Herr Finanzsenator Fecker, aufgepasst – hier können Sie zig Millionen einsparen

21.08.2024 3 Von Axel Schuller

Halleluja. Finanzsenator Björn Fecker (Grüne), der gesamte Senat und die Koalitionäre von SPD, Grünen und LINKEN sind aufgewacht. Endlich haben sie gemerkt, dass sie mit ihrem finanziellen Herumgewurschtel vor dem Stabilitätsrat des Bundes nicht bestehen werden. Deshalb soll jetzt gespart werden. Aber wo? Liebe Leserschaft, „bremensogesehen“ zeigt Ihnen heute, dass allein bei der Bremer Straßenbahn ein Spar-Potential von zig Millionen Euro schlummert. Man muss nur willens sein, das kommunale Unternehmen völlig umzukrempeln.

Schauen wir mal in die BSAG-Bilanz von 2023. Hier, Herr Fecker, tut sich ein Feld auf, auf dem Sie erfolgreich „ackern“ können.

Vergleicht man die Bilanzen der BSAG mit jener der ÜSTRA in Hannover, fallen eklatante Unterschiede auf. Die Hannoveraner beförderten im vergangenen Jahr 162 Millionen Personen, die BSAG 99,8 Millionen. Die ÜSTRA benötigte dafür 1.187 Fahrer m /w, die BSAG hingegen 1.275. Jeder Bremer Fahrer/Fahrerin kam auf 15.945 Kilometer in Bus und Bahn. In Hannover vermerkt die Bilanz eine Fahrstrecke pro Fahrer und Jahr von 34.750 Kilometern.

Stellt man die beförderten Fahrgäste pro Fahrer gegenüber, dann schaffen die BSAGler 78.329 Personen, die Hannoveraner jedoch beachtliche 129.910.

Unterm Strich musste Hannover ein ÜSTRA-Defizit von 71,6 Millionen Euro ausgleichen. Die BSAG belastete den bremischen Haushalt 2023 mit einem Defizit-Ausgleich von 90,1 Millionen Euro.

Anders gerechnet: Jeder Bremer Fahrgast kostete die Gemeinschaft, also die Steuerzahler, 90 Cent – in Hannover lautet die Kennziffer: 44 Cent.

Vorschlag für den Finanzsenator: Subtrahieren Sie mal 44 von 90 (Cent). Dies ist der Kostenvorteil pro Passagier der ÜSTRA im Vergleich zur BSAG. Wenn Sie die Differenz von 46 Cent mit der Bremer Fahrgastzahl multiplizieren, dann gelangen Sie zur Summe von 43,9 Millionen Euro.

Ist das womöglich die Summe, welche die BSAG im Vergleich zur ÜSTRA zusätzlich “verbrät”?

Liebe Leserschaft, ich bin nicht über Nacht zum Bilanz-Fuchs mutiert. Nein, ich habe die Hilfe eines freundlichen Unterstützers in Anspruch genommen, der bis zur Pensionierung ein Unternehmen geleitet hat.

Ich kann und mag nicht behaupten, dass die ÜSTRA alles besser macht. Manche Zahlenvergleiche passen möglicherweise nicht 1 zu 1, weil die Bahnen in Hannover teilweise unter der Erde fahren. Aber insgesamt deutet alles daraufhin, dass die ÜSTRA für die Steuerzahler spürbar wirtschaftlicher arbeitet.

Insofern müssten die BSAG-Zahlen jeden verantwortungsbewussten Bremer Politiker, insbesondere Finanzsenator Fecker, veranlassen, die kommunale Bremer Straßenbahn AG, im Detail zu durchleuchten.

Eine vermutlich kostenintensive Besonderheit kann ich schon jetzt benennen: Bei der ÜSTRA scheut man sich nicht vor der Vergabe von Aufträgen an Fremdfirmen. Die BSAG beharrt jedoch – beispielsweise – darauf, alle Fahrzeuge (Busse und Bahnen) ausschließlich in eigenen Werkstätten zu warten und zu reparieren – inklusive Reifenwechsel.

Finanziell droht der BSAG demnächst vermutlich noch größeres finanzielles Ungemach.

Laut einem Interview mit „ButenunBinnen“ hält Justizstaatsrat Björn Tschöpe (SPD) nichts davon, dass sich der Staat weiter um Schwarzfahrer kümmern soll. Der Senat hatte die BSAG bereits 2023 angewiesen, Schwarzfahrer nicht mehr anzuzeigen. Die Folge: Die Justiz verurteilt BSAG-Schwarzfahrer nicht mehr zu Geld– und notfalls Ersatz-Freiheitsstrafen. Dies spart Bremen Plätze in Gefängnissen und Geld. Jeder Hafttag schlägt mit 180 Euro zu Buche.

Tschöpes Lösungsansatz: Die BSAG solle sich selbst – also zivilrechtlich – um ihre nicht-zahlenden Fahrgäste kümmern. Sein Beispiel: In London könne man die U-Bahn erst nach Passieren eines Drehkreuzes im jeweiligen Bahnhof nutzen.

Soweit Tschöpes Phantasien laut Radio Bremen. Damit am Ende nicht alle ohne Fahrkarten einsteigen, müsste die BSAG wohl wieder in jedem Fahrzeug „Schaffner“ einsetzen. Zu den zusätzlichen Kosten hatte sich der Justiz-Staatsrat im „ButenunBinnen“-Interview ausgeschwiegen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Sind Sie mal mit einer neuen Straßenbahn (Nordlicht) unterwegs gewesen? Die Dinger haben mit 979 PS einen tierischen Anzug, heavy Bremsen und knallen schier durch die Kurven. Geht das eigentlich aufs Material? In der Bilanz 2023 habe ich noch keine erhöhten Kosten gefunden. Die neuen Straßenbahnen „GT8N-2“ (seit 2020 wurden inzwischen 79 Stück in Betrieb genommen) beherrschen zunehmend das Stadtbild. Sie sind größer und schwerer.

Auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke dürfen sie sich mit ihren 47,9 Tonnen nicht mehr direkt begegnen – auf der Brücke gilt für Lastwagen eine Gewichtsbeschränkung von 16 Tonnen. Die hohen Kurvengeschwindigkeiten stellen Hersteller und BSAG offenbar vor Herausforderungen – wobei die BSAG auf Anfrage darauf hinweist, dass „die Beschleunigungs- und Verzögerungswerte normativ vorgegeben sind und vom Nordlicht eingehalten werden“.

bremensogesehen“ hat bei der BSAG gefragt: Trifft es zu, dass die Radreifen der neuen Bahnen einen höheren Verschleiß als zunächst angenommen aufweisen?

Die BSAG-Pressestelle gab sich redlich Mühe, eine abschließende Antwort zu „umfahren“.

ZITAT:

„Wie bei allen neuen Straßenbahnen (…) braucht es etwas Zeit, um das Zusammenspiel von Rad und Schiene zu optimieren. (…) Aufgrund der Erfahrungen im Alltag haben die Bahnen im vorvergangenen und vergangenen Jahr ein optimiertes Radprofil erhalten. Weitere Optimierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel stationäre und fahrzeugseitige Schmieranlagen, werden derzeit erprobt.“

Vier Jahre nach Inbetriebnahme!

Bin mal gespannt, wer am Ende für einen etwaigen vorzeitigen Verschleiß der Radreifen aufkommt. Hersteller Siemens, oder Betreiber BSAG…