellt. Für Bewerber, die es heute schon nicht in ausreichender Zahl gibt. Das nennt sich wohl „Bremer Mathematik“.